Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Kavitation metrologisch nutzen – Innovative Durchflusserzeugung von Flüssigkeitsströmen mittels spezieller Kavitationsdüsen

03.08.2016

Erste Untersuchungen mit einer Hochgeschwindigkeitskamera in einer speziellen Plexiglas-Düse und mit einer Auflösung von bis zu 140.000 Aufnahmen pro Sekunde ermöglichen neuartige Einblicke in das Verhalten einer kavitierenden Flüssigkeitsströmung im Inneren dieser Düse. Die gewonnenen Erkenntnisse sind ein wichtiger Bestandteil der laufenden Arbeiten im Fachbereich „Flüssigkeiten“, die sich mit der Entwicklung eines völlig neuartigen Prüfverfahrens für Wasserzähler auf der Basis so genannter Kavitationsdüsen beschäftigen. Das Verfahren soll sich insbesondere durch eine hohe Reproduzierbarkeit der erzeugten Flüssigkeitsdurchflüsse und der Möglichkeit stark verkürzter Prüfzeiten auszeichnen.

Kavitation weist neben den bekannten schädigenden Wirkungen durch so genannten Kavitationsfraß durchaus auch eine Reihe von sehr nützlichen technischen Anwendungsmöglichkeiten auf, beispielsweise für die Reinigung von Oberflächen, die Treibstoffeinspritzung in Dieselmotoren oder das Verdrillen von Chemiefasern in der Textilindustrie. Nicht bekannt war bisher ihre Verwendung für konkrete Messzwecke.

In Analogie zu den bereits in der Gasmesstechnik weit verbreiteten kritischen Düsen wurde im Fachbereich „Flüssigkeiten“ der Versuch unternommen, ein Verfahren mit ähnlichen Vorzügen auch für den Flüssigkeitsbereich zu entwickeln. Ausgangspunkt für entsprechende Untersuchungen war die Betrachtung von Flüssigkeitsströmungen, die derart beschleunigt werden, dass im Düsenhals der lokale Flüssigkeitsdampfdruck unterschritten und dadurch Kavitation erzeugt wird. Erste Experimente mit denn aus der Gasmessung bekannten Venturi-Düsenformen mit toroidalem Düsenhals (siehe Bild 1) bestätigten nachweislich die erwartete Durchflusskonstanz nach Unterschreiten eines bestimmten Druckverhältnisses. Auch die Ermittlung der Reproduzierbarkeit des sich einstellenden Durchflusses zeigte mit relativen Standardabweichungen in der Größenordnung von 10-5 bis 10-6 sehr zufriedenstellende Ergebnisse.

Bild 1: Ursprünglich verwendete Düsenform: Venturi-Düse mit toroidalem Düsenhals (hier mit einem Halsdurchmesser von 0,54 mm für einen Durchfluss von 20 l/h bei einem Eingangsdruck von 3000 mbar und einer Temperatur von 20 °C) [1]

 

Im Rahmen einer Wissenschaftskooperation mit dem Lehrstuhl für Strömungsmechanik der Universität Duisburg-Essen wurden die theoretischen Grundlagen kavitierender Düsenströmungen erarbeitet und anhand von Simulationen belegt. Einer der Schwerpunkte dieser Arbeiten war auch die Optimierung der Düsenform für eine Anwendung im Flüssigkeitsbereich. Aus den entsprechenden Berechnungen und Simulationen entstand der Vorschlag, anstelle der toroidalen Venturi-Düse so genannte Herschel-Venturi-Rohre zu verwenden, deren Düsenhals ein Zylinder ist. Mit Hilfe eines aus Plexiglas gefertigten Herschel-Venturi-Rohres wurden auf dem Wasserzähler-Prüfstand der PTB Aufnahmen der Strömung mit einer Hochgeschwindigkeitskamera gemacht. Die Auflösung lag zwischen 50.000 Aufnahmen pro Sekunde und 140.000 Aufnahmen pro Sekunde. Ein Einzelbild einer Aufnahme mit 140.000 Bildern pro Sekunde ist in Bild 2 zu sehen.

Bild 2: Aufnahme einer kavitierenden Strömung im Inneren eines Herschel-Venturi-Rohres (Durchmesser 11,2 mm, Länge des zylindrischen Halses 11,2 mm, Durchfluss 7,7 m³/h)

 

Es sind klare Strukturen zu erkennen, die sich auch zeitlich verfolgen lassen. Anhand dieser Aufnahmen war es möglich, die durchgeführten 2D- und 3D-Simulationen zu verifizieren und die ermittelte Düsenform zu bestätigen.
Ausführliche Informationen sind in [2] und [3] zu finden.

Literatur:

[1] ISO 9300, Measurement of gas flow by means of critical flow Venturi nozzles, 2005

[2] S. Brinkhorst, E. von Lavante, D. Güler, G. Wendt, „Experimental Investigation of Cavitating Herschel Venturi-Tube Configuration“, in FLOMEKO 2016, Sydney, 2016, submitted

[3] S. Brinkhorst, E. von Lavante, G. Wendt, (2015): “Numerical investigation of cavitating Herschel Venturi-Tubes applied to liquid flow metering”. In: Flow Measurement and Instrumentation 43, S. 23–33. DOI:  10.1016/j.flowmeasinst.2015.03.004

Ansprechpartner:

Daniel, Schumann, FB 1. 1.5, AG 1. 53, E-Mail: Opens window for sending emaildaniel.schumann(at)ptb.de

Kontakt

Leiter der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit

Dr. Dr. Jens Simon

Telefon: (0531) 592-3005
E-Mail:
jens.simon(at)ptb.de

Anschrift

Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Bundesallee 100
38116 Braunschweig