
In der elektrischen Energiemesstechnik dienen Verlustfaktormessungen zur Beurteilung der Qualität (minimale Erwärmung durch Verluste, lange Lebensdauer, höchstmögliche Sicherheit) von Hochspannungsgeräten wie Kondensatoren, Transformatoren, Isolatoren und Kabeln. Dafür werden Verlustfaktor-Messgeräte sowie hochwertige Kondensatoren als Normale mit möglichst kleinen und bekannten Verlustfaktoren benötigt.
Zur gleichzeitigen Bestimmung des Verlustfaktors tan δ von Kondensatoren und der Zeitkonstante τ von Widerständen wurde eine neuartige Multifrequenz-Methode entwickelt. Sie basiert auf der Messung des Impedanzverhältnisses von Kondensator und Widerstand bei zwei oder mehreren Frequenzen. Aus einer programmierbaren Doppel-Wechselspannungsquelle und den zu vergleichenden Impedanzen wird eine Messbrücke aufgebaut (s. Bild) und das Impedanzverhältnis wird durch ein synchrones Abtastverfahren und Anwendung der diskreten Fourier-Transformation ermittelt. Aus mehreren Messungen bei unterschiedlichen Frequenzen lassen sich Verlustfaktor und Zeitkonstante bestimmen.
Im Experiment wurde ein hochwertiger, gasgefüllter 1-nF-Kondensator vom Typ GR 1404-A mit einem stabilen 1-MΩ-Widerstand (PTB-Eigenbau) bei 12 Frequenzen zwischen 31 Hz und 666 Hz verglichen. Für Verlustfaktor und Zeitkonstante ergaben sich folgende, mittels Ausgleichsrechnung berechnete Messergebnisse und Messunsicherheiten (k = 2): tan δ = (0,9 ± 1,2) · 10-6 und τ = (-4,0 ± 0,8) ns. Mit dieser Methode können zukünftig Verlustfaktoren von 1-nF-Kondensatoren bei Frequenzen zwischen 50 Hz und 1 kHz mit Messunsicherheiten um 2 · 10-6 kalibriert werden.
Prinzip der Multifrequenz-Methode. Kondensator und Widerstand bilden zusammen mit der Doppel-Wechselspannungsquelle eine Brücke. Das Abtastsystem ermittelt bei verschiedenen Frequenzen das Impedanzverhältnis ZC / ZR und daraus den Verlustfaktor tan δ und die Zeitkonstante τ.