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Messunsicherheitsberechnungen mit freier Software

Kategorien:
  • Grundlagen der Metrologie
22.06.2014

Messunsicherheitsberechnungen können – abhängig vom zugrunde liegenden Modell – sehr unterschiedliche Anforderungen mit sich bringen. Es gibt dafür eine Reihe kommerzieller, aber auch einige freie Softwarepakete. Mit freien Mathematikpaketen (hier am Beispiel des Programmpakets Maxima) und etwas Programmierarbeit kann man deren Funktionalität mit bestmöglicher Flexibilität kombinieren.

Bei gegebener Modellfunktion

berechnet sich die kombinierte Messunsicherheit nach [1] gemäß

.

Hierin sind

die partiellen Ableitungen der Modellfunktion nach den Ausgangsgrößen. Für den Fall einfacher Modellfunktionen sind diese leicht analytisch zu finden, so dass die weitere Berechnung zum Beispiel mit einer Tabellenkalkulation bewerkstelligt werden kann. In komplizierteren Fällen sind die partiellen Ableitungen der Modellfunktion nicht trivial oder dem Anwender aufgrund fehlender mathematischer Voraussetzungen nicht zugänglich. Unabhängig davon kann es von Vorteil sein, bei veränderlichen Modellen die Berechnung der partiellen Ableitungen ebenso wie die weiteren Berechnungen der Software zu übertragen. Es war also ein Softwarepaket gesucht, das für kommerziellen wie nicht-kommerziellen Einsatz frei verfügbar ist und die notwendigen mathematischen Operationen bietet. Die Wahl fiel auf Maxima [2]. Als Kommandozeilenprogramm ist dieses durch Nutzer, die grafische Oberflächen gewöhnt sind, am besten mit dem Zusatz wxMaxima zu bedienen. Allerdings wird der nur sporadische Nutzer das Problem haben, sich auch in diesem Programm zurechtzufinden. Aus Sicht des GUM sind zur Umsetzung der Berechnung der kombinierte Messunsicherheit nur wenige Aktionen von Seiten des Nutzers notwendig: es sind lediglich

  • die Modellfunktion und
  • die Schätzwerte der Eingangsgrößen mit
  • den beigeordneten Messunsicherheiten

einzugeben. Mit Hilfe der ebenfalls frei verfügbaren Skriptsprache AutoIt [3] wurde ein entsprechendes Programm mit grafischer Oberfläche erzeugt, das genau dieses erledigt. Die Bilder 1 und 2 zeigen die Eingabemasken für das Modell und die Eingangsgrößen einschließlich deren Messunsicherheiten am Beispiel des Messunsicherheitsmodells einer Drehmoment-Normalmesseinrichtung.

Bild 1: Eingabemaske für das Modell.

Bild 2: Eingabemaske für die Eingangsgrößen einschließlich deren Messunsicherheiten.

Nach dem Start der Berechnung durch den Anwender erzeugt das Programm eine Eingabedatei für Maxima und ruft dieses auf. Die Berechnungen werden von Maxima automatisch im Hintergrund erledigt. Im Endeffekt stehen die Ergebnisse in einer Maxima-Datei zur Verfügung und es wird sogar ein fast publikationsreifes Diagramm erzeugt. Weitere Anpassungen sind mit relativ wenig Aufwand möglich und Messunsicherheitsberechnungen sollten damit effektiver durchzuführen sein. Es besteht die Hoffnung, dass dieses Werkzeug dabei hilft, diese Art von Berechnungen auch dem damit wenig vertrauten Anwender zugänglich zu machen.

Die gesamte Arbeit wurde im Rahmen einer internationalen Konferenz (22nd IMEKO TC3 Conference [4]) Anfang 2014 vorgestellt. Die Quellcodes können beim Autor nachgefragt werden.

Literatur:

[1] Evaluation of measurement data – Guide to the expression of uncertainty in measurement, JCGM 100:2008, http://www.bipm.org/utils/common/documents/jcgm/JCGM_100_2008_E.pdf
[2] Maxima, a Computer Algebra System, http://maxima.sourceforge.net/
[3] AutoIt, a freeware BASIC-like automation and scripting language, http://www.autoitscript.com/site/
[4] D. Röske, Uncertainty Calculations Using Free CAS Software Maxima, Proc. of the 22nd IMEKO TC3 Conference, 3 to 5 February, 2014, Cape Town, South Africa
http://www.imeko.org/publications/tc3-2014/IMEKO-TC3-2014-016.pdf

Ansprechpartner:

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