Druck mal anders
Neue Methode zur kapazitiven Druckmessung auf höchstem Niveau
Druck ist das Ergebnis einer senkrecht auf eine Fläche wirkende Kraft. Nach diesem Prinzip arbeiten auch heute noch die genauesten Druckmessungen, bei der man den Gasdruck unter einem Kolben bestimmter Fläche über den Massebelag, also über die Gewichtskraft einstellt. Parallel dazu gibt es schon länger Bestrebungen, andere hochgenaue Methoden zu entwickeln, Im Jahr 1998 hat Mike Moldover am amerikanischen Metrologieinstitut NIST die Idee formuliert, den Druck über eine elektrische Messung (Kapazitätsmessung) unter Verwendung theoretischer Berechnungen der Gaseigenschaften von Helium zu messen. Die Realisierung dieser bahnbrechenden Idee erwies sich allerdings in den Folgejahren als große Herausforderung. Sowohl die Präzisionskapazitätsmessung als auch die notwendigen hochstabilen Kondensatoren sowie die theoretischen Berechnungen unter alleiniger Verwendung von Naturkonstanten (Ab-initio-Berechnungen) waren noch nicht mit der notwendigen Genauigkeit zugänglich waren. Darüber hinaus fehlte auch noch eine ausreichend gute Vergleichsmöglichkeit mit klassischen Kolbenmanometern.
Die experimentellen Hürden wurden im Laufe der letzten zehn Jahre an der PTB aus dem Weg geräumt. Durch die Arbeiten im Rahmen der Neudefinition der Basiseinheit Kelvin wurden sowohl die klassische Druckmessung mit Kolbenmanometern als auch die Kapazitätsmessung auf weltweit einzigartiges Niveau gehoben. Mit den neuesten theoretischen Berechnungen verschiedener Gruppen weltweit ist es nun erstmals gelungen, den Druck von sieben Millionen Pascal, d. h. den siebzigfachen Normaldruck, mit einer relativen Unsicherheit von weniger als fünf Millionstel zu messen. Diese Unsicherheit wurde durch den Vergleich mit dem klassischen Kolbenmanometer bestätigt. Damit wurde zum ersten Mal solch ein Vergleich „auf Augenhöhe“ zwischen mechanischer und elektrischer Druckmessung durchgeführt.
Damit steht eine zweite Methode zur hochgenauen Druckkalibrierung zur Verfügung. Die Methode und der direkte Vergleich zum klassischen Drucknormal bieten zum einen die Möglichkeit, theoretische Berechnungen von Helium, einem wichtigen Modellsystem in der Atomphysik, zu überprüfen. Darüber hinaus können auch andere Gase vermessen werden und somit sowohl die Theorie als auch die Gasmetrologie weiterentwickelt werden.
Ansprechpartner
Christof Gaiser
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Wissenschaftliche Veröffentlichung
C. Gaiser, B. Fellmuth, W. Sabuga: Primary gas-pressure standard from electrical measurements and thermophysical ab initio calculations. Nature Physics (2019), DOI: 10.1038/s41567-019-0722-2