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Breitbandmessplatz zur erweiterten Prüfung der Richtcharakteristik von Schallpegelmessern und Kalibrierung von Messmikrofonen

Kategorien:
  • Grundlagen der Metrologie
07.04.2010

Bei der Prüfung der Richtcharakteristik von Schallpegelmessern und der Kalibrierung von Messmikrofonen werden in der Regel Sinustöne als Anregungssignal verwendet um die geforderten geringen Messunsicherheiten zu erreichen. Durch den Einsatz von Breitbandsignalen konnte nun der zeitliche Aufwand einer Messung gesenkt, die spektrale Auflösung deutlich erhöht und die Identifizierung von verfälschenden Reflexionen erleichert werden. Entgegen der Erwartung ist die Messunsicherheit dabei nicht erhöht, sondern teilweise sogar gesenkt worden.

Zu den gesetzlichen Aufgaben der Arbeitsgruppe 1.63 "Geräuschmesstechnik" gehören die Sekundärkalibrierung von Messmikrofonen im Freifeld und die Bauartzulassung von Schallpegelmessgeräten (SPM). Eine der vielen Prüfungen zur Bauartzulassung ist die Richtcharakteristikprüfung, bei der der Prüfling zeigen muss, dass Schall aus den unterschiedlichsten Einfallrichtungen gleichförmig gewertet wird.
Beide Messplätze, der zur Mikrofonkalibrierung und der zur SPM-Richtcharakteristikprüfung, sind sich vom grundlegenden Aufbau recht ähnlich. So werden bei beiden die vorgeschriebenen Messfrequenzen einzeln mit Sinustönen angeregt. Im Zeitalter von FFT und Echtzeitanalysatoren scheint das überholt, findet seine Begründung aber darin, dass für die hier durchzuführenden Präzissionsmessungen geringe Messunsicherheiten gefordert werden, die zunächst nur mit Sinustonanregung zu erreichen sind. Nachteil dieser Methode ist der große Zeitaufwand durch die vielen Einzelmessungen. Als Folge davon beschränken sich die entsprechenden Messvorschriften nur auf die notwendigsten Frequenzen. So kann eine Richtcharakteristikmessung, auch abhängig vom Prüfling selbst, zwar durchaus 12 bis 24 Stunden dauern, die spektrale Auflösung ist dabei jedoch so gering, dass verfälschende Einflüsse durch Reflexionen an Prüfling oder Stativhalterungen nicht unterschieden oder gar erkannt werden können. Hier sind viel Erfahrung und unter Umständen umfangreiche Zusatzmessungen erforderlich, um PTB-Qualität zu gewährleisten.
Im Rahmen einer Diplomarbeit [1] wurden nun beide Messplätze so ergänzt, dass zusätzlich zu den normativ geforderten Sinustonmessungen, auch Messungen auf der Basis von Breitbandanregung mit Sweep-Signalen und einem zweikanaligen FFT-Analysator durchgeführt werden können (Bild 1).

Vergleich des gemessenen Übertragungsmaßes eines typischen 1/2

Bild 1: Vergleich des gemessenen Übertragungsmaßes eines typischen 1/2" Messmikrofons (WS2P), einmal mit dem Standardverfahren mit Sinustonanregung und einmal mit dem Breitbandverfahren.

Als direkte Folge sinkt der zeitliche Aufwand deutlich: Anstatt 30 bis 40 Einzelmessungen für ebensoviele Frequenzen über mehrere Stunden durchzuführen, dauert die Bestimmung eines Spektrums mit 800 oder mehr Frequenzlinien nur wenige Minuten. Der Zeitgewinn bringt mehrere Vorteile: Es können weitere Messungen gemacht werden, um zusätzliche Messfrequenzen, Mittelungen über Messwerte und, im Falle der Richtcharakteristik, eine verbesserte Winkelauflösung zu erhalten. Dadurch können zum Beispiel Reflexionen leichter identifiziert werden (Bild 2). Aber ebenso verbessert sich die Reproduzierbarkeit der Messung, so dass der entsprechende Beitrag zur Messunsicherheit sehr viel geringer ausfällt als im langwierigen Sinustonverfahren. Obwohl im Breitbandverfahren durch verschiedene notwendige Annahmen zusätzliche Beiträge zur Messunsicherheit hinzukommen, kann die geringe Gesamtunsicherheit im Falle der Mikrofonkalibrierung gehalten und im Falle der SPM-Richtcharakteristikprüfung sogar teilweise gesenkt werden.

Vergleich der Frequenzauflösung der zur Konformitätsbeurteilung herangezogenen Abweichung eines Schallpegelmessers von der Kugelrichtcharakteristik, einmal mit dem Normverfahren mit Sinustonanregung und einmal mit dem Breitbandverfahren. Die DMA-Kurve gibt eine Konformitätsgrenze vor. Der Kammfiltereffekt, der auf eine Reflexionsstelle in der Nähe des Mikrofons hindeutet, ist nur in der hochaufgelösten Breitbandkurve zu sehen.

Bild 2: Vergleich der Frequenzauflösung der zur Konformitätsbeurteilung herangezogenen Abweichung eines Schallpegelmessers von der Kugelrichtcharakteristik, einmal mit dem Normverfahren mit Sinustonanregung und einmal mit dem Breitbandverfahren. Die DMA-Kurve gibt eine Konformitätsgrenze vor. Der Kammfiltereffekt, der auf eine Reflexionsstelle in der Nähe des Mikrofons hindeutet, ist nur in der hochaufgelösten Breitbandkurve zu sehen.

Die Breitbandverfahren werden nun an der PTB in den Messplätzen zur Sekundärkalibrierung von Messmikrofonen im Freifeld und zur Prüfung der Richtcharakteristik von Schallpegelmessern ergänzend zu den genormten Sinustonverfahren eingesetzt, um zunächst Messdaten für einen eventuellen Änderungsvorschlag in den zuständigen Normungsgremien zu sammeln, aber auch um die Qualität der bereits laufenden Messungen weiter zu steigern.

[1] Schuster, Michaela: Entwicklung eines zeitoptimierten Messplatzes zur präzisen Bestimmung von Kalibrierdaten und Richtcharakteristiken von Messmikrofonen mit breitbandigen Prüfsignalen. Diplomarbeit, Technische Universität Ilmenau, 2008.

Ansprechpartner:

Christoph Kling, FB 1.6, AG 1.63, E-Mail: christoph.kling@ptb.de

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