
Profil
Die Arbeitsgruppe verfolgt einen neuartigen Ansatz zur Entwicklung einer optischen Uhr höchster Genauigkeit, der 2003 erstmals von Wissenschaftlern der PTB vorgeschlagen wurde: Bei dieser „Kernuhr“ soll die Resonanzfrequenz eines elektromagnetischen Übergangs im Atomkern den Takt vorgeben, nicht - wie bei allen heutigen Atomuhren – ein Übergang in der Elektronenhülle. Die Protonen und Neutronen im Atomkern sind um viele Größenordnungen dichter gepackt und fester gebunden als die Elektronen in der Atomhülle und reagieren daher weniger empfindlich auf äußere Störungen, die ihre Übergangsfrequenzen ändern könnten. Daher verspricht eine Kernuhr eine höhere Genauigkeit. Normalerweise liegen die Frequenzen von Kernübergängen (Röntgenstrahlung, Gammastrahlung) dafür aber auch viel höher als diejenigen von Hüllenübergängen, und sie sind daher für Atomuhren, die bisher ausschließlich auf Mikrowellen oder Laserlicht basieren, nicht nutzbar. Die einzige bekannte Ausnahme, und Grundlage des Projekts, ist der Kern von Thorium-229. Dieser besitzt einen langlebigen, isomeren Kernzustand bei einer außerordentlich geringen Anregungsenergie von etwa 8 eV. Damit existiert ein Übergang zwischen dem Grundzustand und diesem Isomer, der im Bereich von vakuum-ultraviolettem Licht bei etwa 150 nm Wellenlänge liegt, und mit bereits etablierter Lasertechnik erreichbar ist. Das Arbeitsgebiet der Kern-Laserspektroskopie bietet neuartige Methoden wie sogenannte elektronische Brückenprozesse, die eine effiziente Laseranregung des Kerns ermöglichen.
Mehr als zehn Forschergruppen weltweit arbeiten derzeit an Projekten zu einer Thorium-229-Kernuhr. Dabei werden zwei unterschiedliche physikalische Systeme betrachtet: In einer Paul-Falle gespeicherte Thorium-Ionen und Thorium-dotierte Kristalle. In den letzten Jahren wurden große Fortschritte in der Realisierung dieser Systeme und in den Untersuchungen ihrer Eigenschaften gemacht. Durch Arbeiten im Rahmen des EU-Projekts nuClock (2015-2019) konnten wichtige Parameter des Th-229-Isomers erstmals gemessen werden. Eine zentrale Fragestellung erwies sich als experimentell äußerst schwierig: Es ist bis heute nicht gelungen, den Kernübergang mit einem Laser anzuregen, da die exakte Anregungsenergie des Isomers bisher nur relativ ungenau bekannt ist. Neue Daten aus Elektronen- und Gamma-Spektroskopie verbessern diese Situation nun deutlich. Aktuell werden die Arbeiten durch einen ERC Synergy Grant ThoriumNuclearClock in Kooperation mit TU Wien, LMU München und der Univ. of Delaware gefördert. An der PTB wird ein auf Vierwellenmischung in Xenon basierendes VUV-Lasersystem für die direkte resonante Laseranregung des Kerns entwickelt.
Forschung/Entwicklung
Forschung und Entwicklung für optische Uhren mit gespeicherten Ionen
Informationen
Einen Überblick über die Literatur im Arbeitsgebiet der Th-229 Kernuhr bis 2019 gibt die Webseite des EU-Projekts nuClock, an dem auch die PTB beteiligt war.
Ab 2020 werden die Arbeiten zur Th-229 Kernuhr im Rahmen eines Synergy Grants des European Research Council ERC gefördert (Pressemitteilung)
Homepage des ERC Synergy Projekts ThoriumNuclearClock