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Bestimmung der Wasserenergiedosis im SOBP eines C-12-Strahls: Optimierung des Bestrahlungsfeldes

20.12.2019

Die Referenzdosimetrie mit kalibrierten Ionisationskammern in Kohlenstoffstrahlen weist derzeit noch eine deutlich höhere Messunsicherheit auf als in hoch-energetischen Photonenfeldern. Dies ist vor allem auf eine hohe Unsicherheit des Korrektionsfaktors für die Strahlungsqualität kQ zurückzuführen, der aufgrund fehlender experimenteller Daten theoretisch bestimmt wird.

In einem vorangegangenen Projekt konnten bereits erfolgreich kQ-Faktoren experimentell im flachen Eingangskanal eines monoenergetischen Kohlenstofffeldes bestimmt werden. Hierbei wurde eine Reduktion der Messunsicherheit verglichen mit den theoretischen Werten um einen Faktor drei erreicht.

In einer Fortführung dieses Projektes sollen nun kQ-Faktoren im Spread-Out Bragg Peak (SOBP) eines Kohlenstoffstrahls mit Hilfe der Wasserkalorimetrie bestimmt werden. Dabei wird der SOBP durch einen 2D-Reichweitenmodulator realisiert. Die resultierende Feldverteilung wurde optimiert und eingehend charakterisiert.

Die am Heidelberger Ionenstrahl-Therapiezentrum (HIT) angewandte Strahlentherapie mit hochenergetischen Ionen ermöglicht aufgrund der inversen Tiefendosiskurve sowie dem Intensitäts-modulierten Rasterscan Verfahren eine hoch präzise Dosisdeposition im Zielvolumen bei gleichzeitiger Schonung des umliegenden Gewebes.

Diese räumlich präzise Therapiemethode benötigt jedoch auch eine genaue Dosimetrie, um die applizierte Dosis zu bestimmen und zu verifizieren. Messgröße in der Dosimetrie ist die Wasserenergiedosis, die in Kliniken üblicherweise mit Hilfe von kalibrierten Ionisationskammern bestimmt wird.

Deren Anwendung in Kohlenstoffstrahlen führt jedoch zu einer deutlich höheren Messunsicherheit als in hoch energetischen Photonenstrahlen. Mit einer relativen Standardmessunsicherheit der Dosisbestimmung von 3 % ist diese etwa dreimal so groß wie bei Photonen [1]. Diese hohe Unsicherheit wird maßgeblich durch die hohe Unsicherheit des kQ-Faktors bestimmt. Er beschreibt das unterschiedliche Ansprechvermögen der Ionisationskammern auf die verwendete Strahlungsqualität Q verglichen mit der Referenzstrahlungsqualität Q0 (in der Regel Co-60). Aufgrund eines fehlenden Primärstandards wird der kQ-Faktor für Kohlenstoffstrahlen derzeit theoretisch berechnet.

Innerhalb einer früheren Arbeit [2] wurden bereits kQ-Faktoren experimentell für den flachen Eingangskanal eines monoenergetischen Kohlenstoffstrahls für zwei Farmerkammern bestimmt. Dabei wurde eine Gesamtunsicherheit von 0,8 % erreicht. In einer Weiterführung dieses Projektes werden nun kQ-Faktoren für den Spread-Out Bragg Peak (SOBP) eines Kohlenstoffstrahls bestimmt. Eine mögliche Änderung der kQ-Faktoren aufgrund des höheren LETs in diesem Bereich verglichen mit dem Eingangskanal kann so untersucht werden.

Unter Einsatz des portablen PTB Wasserkalorimeters [3] wird dazu zunächst die im Wasser absorbierte Dosis über eine Messung der strahlungsinduzierten Temperaturerhöhung bestimmt. Da die induzierte Wärmeverteilung mit der Zeit zerfließt, sind die kalorimetrischen Messungen relativ zeitkritisch. Ein aktives Scannen des gesamten dreidimensionalen Feldes, was einer Bestrahlungsdauer von etwa 8 min für einen Dosiswürfel mit 6 cm Kantenlänge entspricht, würde daher zu hohen Unsicherheiten in den aus der Feldverteilung zu bestimmenden Korrekturfaktoren führen.

Daher wird das Feld passiv in der Tiefe mit Hilfe eines im 3D-Druckverfahren gefertigten 2D-Reichweitenmodulators (2DRM, Abb. 1) erzeugt [4], somit ist nur noch ein laterales Scannen des Feldes notwendig. Die benötigte Bestrahlungsdauer für einen 6x6x6 cm3 Dosiswürfel reduziert sich so auf 90 s. Der 2DRM besteht aus vielen pyramidenförmigen Pins, deren Form so ausgelegt ist, dass ein SOBP mit möglichst konstantem Tiefendosisverlauf und möglichst homogener lateraler Dosisverteilung entsteht.

