Mit Xenon auf der Suche nach Biomarkern
Substanzmengen erstmals ohne Referenzmaterial quantitativ bestimmt
Der Nachweis von Biomarkern, also bestimmten Proteinen oder Zellen, die auf Krankheiten hindeuten, nimmt in der biomedizinischen Forschung sowie der klinischen Versorgung eine immer wichtigere Rolle ein. Die eingesetzten Messverfahren müssen sehr empfindlich und genau sein. Nutzt man Magnetresonanz (MR) mithilfe von hyperpolarisiertem Xenon, lassen sich Biomarker in vitro in nanomolaren Konzentrationen nachweisen. So lässt sich zum Beispiel die Antwort des Immunsystems auf Krankheitserreger untersuchen.
Das Edelgas Xenon wird hyperpolarisiert, um es leichter per Magnetresonanz detektierbar zu machen. Dabei werden die magnetischen Momente der Xenon-atome hochgradig ausgerichtet, ähnlich kleinen Magnetnadeln im Magnetfeld. Infolgedessen werden die gemessenen MR-Signale von Xenon verstärkt, und selbst sehr geringe Mengen können detektiert werden. Zudem ist Xenon für die Suche nach Molekülen gut geeignet, denn die Xenonatome können zwischen einem freien und einem an das Zielmolekül gebundenen Zustand hin und her wechseln (Xenonaustausch). Mithilfe sogenannter MR-Sättigungstransfertechniken kann dann der Bindungspartner (das Zielmolekül) sehr empfindlich nachgewiesen werden. Allerdings ließ sich bisher die Menge der Bindungspartner nicht quantitativ analysieren, da die Hyperpolarisation nicht exakt wiederholbar ist und der Sättigungstransfer durch die Austauschdynamik bestimmt wird. Damit ist ein direkter Signalvergleich mit Referenzmaterialien nicht mehr aussagekräftig.
In der PTB wurde deshalb ein neuartiger Ansatz entwickelt, der den Xenonaustausch gezielt nutzt. Der Sättigungstransfer wird mehrmals mit jeweils leicht veränderten experimentellen Parametern wiederholt, und aus den Messungen lässt sich die Menge der Bindungspartner berechnen. Dazu wird kein Referenzmaterial benötigt, und das Messverfahren läuft auf jedem Messgerät gleich ab. Es ist somit referenzprobenfrei und plattformunabhängig. Das neue Verfahren ist in der PTB an dem Xenon-bindenden Molekül Cryptophan-A, das zusätzlich auch das interessierende Zielmolekül binden kann, etabliert worden. Dieser Biosensor soll zum quantitativen Nachweis von Biomarkern in der diagnostischen und therapeutischen Verfahrensentwicklung eingesetzt werden.
Die Arbeiten werden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung durch die Maßnahme „Validierung des technologischen und gesellschaftlichen Innovationspotentials wissenschaftlicher Forschung – VIP+“ gefördert und haben zu einer Patentanmeldung geführt.
Ansprechpartner
Lorenz Mitschang
Fachbereich 8.3
Biomedizinische Optik
Telefon: (030) 3481-7632
lorenz.mitschang(at)ptb.de
Wissenschaftliche Veröffentlichung
L. Mitschang, S. Korchak, W. Kilian, T. Riemer: Comprehensive quantitative and calibration-free evaluation of hyperpolarized Xenon-host interaction by multiparametric NMR. Analytical Chemistry, 94, 2561–2568 (2022)