Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Genauere Einzelelektronen-Stromquellen ohne Magnetfelder

Kategorien:
  • Grundlagen der Metrologie
19.10.2022

Bild: a) Elektronenmikroskopisches Bild der Einzelelektronen-Pumpe. b) Ausgangstromstärke I normiert auf e·f für unterschiedlich starken dynamischen Kompensierungsfaktor r (r = 0 entspricht dem herkömmlichen Betrieb ohne dynamische Kompensierung von parasitären Effekten). c) Präzisionsmessung der relativen Abweichung vom Sollwert I = -e·f mit n = I/(e·f) auf logarithmischer Skala, für r = 1.4. Positive/negative Abweichungen vom Nominalwert -e·f sind rot/blau gekennzeichnet. Der Mittelwert der Abweichung im Bereich des grünen Kastens ist (n - 1) = (0.65 ± 0.75) × 10−6.

 

Eine ideale Einzelelektronen-Stromquelle erzeugt bei Taktung mit der Frequenz f eine Stromstärke von genau -e·f, wobei e die Elementarladung (negative Ladung des Elektrons) ist. Bei derartigen Stromquellen, die seit einigen Jahren an der PTB untersucht werden, wurden bereits sehr gute Genauigkeiten nachgewiesen, allerdings bisher nur bei Betrieb in hohen Magnetfeldern. Durch einen neuen Betriebsmodus konnten derartige Quanten-Stromquellen mit sehr niedrigen Fehlerraten nun erstmals ohne Magnetfeld betrieben werden.

 

Seit 2019 ist im internationalen Einheitensystem (SI) die Elementarladung e als definierende Konstante festgelegt. Damit ermöglichen Einzelelektronenpumpen die direkteste und quantenbasierte Realisierung der Einheit Ampere für die elektrische Stromstärke. In den an der PTB entwickelten Halbleiter-Einzelelektronen-Pumpen wird ein Quantenpunkt, eine kleine leitfähige, aber von den Zuleitungen durch steuerbare Barrieren isolierte „Insel“ von einer Zuleitung (Quelle), mit genau einem Elektron beladen und anschließend das Elektron in eine zweite Zuleitung (Senke) entladen. Geschieht dies periodisch mit der Taktfrequenz f ohne Fehler, so wird genau die Stromstärke -e·f erzeugt. Die Kontrolle des Beladens und Entladens geschieht mit Hilfe von Steuerspannungen, welche die Barrieren zwischen dem Quantenpunkt und den Zuleitungen über den Feldeffekt öffnen oder schließen können. Ein verbleibender Fehler, der die Genauigkeit der Stromquellen reduziert, ist der „Verlust“ eines bereits von der Quelle in den Quantenpunkt geladenen Elektrons durch Rückkehr in die Quelle. Dieser Fehlermechanismus, der durch den quantenmechanischen Tunneleffekt bestimmt wird, kann aber durch das Anlegen von Magnetfeldern von einigen Tesla mittels supraleitender Magnete so stark unterdrückt werden, dass trotzdem sehr präzise Einzelelektronen-Stromquellen realisiert werden können. Allerdings ist es wünschenswert, die Betriebsbedingungen zu vereinfachen und ohne derartig starke Magnete auszukommen.

 

Hierzu wurde nun an der PTB in Zusammenarbeit mit der Universität Riga eine verbesserte Ansteuerung entwickelt, die auf der zeitlichen Änderung der Steuerspannungen beider Barrieren basiert. Im bisher genutzten Verfahren wurde demgegenüber zu jedem Zeitpunkt nur eine Steuerspannung zeitlich variiert. Durch die zusätzliche Steuerspannung kann das unerwünschte Zurücktunneln des eingefangenen Elektrons vermieden und damit der zugehörige Fehler im Einzelelektronen-Transfer auch ohne Magnetfeld unterdrückt werden. Die Fehlerunterdrückung konnte im Rahmen der Messgenauigkeit von besser als einem Teil in einer Million (1 ppm) experimentell nachgewiesen werden, wobei der ursprüngliche Fehler ohne Kompensation der parasitären Effekte bei etwa einem Prozent lag. Dies eröffnet die Möglichkeit, die an der PTB entwickelten Einzelelektronen-Stromquellen zukünftig auch ohne supraleitende Magneten mit metrologisch relevanter Genauigkeit anzuwenden.

 

Bild: a) Elektronenmikroskopisches Bild der Einzelelektronen-Pumpe. b) Ausgangstromstärke I normiert auf e·f für unterschiedlich starken dynamischen Kompensierungsfaktor r (r = 0 entspricht dem herkömmlichen Betrieb ohne dynamische Kompensierung von parasitären Effekten). c) Präzisionsmessung der relativen Abweichung vom Sollwert I = -e·f mit n = I/(e·f) auf logarithmischer Skala, für r = 1.4. Positive/negative Abweichungen vom Nominalwert -e·f sind rot/blau gekennzeichnet. Der Mittelwert der Abweichung im Bereich des grünen Kastens ist (n - 1) = (0.65 ± 0.75) × 10−6.

 

Veröffentlichung:

Hohls et al., „Controlling the error mechanism in a tunable-barrier nonadiabatic charge pump by dynamic gate compensation“, Physical Review B 105, 205425 (2022)

 

 

 

Ansprechperson:

Frank Hohls

Fachbereich 2.5 „Halbleiterphysik und Magnetismus"

frank.hohls@ptb.de

 

Kontakt

Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Dr. Dr. Jens Simon

Telefon: (0531) 592-3005
E-Mail:
jens.simon(at)ptb.de

Anschrift

Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Bundesallee 100
38116 Braunschweig