Abb. 1: Zeichnung des verwendeten 2DRM mit 3 mm x 3 mm Pin-Grundfläche.

Insbesondere wurde der Einfluss unterschiedlicher Grundflächen der einzelnen Pins auf die entstehenden Feldverteilungen untersucht und hinsichtlich der Feldhomogenität optimiert. Dabei wurden Pin-Grundflächen von 2 mm x 2 mm, 3 mm x 3 mm und 4 mm x 4 mm getestet.

Die Tiefendosiskurve eines monoenergetischen Kohlenstoffstrahls, der mit dem 2DRM moduliert wurde, zeigt die deutliche Ausbildung eines SOBPs (Abb. 2). Allerdings fallen zusätzlich zwei Peaks zu Anfang und Ende des SOBPs auf, die durch Artefakte während des Druckprozesses entstehen. Es zeigte sich, dass diese Artefakte für größere Pin-Grundflächen kleiner werden und für eine Grundfläche von 4 mm x 4 mm sogar verschwinden. Gleichzeitig wird der Plateaubereich zwischen den Peaks flacher mit größerer Pin-Grundfläche.

Messungen der lateralen Feldverteilung in Abhängigkeit von der Pin-Grundfläche ergaben jedoch, dass diese homogener ist für feinere Pins, d.h. kleinere Pin-Grundfläche. Als guter Kompromiss zwischen axialer und lateraler Homogenität wird ein Modulator mit 3 mm x 3 mm Pin-Grundfläche für die folgenden Messungen verwendet.

Abb. 2: Tiefendosiskurven eines 278 MeV/u Kohlenstoffstrahls in Wasser moduliert mit dem 2DRM.

Um Aussagen über die Homogenität und Reproduzierbarkeit treffen zu können, die die Grundlage zur Bestimmung verschiedener Korrektionsfaktoren bilden, wurde die Feldverteilung eingehend charakterisiert.

Mit Hilfe eines Ionisationskammer-Arrays, das in einem Wasserphantom in der Tiefe ferngesteuert verfahren werden kann, wurden dreidimensionale Messungen des Feldes durchgeführt. Der hierfür verwendete Aufbau bestehend aus Wasserphantom, wasserdichter Hülle für das Array und Linearantrieb inklusive Steuerungssoftware wurde an der PTB entwickelt und gebaut. Durch Wiederholungsmessungen über einen Zeitraum von 10 Wochen wurde die Zeitstabilität des Feldes untersucht. Die gemessene laterale Feldverteilung für eine dieser Messungen ist in Abb. 3 dargestellt.

Die Messdaten werden jeweils auf den Mittelwert der Messwerte innerhalb einer Kugel mit 2 cm Radius um das Zentrum der Feldverteilung normiert und nur die relativen Messwerte betrachtet. Für diesen Bereich um das Zentrum ergibt sich eine relative Standardabweichung der Messwerte voneinander von 0,7-1,0 %. Die relative Abweichung der Wiederholungsmessungen voneinander beträgt 0,3 %, was auf eine gute Zeitstabilität hindeutet.

Abb. 3: Laterale Dosisverteilung für verschiedene Tiefen in der Mitte des Feldes über die x-Achse (links) und y-Achse (rechts). Gemessen mit dem Ionisationskammer-Array im Wasserphantom.

Unter diesen optimierten Bestrahlungsbedingungen wurden bereits erste kalorimetrische Messungen mit dem portablen PTB Wasserkalorimeter sowie zwei Farmerkammern durchgeführt. Weitere Messungen sind innerhalb der nächsten Monate geplant, um verlässliche Werte für die kQ-Faktoren und deren Gesamtunsicherheiten bestimmen zu können.

Referenzen:

(1)   IAEA TRS-398, V.12 (2006)

(2)   J.-M. Osinga-Blättermann et al, Phys. Med. Biol. 62 (2017) 2033–2054

(3)   A. Krauss, Metrologia 43 (2006), 259-272

(4)   Y. Simeonov et al, Phys. Med. Biol. 62 (2017), 7075-7096

Ansprechpartner:

Opens window for sending emailA. Krauss, Fachbereich 6.2, Arbeitsgruppe 6.23

Opens window for sending emailK. Holm, Fachbereich 6.2, Arbeitsgruppe 6.23

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