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Graphen für die zukünftige Realisierung der Kapazitätseinheit

28.11.2016

Graphen weist neben interessanten elektrischen Eigenschaften auch einen Quanten-Hall-Effekt auf, der für die Metrologie von großem Interesse ist, sowohl für die Realisierung der Widerstandseinheit Ohm als auch für die Realisierung der Kapazitätseinheit Farad. Eine an der PTB für herkömmliche GaAs-Proben entwickelte Schirmungsmethode wurde nun auch erfolgreich mit einer Graphen-Probe genutzt.

 

 

 

Der Gleichstromwert des Quanten-Hall-Widerstandes hängt nur von fundamentalen Naturkonstanten ab und ist deshalb ein idealer Fixpunkt für die Widerstandseinheit Ohm. Auch die Kapazitätseinheit Farad kann vom Quanten-Hall-Widerstand abgeleitet werden, indem man den Wechselstrom-Widerstand eines Kapazitätsnormals auf den Wechselstrom-Wert des Quanten-Hall-Widerstandes zurückführt. Der Wechselstrom-Wert des Quanten-Hall-Widerstandes darf natürlich nicht vom quantisierten Gleichstromwert abweichen, aber genau das würde passieren, wenn der Einfluss von unerwünschten dissipativen kapazitiven Strömen nicht mit der erwähnten Schirmungsmethode eliminiert würde.


An der PTB wurden die Kapazitäten von Graphen-Proben experimentell untersucht. Die relevanten Kapazitäten sind zwar sehr klein, aber selbst bei tiefen Temperaturen unterhalb von 4 K sind die Elektronen beweglich und verursachen eine sehr hohe Wechselstrom-Dissipation. Nun konnte ein erster Einblick in die zugrunde liegenden Mechanismen gewonnen werden. Das zweidimensionale Elektronengas bildet eine Landschaft mit feinstrukturierten Bereichen, die elektrische Felder nicht abschirmen und die mit zunehmender elektrischer Feldstärke kontrahieren. Im Fall von Wechselstrom ist diese Kontraktion periodisch und das wiederum verursacht die beobachtete Wechselstrom-Dissipation.


Hier setzt nun die bereits erwähnte Schirmungsmethode an, die dafür sorgt, dass die kapazitiven Ströme die Messung des Quanten-Hall-Widerstandes nicht verfälschen. Damit konnte erreicht werden, dass der Quanten-Hall-Widerstand bei einer Frequenz von 1 kHz mit einer relativen Unsicherheit von 2,5.10-9 mit dem Gleichstrom-Wert übereinstimmt. Das ist so genau wie bei den besten GaAs-Proben, mit denen an der PTB die Kapazitätseinheit Farad mit einer relativen Gesamtunsicherheit von 6.10-9 (k = 1) realisiert wird.

 

Noch hat nicht jede Graphen-Probe einen vollständig quantisierten Gleichstrom-Widerstandswert und noch überstehen nur wenige Graphen-Proben ein mehrfaches Abkühlen auf tiefe Temperaturen. Dennoch hat Graphen gute Aussichten, in Zukunft GaAs als präzises Normal für den Gleich- und Wechselstrom-Widerstand abzulösen, da es weniger tiefe Temperaturen und weniger starke Magnetfelder erfordert und somit für eine breitere Anwendung an nationalen Metrologie-Instituten und sogar in Kalibrierinstituten und der Industrie in Frage kommt.