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Hochgenaue und schnelle Bestimmung der geometrischen Vergrößerung in der industriellen Computertomographie

22.12.2020

Die industrielle Computertomographie (iCT) wird eingesetzt, um die Geometrie von Werkstücken zu messen. Die daraus gewonnenen Abmessungen dienen der Qualitätssicherung und bedürfen daher einer hohen Zuverlässigkeit. Im ersten Schritt müssen die Computertomographen dazu in ihrer geometrischen Abbildungsvergrößerung kalibriert werden. Die bisherige Methode, mit 3D-Maßverköperungen vollständige Referenzmessungen durchzuführen, stößt hierbei zunehmend an ihre Grenzen: insbesondere für kleine Abmessungen können diese nicht genau genug rückgeführt werden. Weiterhin ist diese klassische Methode zeitaufwändig und erfordert sehr empfindliche, teure Maßverkörperungen.

Unter der – üblicherweise gegebenen – Voraussetzung der Verwendung von sehr präzisen Drehtischen in der iCT reicht es aus, 2D-Maßverkörperungen zu benutzen [1], um CT Koordinatenmesssysteme rückzuführen. Hierzu wurden, z.B. geätzte, Invar-Metallfolien mit einem gitterförmig angeordneten Lochmuster als Maßverkörperungen in verschiedenen Größen realisiert [2] (Bild 1). In der PTB wurde im Laufe dieser Entwicklung ihre Rückführbarkeit mit vorhanden optischen Koordinatenmessgeräten bereits auf 2 · 10-6 relativer Messunsicherheit im mittleren Lochabstand als Maß und der Transfer auf die iCT demonstriert [3].

Weitere Maßnahmen zur Korrektur von realen iCT-Messungen sind erforderlich, da die Verwendung von Röntgenstrahlung und ihre Wechselwirkung mit Werkstück, Quelle und Detektor hochkomplex sind. Zu nennen wären z.B. ein spektrumsabhängiger Eindringtiefeneffekt in das Detektormaterial [4], die sogenannte „Strahlaufhärtung“ durch das Objekt, Streustrahlung und Beugung. Da die neu vorgeschlagene Methode zeiteffizient arbeitet, stellt sie einen wesentlichen Beitrag zur systematischen Untersuchung des Einflusses dieser Effekte auf die Koordinatenmessung dar.

Auf Initiative und unter Koordination der PTB wurde das EMPIR-Projekt „AdvanCT“ mit Start Mitte 2018 in das Leben gerufen [5], an dem industrielle Projektpartner, Forschungsinstitute und Nationale Metrologieinstitute – wie die PTB – beteiligt sind. Im Rahmen des Projektes wurde mit diesen Partnern 2020 die Anwendung der Normale und die Auswertung der Messungen erprobt (Bild 2) sowie eine Validierung mittels der bekannten Messstrategien durchgeführt. Nach Abschluss dieser bisher vielversprechenden Tests im nächsten Jahr soll das Verfahren in die praktische Anwendung in Industrie und Wissenschaft überführt werden.

[1] J. Illemann et al., „An efficient procedure for traceable dimensional measurements and the characterization of industrial CT systems“, Proc. of DIR 2015, http://www.ndt.net/events/DIR2015/app/content/Paper/46_Illemann.pdf
[2] J. Illemann et al., „Determining spectrum-dependent source and detector positions in cone-beam CT“, Proc. of ICT2018, http://www.ndt.net/article/ctc2018/papers/ICT2018_paper_id163.pdf
[3] J. Illemann et al, „Traceable radiographic scale calibration of dimensional CT“, Proc. of ECNDT 2018, https://www.ndt.net/article/ecndt2018/papers/ecndt-0175-2018.pdf
[4] J. Illemann, M. Bartscher, „X-ray spectrum dependence of the magnification of cone-beam CT“, Proc. of ICT 2017, http://www.ndt.net/events/iCT2017/app/content/Paper/34_Illemann.pdf
[5] https://www.ptb.de/empir2018/advanct/home/


In eine Invarmetall-Folie sind Maßverkörperungen mit Lochgittern im Außenmaß 30 mm geätzt. In den Gitterfeldern befinden sich jeweils 40 x 40 runde Löcher. Für das Gitter beträgt der Lochdurchmesser 500 µm und die Kanten sind auf einer Breite von einigen 10 µm abgeschrägt.
Bild 1: Foto einer geätzten 50 µm dicken Invarmetall-Folie mit 30 mm Gitter als Normalverkörperungn sowie mikroskopische Vergrößerungen eines einzelnen geätzten Loches. Die Abschrägung der Kanten von einigen 10 µm durch den kostengünstigen Herstellungsprozess ist für die Bestimmung der Lochmittenposition tolerabel.

Drei Folien im Außenmaß 7,5 mm, 15 mm und 30 mm aus Bild 1 in Halterung. Von letzterer die Abweichungsdarstellung mit Inlay, das die maximalen Abweichungen vergrößert darstellt. Röntgenaufnahme, die nahezu schwarz-weiß aussieht, nur der Schriftzug erscheint grau. Neun Löcher sind im Muster nicht geätzt, so dass Lage und Orientierung eindeutig sind, auch wenn die Folie nicht vollständig erfasst wird.
Bild 2: Links: Im AdvanCT-Projekt benutzte, gehalterte Maßverkörperungen. Mitte: optisch kalibrierte Lochmittenpositionen – Abweichungen 250x vergrößert. Das mittlere horizontale Gittermaß beträgt 750,019 µm, die fertigungsbedingten Abweichungen bis zu 3 µm. Rechts: Röntgenaufnahme des Gitters – die Beschriftung unten ist nicht durchgeätzt. Neun Löcher sind im Muster nicht geätzt, so dass Lage und Orientierung eindeutig sind, auch wenn die Folie nicht vollständig erfasst wird

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