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Experimentelle Bestimmung von kQ-Faktoren für unterschiedliche Ionisationskammern im 430 MeV/u C-12-Strahl

Kategorien:
  • Abteilung 6
  • Metrologie für die Gesellschaft
21.12.2017

Bis heute sind die Unsicherheiten in der Dosimetrie von Ionenstrahlen mit Hilfe von Ionisationskammern dreimal größer als in der Dosimetrie von konventionellen, hoch-energetischen Photonenstrahlen. Dies liegt maßgeblich an der relativ großen Messunsicherheit des sogenannten kQ-Faktors, welcher das unterschiedliche Ansprechvermögen von Ionisationskammern auf die verwendete Strahlungsqualität Q (hier: 12C) im Vergleich zur Referenzstrahlungsqualität (60Co) berücksichtigt. In Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) sowie dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) konnte kürzlich gezeigt werden, dass die kQ-Faktoren zweier Ionisationskammern mit Hilfe der Wasserkalorimetrie experimentell mit einer Messunsicherheit von 0,8 % bestimmt werden können. Dies bedeutet für die klinische Dosimetrie von Kohlenstoffstrahlung eine signifikante Reduktion der Messunsicherheit. Basierend auf diesen Messungen werden zurzeit weitere experimentelle kQ-Faktoren für eine Vielzahl klinisch relevanter zylindrischer Ionisationskammern (u. a. Farmer, Pinpoint) als auch Flachkammern (u. a. Markus, Roos) durch Querkalibrierung gegen die ursprünglich kalibrierten Ionisationskammern bestimmt. Die vorläufigen Ergebnisse deuten darauf hin, dass auch hier eine Bestimmung der kQ-Faktoren mit einer Messunsicherheit kleiner 1,0 % realisierbar ist.

Die Verwendung von Kohlenstoffionen (12C) in der Strahlentherapie ermöglicht eine sehr präzise und biologisch hochwirksame Bestrahlung von Tumoren bei gleichzeitiger Schonung des umliegenden gesunden Gewebes [1]. Im Vergleich zur Therapie mit Photonenstrahlung kann dabei die Strahlendosis im Tumor erhöht werden, wodurch die Heilungschancen für die Patienten weiter steigen können. Voraussetzung dafür ist unter anderem aber auch eine sehr genaue Dosimetrie der Kohlenstoffstrahlen. Zentrale Messgröße in der Dosimetrie für die Strahlentherapie ist die Wasser-Energiedosis Dw. Typischerweise wird Dw mit Hilfe von Ionisationskammern bestimmt, die bei 60Co-Strahlung zur Anzeige der Wasser-Energiedosis kalibriert sind. Das unterschiedliche Ansprechvermögen von Ionisationskammern auf die verwendete Strahlungsqualität Q (hier: 12C) im Vergleich zur Referenzstrahlungsqualität (60Co) wird dabei durch den sogenannten kQ-Faktor berücksichtigt. Bislang sind die Unsicherheiten in der Dosimetrie von Kohlenstoffstrahlung allerdings etwa dreimal größer als in der Dosimetrie von Photonenstrahlung [2], was maßgeblich durch die große Messunsicherheit des kQ-Faktors der Ionisationskammern im 12C-Strahl bedingt ist.

In Zusammenarbeit mit dem Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) sowie dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) konnte jedoch kürzlich gezeigt werden, dass sich die Unsicherheiten in der Dosimetrie von Kohlenstoffstrahlen signifikant reduzieren lassen. Mit Hilfe des transportablen Wasserkalorimeters der PTB konnte die Absolutbestimmung der Wasser-Energiedosis im Eingangskanal eines 430 MeV/u 12C-Strahles am HIT mit geringer Messunsicherheit durchgeführt werden, so dass der kQ-Faktor für zwei zylindrische Ionisationskammern (TM30013/PTW, FC65-G/IBA) direkt im Kohlenstoffstrahl mit einer Messunsicherheit von 0,8 % bestimmt werden konnte [3]. Dies bedeutet für die klinische Dosimetrie von Kohlenstoffstrahlung eine Reduktion der Messunsicherheit um den Faktor 3.

Basierend auf diesen Messungen werden zurzeit weitere experimentelle kQ-Faktoren für eine Vielzahl klinisch relevanter Ionisationskammertypen im Kohlenstoffstrahl am HIT durch Querkalibrierung gegen die ursprünglich kalibrierten Ionisationskammern bestimmt. Ziel dieser Messungen ist die Erweiterung der Datenbasis für kQ-Faktoren von Ionisationskammern im Kohlenstoffstrahl sowie deren Berücksichtigung in aktualisierten Versionen von Dosimetrieprotokollen. Bei den derzeitigen Untersuchungen werden sowohl weitere Typen zylindrischer Ionisationskammern (u. a. Farmer, Pinpoint) als auch Flachkammern (u. a. Markus, Roos) verschiedener Hersteller verwendet. Erste Ergebnisse deuten darauf hin, dass auch hier Messunsicherheiten von weniger als 1 % bei der Bestimmung des kQ-Faktors erreicht werden können. Für die fünf untersuchten Farmerkammern zeigen die vorläufigen Auswertungen Abweichungen der experimentell bestimmten kQ-Faktoren zwischen 0,1 % und 1,1 % in Bezug auf die in heutigen Dosimetrieprotokollen (z. B.: DIN 6801-1, TRS-398) enthaltenen berechneten kQ-Faktoren. Die endgültigen Ergebnisse werden Ende des Jahres erwartet und erfordern zum Teil noch weitere Untersuchungen zu bestimmten Einflussgrößen, wie beispielsweise dem Sättigungs- und Polaritätseffekt der Ionisationskammern.

Referenzen:

  1. Debus, J.:
    Particle therapy – Physical, technical and clinical aspects.
    European Journal of Cancer, 45:381-382, 2009.
  2. International atomic energy agency. Absorbed dose determination in external beam radiotherapy. Technical Reports Series No. 398. IAEA, 2000.
  3. Osinga-Blättermann, J.-M., Brons, S., Greilich, S., Ankerhold, U., Jäkel, O., Krauss, A.:
    Direct determination of kQ for Farmer-type ionization chambers in a clinical scanned carbon ion beam using water calorimetry.
    Phys. Med. Biol., 62:2033-2054, 2017.

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