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Workshop zum Projekt WERAN – Wechselwirkung von Windenergieanlagen mit Anlagen der terrestrischen Navigation und Radar

Kategorien:
  • Metrologie für die Wirtschaft
20.11.2018

Messungen in der Umgebung von verschiedenen Typen von Flugsicherungsanlagen haben bestätigt, dass Einflüsse von Windenergieanlagen auf die Signale dieser Systeme bestehen. Dies hat ein Forschungsprojekt unter Führung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ergeben. Die bisher eingesetzten Messmethoden waren bisher weltweit nur bedingt geeignet, um solche Nachweise zu führen. Die Messergebnisse sollen nun dafür genutzt werden, zukünftig auch die Methoden für die Simulation derartiger Störungen zu verfeinern und zu harmonisieren.

 


Am 06. und 07. Dezember 2017 fand in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt ein Workshop zum Thema Wechselwirkung von Windenergieanlagen (WEA) mit Anlagen der terrestrischen Navigation wie Drehfunkfeuern (VOR) und Radaren statt. Dazu waren Vertreter der Deutschen Flugsicherung (DFS), des Bundesaufsichtsamtes für Flugsicherung (BAF), des Deutschen Wetterdienstes (DWD) sowie Vertreter der Genehmigungsbehörden der Länder, der Ministerien, des Bundesverbandes Windenergie (BWE e.V.), der Fördergesellschaft Wind und andere dezentrale Energien (FGW e.V.), der Fachagentur Windenergie an Land (FA Wind e.V.), Projektierer sowie vor allem auch andere Wissenschaftler eingeladen.


An den zwei Tagen wurden zunächst die Ergebnisse des Forschungsvorhabens WERAN vorgestellt, welches die PTB als Koordinator zusammen mit ihren Partnern bearbeitet. Am zweiten Tag hatten dann andere Forschergruppen, die sich ebenfalls mit der Thematik beschäftigen, die Gelegenheit ihre Ergebnisse vorzustellen. Insgesamt waren damit alle interessierten Kreise eingeladen, kritisch den Stand der Wissenschaft und die vorgestellten Ergebnisse zu diskutieren. Neben den fachlichen Fragen war auch die wirtschaftliche Situation Gegenstand der Diskussion, weil die Ergebnisse Auswirkungen auf die Genehmigungsfähigkeit von Windenergievorhaben haben können. Der BWE hatte 2015 die Ergebnisse einer Befragung seiner Mitglieder veröffentlicht, die zeigt, dass etwa 1600 WEA mit einer elektrischen Leistung von etwa 5 GW und einem Investitionsvolumen von mehr als 5 Milliarden Euro nicht installiert werden können aufgrund fehlender Baugenehmigungen.


Das Forschungsprojekt WERAN zielte darauf ab, die mögliche Wechselwirkung von WEA mit konventionellen und Doppler-Drehfunkfeuern (VOR) sowie Radar durch die Entwicklung einer state-of-the-art Messtechnik zu untersuchen und zu quantifizieren. Parallel dazu wurde eine ebenfalls sehr leistungsfähige numerische Simulationsanalyse von den Projektpartnern entwickelt.


Der Vergleich von Messdaten und Simulationsergebnissen ist ein zentrales Element bei der Quantifizierung der Wechselwirkung von Windenergieanlagen auf Flugsicherungsanlagen. Deshalb dürfen zur Beurteilung der Wechselwirkung nur Größen herangezogen werden, die sich sowohl durch Messungen als auch durch Simulationen gewinnen lassen. Dies sind die elektromagnetischen Felder im Luftraum vor Ort. Auf Basis der Projektergebnisse ist die PTB zusammen mit ihren Partnern in der Lage, an konkreten Szenarien für reale Signale von terrestrischen Navigationsanlagen und Radarsystemen die als signal-in-space vorliegenden Signalinhalte zu messen. Das können einerseits die unbeeinflussten Signale sein, andererseits aber auch die Signale hinter einem Windpark. Die Auflösung der High-End-Hochfrequenz-Messtechnik ist um mindestens zwei Größenordnungen besser als z.B. die zu betrachtende Zielgröße maximaler Winkelfehler beim DVOR.

 

Die HF-Messtechnik ist für die Vor-Ort-Untersuchungen auf einem Oktokopter mit Präzisionsnavigation montiert. Damit lässt sich die Flugbewegung des Oktokopters präzise vorgeben und später nachvollziehen. Die Messdaten in Form des aufgezeichneten Bandpasssignals sowie die Orts- und Zeitinformation werden synchronisiert mit hoher Datenrate gespeichert. Während der Flüge lassen sich Details der Messdaten in Echtzeit auf einem Tablet-Computer verfolgen oder die Messungen aktiv steuern.

 

Die umfangreichen Versuchsreihen haben wissenschaftlich interessante Ergebnisse gezeigt. So konnte z.B. das Signals eines 8 km entfernten DVOR hinter vier großen WEA mit 140 m Nabenhöhe und 112 m Rotordurchmesser während des Betriebs, dem Herunterfahren, dem Stillstand sowie dem Wiederanfahren der vier WEA gemessen werden. Untersuchungen an einem Windpark mit acht kleineren WEA in 2,5 km Abstand zum DVOR haben eine sowohl qualitative als auch quantitative Übereinstimmung des Winkelfehlers von wenigen zehntel Grad in Messung und numerischer Simulation als auch eine gute Reproduzierbarkeit gezeigt. Weltweit konnte damit der Effekt von WEA auf den Winkelfehler beim DVOR erstmals messtechnisch nachgewiesen werden, obwohl der derzeitige Stand der Technik bei der Flugvermessung dies noch nicht zulässt. Diese Untersuchungen sind erforderlich, um aus den erhaltenen Messergebnissen grundsätzliche Rückschlüsse auf zukünftig anzuwendende, harmonisierte Simulationsmethoden zu gewinnen.

 

Die Messungen an modernen Pulskompressions-Radaren der Flugsicherung und Luftverteidigung haben gezeigt, wie die Radarpulse auf dem Hinweg zum Ziel durch den Einfluss von WEA verändert werden. Durch die Aufzeichnung jedes einzelnen Pulses konnten auch Größen wie die horizontale Breite des Antennendiagramms, das Vor-zu-Rückverhältnis der Antenne, deren Nebenkeulenunterdrückung sowie die Sichthöhe des Radars über Grund ermittelt werden.

 

Während der verbleibenden Restlaufzeit des Projekts WERAN werden weitere Standorte von WEA in der Nähe zu CVOR/DVOR gemeinsam mit der DFS untersucht, um eine möglichst breite Datenbasis zu erzielen. Dabei werden weiter auch gezielt die Betriebsparameter wie Gondelausrichtung, Rotorblattanstellung, Betrieb und Stillstand der WEA beeinflusst, um möglichst detaillierte Kenntnisse über die Änderung des signal-in-space zu erhalten. Auf dieser Basis kann im Rahmen weiterer Vorhaben die Validierung numerischer Simulations-analysen durch messtechnische Ergebnisse erfolgen.

 

Das Projekt wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert (FZ 0325644A-D).

 

Oktokopter

Bild 1: Oktokopter zur Vor-Ort-Messung von elektromagnetischen Feldern

 

Gruppenfoto Abschlussworkshop WERAN-Projekt

Bild 2: Gruppenfoto vom Abschlussworkshops des WERAN-Projekts

Kontakt

Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Dr. Dr. Jens Simon

Telefon: (0531) 592-3005
E-Mail:
jens.simon(at)ptb.de

Anschrift

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