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Status des Ressortforschungsvorhabens zur Bestimmung von Umrechnungsfaktoren für dosisrelevante Messgrößen in der digitalen Volumentomographie

Kategorien:
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  • Jahresbericht-Nachricht
  • Metrologie für die Gesellschaft
23.12.2020

In der Arbeitsgruppe 6.25 läuft seit Juli 2019 ein Projekt für die Entwicklung eines Konzeptes zur Umrechnung dosisrelevanter Parameter in der Computertomographie (CT) und Cone‑Beam Computertomographie (CBCT). Die Dosimetrie dieser beiden Modalitäten beruht auf konzeptionell unterschiedlichen, nicht trivial zu vereinheitlichen Messgrößen, dem Dosislängenprodukt (DLP) für die CT und dem Dosisflächenprodukt (DFP) für die CBCT.

Die Cone‑Beam Computertomographie (CBCT) ist ein Verfahren, in dem mit Hilfe einer rotierenden Kombination aus Röntgenröhre und Bildverstärker bzw. Flachdetektor ein dreidimensionales Bild eines Patienten erzeugt wird. Die CBCT ist eine Weiterentwicklung der konventionellen Computertomographie mit dem großen Unterschied, dass mit einem breiten Kegelstrahl gearbeitet wird, so dass schon in einer einzigen Voll- oder Teilrotation eine breite Schicht des Patienten aufgenommen wird. Dadurch benötigt man nicht mehr die Tischbewegung, die bei der konventionellen CT notwendig ist, um den Patienten in lateraler Richtung zu scannen. Die Geräte können somit kostengünstiger und mobiler gebaut werden. Cone‑Beam Computertomographen werden inzwischen zur postoperativen Kontrolle eingesetzt, indem noch im Operationsraum Aufnahmen gemacht werden, zur 3D‑Aufnahme während interventionellen Eingriffen zum Beispiel der Angiographie, zum Brustscreening in dedizierten Brust‑Computertomographen, und für dentale Aufnahmen.

Zur Qualitätssicherung und zur Abschätzung der effektiven Dosis wird in der CBCT eine andere Kenngröße benutzt als in der CT. Die Dosisbestimmung in der CT‑Dosimetrie erfolgt über die Messung des Volumen‑Computertomographie‑Dosisindex (CTDIvol) und des Dosislängenproduktes (DLP), Größen, die mit einer Stab‑Ionisationskammer in einem zylindrischen Plexiglasphantom durchgeführt werden, dem sogenannten CTDI‑Phantom. Am CBCT dagegen wird das Dosisflächenprodukt (DFP) als Kenngröße verwendet, also dem Produkt aus Dosis und bestrahlter Fläche, wobei sich der Detektor mit der Röhre mitbewegt.

Die Größen CTDIvol und DFP können nicht trivial ineinander umgerechnet werden, da sie sich konzeptionell unterscheiden. Eine Umrechnung ist aber wünschenswert bei den Untersuchungen, die mit CT und CBCT durchgeführt werden können. Dies ist wichtig unter anderem zur Bestimmung der diagnostischen Referenzwerte (DRW). Diagnostische Referenzwerte sind Dosiswerte für typische Röntgenuntersuchungen und werden vom Bundesamt für Strahlenschutz in regelmäßigen Abständen aus Bestrahlungsdaten abgeleitet, die ihnen die ärztlichen Stellen zur Verfügung stellen. Mit Hilfe der DRWs können ungerechtfertigte Überschreitungen einer durch DRWs festgesetzten mittleren Dosis über einen längeren Zeitraum erkannt und verhindert werden.

Seit Juli 2019 arbeitet die Arbeitsgruppe 6.25 der PTB in Zusammenarbeit mit dem Klinikum Braunschweig in einem Ressortforschungsvorhaben des Bundesministeriums für Umwelt unter Begleitung des Bundesamtes für Strahlenschutz an der Vergleichbarkeit dieser Dosisgrößen. Dazu sollen Untersuchungen betrachtet werden, für die es bereits DRWs gibt, und die an beiden Modalitäten durchgeführt werden. Die Ergebnisse sollen dann in die Veröffentlichung der DRWs einfließen.

