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Bestimmung von Rückstreufaktoren für die Beta-Dosimetrie

Kategorien:
  • Grundlagen der Metrologie
18.03.2004

Will man die relative Standard-Messunsicherheit der Primärnormal-Messeinrichtung zur Darstellung der Einheit der Wasser-Energiedosis von Beta-Brachytherapiequellen von derzeit 3,8 % auf unter 3 % senken, so muss insbesondere der Korrektionsfaktor kba mit einer niedrigeren Messunsicherheit neu bestimmt werden. Der Korrektionsfaktor kba berücksichtigt die unterschiedliche Rückstreuung des Bezugsmediums Wasser im Vergleich zu dem Material der tatsächlich verwendeten Sammelelektrode. Die bisherige recht hohe relative Standard-Messunsicherheit von etwa 2,2 % des Verhältnisses der Rückstreufaktoren resultierte daher, dass der Rückstreufaktor des für die Sammelelektrode der Multielektroden-Extrapolationskammer (MEK) gewählten Materials, Silizium bzw. Saphir, sich deutlich von dem des Wassers unterscheidet und zudem ein große Unsicherheit aufwies.

Abgesehen von den Si- und Saphir-Elektroden (0,4 mm Si- bzw. Saphir-Wafer + 10 mm Macor-Keramik) wurden die Rückstreufaktoren von den für die Beta-Dosimetrie relevanten Materialien RW3, Solid Water, PMMA, Graphit und Aluminium bestimmt. Die Rückstreufaktoren wurden sowohl experimentell mit Hilfe neuartiger ultradünner Thermolumineszenz-Detektoren (TLD) (10 µm bis 20 µm dünne LiF-Pulverschicht auf einem 50 µm dicken Kaptonträger) als auch mittels Monte Carlo Rechnungen bestimmt. Die verwendeten TLDs wurden gewählt, da sie insbesondere die Anforderungen an die Dicke der empfindlichen Schicht und an die Energieabhängigkeit des Ansprechvermögens von allen in Frage kommenden Detektoren am besten erfüllten. Weitere Hauptbestandteile des Messaufbaues waren das neue Beta-Sekundär-Normal für Therapiequellen sowie ein speziell für die Messungen angefertigtes Wasserphantom. Im Vorfeld der Messungen wurden die Messabläufe für die verwendeten TLDs optimiert. Außerdem wurden die TLDs bezüglich Linearität, Energieabhängigkeit des Ansprechsvermögens und Fading-Effekte untersucht. Bei einer Messreihe wurden nacheinander eine Rückstreuprobe und das Wasserphantom mit einer 7,4 GBq 90Sr-Quelle bestrahlt. Die jeweils 23 TLDs pro Rückstreuprobe bzw. Wasserphantom wurden bei einem festen Quellen-TLD-Abstand von 20 cm hinter einer 2 mm dicken RW3-Absorberschicht positioniert. Damit erfolgte die Messung in einer Tiefe, wie sie bei einer Standard-Kalibrierung verwendet wird. Bei den Si-Wafer- bzw. den Saphir-Wafer-Elektrode Messungen wurden außerdem Messungen mit 5 RW3-Absorberscheiben durchgeführt. Hierdurch sollte untersucht werden, ob die Rückstreufaktoren von den während der Messung einer Tiefendosiskurve typisch vorkommenden Tiefen und damit auch typischen Betaspektren abhängen. Die Bestrahlungszeit wurde so gewählt, dass alle TLDs mit einer Dosis von 1 Gy +/- 0,05 Gy bestrahlt wurden. Vor und nach jede Messung wurden die individuellen Kalibrierfaktoren neu bestimmt, um so die relativen individuellen Empfindlichkeitsschwan-kungen zu erfassen.

Die Auswertung der TLDs wurde in Zusammenarbeit mit der AG 6.31 der PTB durchgeführt. Der Vergleich zwischen den TLD-Messungen und den Monte Carlo Rechnungen zeigt im Rahmen der Unsicherheiten eine gute Übereinstimmung (siehe Tabelle). Durch die Neubestimmung der Korrektionsfaktoren kba konnte deren relative Standard-Messunsicherheit u(kba) für die in der MEK verwendeten Sammelelektroden von 2,2 % auf 1,3 % reduziert werden.

Ergebnisse der Bestimmung der Rückstreufaktoren:

Material
Berechnete Werte
Experimentell bestimmte Werte
kba für
2 mm / 5 mm RW3
u(kba)
kba für
2 mm / 5 mm RW3
u(kba)
Si-Elektrode 0,86 / 0,862 0,4 % / 0,6% 0,875 / 0,874 1,3 % / 1,5 %
Saphir-Elektrode 0,903 / 0,905 0,4 % / 0,6% 0,919 / 0,921 1,3 % / 1,5 %
Aluminium 0,867 0,4 % 0,880 1,3 %
PMMA 1,017 0,4 % 1,015 1,1 %
Graphit 1,010 0,4 % 1,015 1,1 %
Blei 0,597 0,4 % 0,591 1,3 %
RW3 1,030 0,4 % 1,033 1,1 %
Solid Water 1,017 0,4 % 1,012 1,1 %

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