Ziel: die beste Atomuhr der Welt entwickeln
Neues QUEST-Institut in der PTB nimmt seine Arbeit auf
Intensives Suchen – etwa dies bedeutet "Quest" auf Englisch. Eine schöne Nebenbedeutung des Namens, der in erster Linie als Abkürzung von Forschungsgebieten zustande gekommen ist, die zuvor eher nebeneinander existierten. "Quantum Engineering", der erste Teil des Namens, steht für eine relativ junge Forschungsrichtung, in der es um die ingenieursmäßige Beherrschung der Quantenphysik geht. "Space-Time Research", der zweite Teil, ist die Forschung rund um Raum und Zeit, also beispielsweise die Entwicklung von immer genaueren Atomuhren oder neuer Verfahren zur Erforschung des Raumes, zum Beispiel präziser Messverfahren in der Geodäsie. Weil es aber sowohl in Atomuhren als auch in neuartigen Quantensensoren um nichts anderes geht, als Quantenphänomene mit Hilfe modernster Technologien zu nutzen, war die Gründung des Exzellenzclusters QUEST im November 2007 von Anfang an eine Erfolgsgeschichte. Denn sie ermöglichte es, die Kompetenzen der spezialisierten Wissenschaftler und Institutionen ganz neu und viel intensiver zu bündeln.
Diese Erfolgsgeschichte bekommt jetzt ein weiteres Kapitel: In der PTB, in unmittelbarer Nähe zu den einzigartigen Messeinrichtungen und einigen der weltweit besten Atomuhren, hat eine neue Forschergruppe ihre Arbeit aufgenommen: Das QUEST-Institut in der PTB besteht aus einer Professur ("Experimentielle Quantenmetrologie"), einer Nachwuchsforschergruppe ("Quantensensoren mit kalten Ionen"), einem Forschungsprojekt ("Sub-Hertz-Laser und neuartige optische Resonatoren") sowie mehreren sogenannten "Task Groups".
Das Spezialgebiet von Prof. Dr. Piet O. Schmidt, dem Leiter des Institutes, sind neue Methoden der Spektroskopie. "Wir nutzen zum Beispiel die exakt gleichen Frequenzabstände der Spektrallinien in einem optischen Frequenzkamm, um atomare oder molekulare Systeme zu untersuchen", erklärt Schmidt. "Sehr interessant sind auch die Methoden der Quantenlogik. Sie wurden ursprünglich für zukünftige Quantenrechner mit gespeicherten Ionen entwickelt, können aber auch genutzt werden, um spezielle Klassen von Atomen oder Molekülen zu untersuchen, die bisher spektroskopisch nicht oder nur schwer zugänglich waren." Mit Quantenlogikspektroskopie will er auch, auf der Basis eines extrem schmalen Überganges in einem einzelnen Aluminiumion, eine optische Atomuhr entwickeln. "Wir haben Aussichten, dass es die weltweit beste Atomuhr werden könnte", sagt Schmidt.
Die Uhr, die Schmidt vorschwebt, soll eine relative Unsicherheit von 10-18 erreichen (bisher liegt die Grenze in der PTB bei 10-15, gehalten von den sogenannten Cäsium-Fontänenuhren). Damit werden die Forscher noch intensiver der Frage nachgehen können, ob die Feinstrukturkonstante, die Gravitationskonstante oder das Massenverhältnis zwischen Elektron und Proton sich in Raum oder Zeit ändern, so wie es einige moderne Theorien der Physik wie etwa die String-Theorie vorhersagen. Aber auch ganz handfeste Messmöglichkeiten werden damit verbunden sein. "Die Verfügbarkeit von derart empfindlichen Uhren wird zu anderen hochempfindlichen Messgeräten führen, die zum Beispiel den Höhenunterschied im Gravitationspotential der Erde mit einer Genauigkeit von einem Zentimeter bestimmen können", erläutert Schmidt. "Derzeit ist das Geoid der Erde mit einer Unsicherheit von 30 cm bis 50 cm bekannt." Mit QUEST sollen interdisziplinäre Kooperationen zwischen Ingenieuren, die sich mit der Entwicklung von Navigationssystemen beschäftigen, Geodäten sowie Forschern auf dem Gebiet der lasergekühlten Atome stimuliert werden. Dies soll zur Entwicklung neuartiger Sensoren für die Geowissenschaft und die Navigation führen.
Und genau hier liegt das wohl wichtigste Merkmal von QUEST: die intensive Zusammenarbeit thematisch verwandter, aber bisher organisatorisch getrennter Forschergruppen: nämlich zwischen der universitären Forschung, den Forschungseinrichtungen verschiedener Bundesministerien sowie einem internationalen Projekt der Grundlagenforschung. Nicht zuletzt werden wohl die neuartigen Quantum-Engineering-Technologien auch zu zukunftsweisenden Kooperationen mit Industriepartnern und somit zu neuen kommerziellen Anwendungen führen.
Ansprechpartner:
Prof. Dr. Piet O. Schmidt, QUEST-Institut in der PTB,
Tel.: (0531) 592-4700,
E-Mail: piet.schmidt(at)ptb.de