Die Umrechnung wird in einem kombinierten messtechnischen und simulationsbasierten Verfahren ermittelt. Dazu werden die Quellparameter der CT- bzw. CBCT‑Röntgenquellen, die nicht in den Gerätespezifikationen vorgegeben sind, mit einem mobilen Aufbau bestimmt. Mit Hilfe dieser Quellparameter können Simulationen mit der Software ImpactMC durchgeführt werden, um die effektive Dosis an einem Standardpatienten zu bestimmen. Aus dem Vergleich der effektiven Dosen und der gleichzeitig berechneten Werte für CTDIvol und DFP sollen daraus die Umrechnungsfaktoren bestimmt werden. Zur Validierung des Verfahrens werden parallel Messungen mit MOSFET‑Sensoren an einem anthropomorphen Phantom durchgeführt. Die verwendeten MOSFET‑Sensoren haben einen Durchmesser von nur 3 mm und dadurch eine hervorragende Ortsauflösung.

In einem ersten Schritt wurde eine Literaturstudie durchgeführt, um den Stand der Forschung und die bisherigen methodischen Ansätze herauszufinden. Die Suche wurde auf Grundlage der PRISMA‑Methode durchgeführt, die Vorgaben zur Durchführung der Suche und zur Darstellung der Ergebnisse macht. Sie wurde auf fünf Suchmaschinen ausgeführt, PubMed, Web of Science, Scopus, Science Direct und EuropePMC. In dem Zeitraum vom 1.1.2000 bis zum 31.12.2019 wurden 116 Publikationen gefunden, die sich mit der Problematik befassen, von denen in 8 Publikationen von der Umrechnung von Dosiswerten für CBCT- oder CT‑Geräte berichtet wird. Allerdings ist die Vergleichbarkeit der Studien sehr beschränkt, da unterschiedliche Scanprotokolle und Messmethoden benutzt wurden und in vielen Publikationen eine verbesserte Berichterstattung notwendig ist. Eine umfassende Studie zu Umrechnungsfaktoren wurde bisher nicht gemacht.

Parallel wurden die relevanten Geräte und Untersuchungsformen identifiziert. Man kann die CBCT‑Geräte in drei Kategorien einteilen: C‑förmige Scanner, sogenannte C‑Bögen, die fest an der Decke oder am Boden verbaut sind und vor allem für die Angiographie benutzt werden, kleinere, mobile C‑Bögen, die vor allem in intraoperativen Eingriffen zum Einsatz kommen und exotische Geräte. Von diesen wurden acht repräsentative Geräte ausgesucht, die mit zwei CT‑Geräten der Arbeitsgruppe und am Klinikum verglichen werden. Für das Forschungsvorhaben werden Untersuchungen des Hirnschädels bei Schlaganfall, der Nasennebenhöhlen bei Sinusitis und der Hals- und Lendenwirbelsäule bei neurochirurgischer Intervention als projektrelevant angesehen.

Die messtechnische Kampagne läuft seit Januar 2020 mit Messungen am Klinikum Braunschweig und am Forschungs‑CT der Arbeitsgruppe. Die Messungen werden bis zum Frühjahr 2021 dauern, wobei Verzögerungen durch Zugangsbeschränkungen im Krankenhaus aufgrund der aktuellen Lage der Covid‑19 Infektionen möglich sind.

Ein erster segmentierter Datensatz von CT‑Bildern eines durchschnittlichen Patienten wird zurzeit erstellt. Sobald der Datensatz fertiggestellt ist, werden Simulationen der effektiven Dosis auf Grundlage der gemessenen Quellparameter erstellt. Die zur Validierung notwendigen MOSFET‑Sensoren werden parallel an den Röntgenanlagen der Arbeitsgruppe charakterisiert. Vorläufige Ergebnisse zeigen eine sehr starke Abhängigkeit von der mittleren Energie der Strahlung, was eine Kalibrierung der Sensoren im Feld des CT‑Gerätes notwendig machen wird. Die Abhängigkeit vom Rotationswinkel, von der Dosisleistung und von der akkumulierten Dosis sind im Vergleich gering.

Förderer des Ressortforschungsvorhabens ist das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) vertreten durch das Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Die Projektnummer des Vorhabens ist 3619S42462.

Ansprechpartner:

Opens local program for sending emailS. Ketelhut, Fachbereich 6.2, Arbeitsgruppe 6.25

Opens local program for sending emailL. Büermann, Fachbereich 6.2, Arbeitsgruppe 6.25

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