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Das abwechslungsreichste Radioprogramm der Welt

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19.02.2003

Ob der Funkwecker, die Bahnhofsuhr oder der Zeitempfänger, der an der Börse zeigt, was die Stunde geschlagen hat – sie alle werden auch weiterhin von den Zeitsignalen gesteuert, die die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Zusammenarbeit mit der Firma T-Systems MediaBroadcast über einen Langwellensender bei Frankfurt ausstrahlt. Der bestehende Vertrag wurde jetzt bis zum Jahr 2013 verlängert.

Die PTB versorgt – im Zeitgesetz von 1978 dazu beauftragt – über den Sender DCF77 mit Standort in Mainflingen bei Frankfurt/Main ganz Deutschland mit der gesetzlichen Zeit. Und auch in Oslo oder Athen können die Signale noch empfangen werden; der Sender hat eine Reichweite von bis zu 2000 km. Weil Langwellen praktisch keine Hindernisse kennen, lassen sie sich auch im Inneren von Gebäuden mit Hilfe kleiner Antennen und vergleichsweise einfacher Schaltungen empfangen. Dies macht den Dienst auch im Zeitalter von vermeintlich fortschrittlicheren Zeitsignalaussendungen, wie z. B. über das Satellitensystem GPS, attraktiv. Daneben spricht die große Zuverlässigkeit und zeitliche Verfügbarkeit – 99,7 % sind vertraglich vereinbart, in 2002 wurden fast 99,95 % erreicht – für diesen Dienst der PTB.

Nach der Verlängerung des Vertrages mit der Telekom-Tochter T-Systems MediaBroadcast, dem Betreiber des Senders, bleibt auch in den folgenden zehn Jahren alles, wie es ist: Der Staat stellt die genaue Zeitinformation und Normalfrequenz als Infrastrukturleistung für die Bürger kostenlos zur Verfügung.

Die PTB betreibt in einem Raum am Sender drei Atomuhren und eine aufwändige Steuer- und Überwachungselektronik. Die Zeitinformation wird als Folge von Zeitmarken verbreitet, und zwar werden Sekundenmarken mit kurzer (0,1 s, logisch "0") oder langer (0,2 s, logisch "1") Dauer gesendet. Jede Sekundenmarke, die im Verlauf einer Minute gesendet wird, hat eine bestimmte Bedeutung: Sieben Bits codieren die Minute, sechs die Stunde, drei den Wochentag usw.. Nach einer internen Kontrolle der Richtigkeit wird ein Datenstrom an die Sendeanlagen geleitet und dort mit einer Leistung von ca. 30 kW über 200 m hohe Antennen auf die Reise geschickt. Das Signal versorgt Bahnhofsuhren, Ampelanlagen, Schaltuhren der Energieversorger, private Funkuhren, Radio- und Fernsehanstalten sowie viele weitere Anwender mit der genauen Zeit. Einfache Empfänger zeigen die Zeit sekundengenau an, aufwändigere erlauben die Zeitbestimmung auf weitaus besser als eine Millisekunde. Diese werden u. a. in den Vermittlungsstellen der Deutschen Telekom und im Netzmanagement der Energieversorgungsunternehmen verwendet.

Auch die anderen Nutzungsmöglichkeiten von DCF77 bleiben uneingeschränkt erhalten. Neben der Übertragung der Zeitinformation über die Zeitmarken wird für hochgenaue Anwendungen die zusätzliche Modulation der Trägerphase des DCF77-Senders verwendet. Des weiteren wird die Trägerfrequenz der Aussendung, 77,5 kHz, von den Atomuhren in Mainflingen abgeleitet, so dass die relative Abweichung der Trägerfrequenz vom Nennwert im Mittel über einen Tag bei 1 · 10–12 liegt.

Ständige Vergleiche mit den primären Atomuhren in Braunschweig, die zu den genauesten der Welt gehören, sichern die Richtigkeit der Aussendung.

Auch wenn am 30. März 2003 die Uhren auf Sommerzeit gestellt werden, ist natürlich DCF77 beteiligt: In der zweiten Stunde dieses Tages wird als 16. Bit kein kurzes, sondern ein langes Signal ausgesendet – als Hinweis auf die bevorstehende Zeitumstellung. Während der Minute 01:59 MEZ liegt dann bereits die Information in der Luft, dass die folgende Minute mit 03:00 MESZ zu bezeichnen ist. Alle Funkuhren springen dann nicht auf zwei Uhr, sondern auf drei Uhr um. Diese Umstellung zwischen Sommer- und Winterzeit, hin und wieder eine Schaltsekunde – das sind die einzigen Variationen in einem der vermeintlich eintönigsten, tatsächlich aber abwechslungsreichsten Radioprogramm der Welt – denn Wiederholungen gibt es niemals.

Sendemast von DCF77 in Mainflingen süd­öst­lich von Frankfurt/M.

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