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Zell- und molekularbiologische Messverfahren

Arbeitsgruppe 8.32

Grundlagen der Zellzählung

Einleitung

Zellen können unter einem Mikroskop direkt gezählt werden. Für die Festlegung des Proben-Volumens werden dabei häufig Zählkammern verwendet, die eine genau bekannte Höhe haben. Zusammen mit dem kalibrierten Abbildungsmaßstab des Mikroskops lässt sich so das Probenvolumen bestimmen. Häufig sind detaillierte Informationen über morphologische Eigenschaften für die Identifikation gar nicht erforderlich. Für Zellsuspensionen bietet die Durchflusszytometrie dann Vorteile. Es kann eine große Anzahl von Zellen untersucht werden. Das ist notwendig, um die Konzentration seltener Zellen in einem Gemisch zu finden (z.B. in Blut zirkulierende Stammzellen). Auch kann dadurch die Konzentration mit geringerer statistischer Unsicherheit bestimmt werden. In der Durchflusszytometrie unterscheidet man optische und elektrische Messverfahren.

Prinzip der Laserdurchflusszytometrie

Die Blutzellen einer verdünnten Messsuspension passieren eine Kanüle, werden durch einen Mantelstrom hydrodynamisch fokussiert und treten durch die Kapillare (250 µm x 250 µm) einer Durchflussküvette aus Quarzglas. Durch die hydrodynamische Fokussierung wird der Durchmesser des Probenstroms, in dem sich die Blutzellen befinden, auf etwa 5 µm reduziert. Die Blutzellen treten daher einzeln nacheinander durch den Fokus des Laserstrahls. Für jede einzelne Zelle kann simultan die Lichtstreuung in Vorwärtsrichtung und seitlicher Richtung sowie - bei Verwendung von Fluoreszenzfarbstoffen - die Laser-induzierte Fluoreszenz registriert werden.

Die rechte Abbildung zeigt das Ergebnis der Untersuchung einer verdünnten Blutprobe. Dargestellt sind die relativen Intensitäten des in Vorwärtsrichtung gestreuten Lichtes bei den Wellenlängen 632,8 nm und 413,1 nm. Jede Blutzelle wird in dem Streudiagramm durch einen einzelnen Punkt repräsentiert. Die Punktwolken entsprechen den roten Blutzellen (RBC), den Blutplättchen (Thrombozyten, T) und den Leukozytensubpopulationen: Lymphozyten (Ly), Monozyten (M) und Granulozyten (G).

Die Achsen der Abbildung zeigen die über den Raumwinkel von 3,3° bis 17,4° integrierten differentiellen Streuwirkungsquerschnitte. Zur Kalibration der Lichtstreuung können Polystyrolkugeln definierter Größe verwendet werden, deren integrierte differentielle Streuwirkungsquerschnitte mit Hilfe der Mie-Theorie berechnet werden.

Prinzip der Impedanzzellzählung

Die Blutzellen einer verdünnten Vollblutprobe treten einzeln nacheinander durch eine Messöffnung, die typisch einen Durchmesser und eine Länge von jeweils 60 µm besitzt. Der vordere Hüllstrom dient der hydrodynamischen Fokussierung des Probenstromes, in dem sich die Blutzellen befinden. Der hintere Hüllstrom ist erforderlich, um die Rezirkulation von Blutzellen, die die Messöffnung passiert haben, zu verhindern. Als Flüssigkeit wird isotone Kochsalzlösung verwendet. An den Elektroden liegt ein konstanter Strom von bis zu 1 mA.  Die Spannung zwischen den beiden Elektroden ändert sich durch die Abnahme der Leitfähigkeit beim Durchtritt einzelner Blutzellen durch die Messöffnung, was zu ihrem Nachweis benutzt werden kann.

Die Signalhöhe ist näherungsweise dem Volumen der Teilchen proportional. Damit lassen sich rote Blutzellen (Volumen etwa 90 fL) und Blutplättchen  (Volumen etwa 6 fL) in einem Histogramm unterscheiden, in dem die Anzahl der registrierten Impulse über der Impulshöhe aufgetragen ist (siehe linke Abbildung).

Zur Zählung der Leukozyten mit dem Impedanzverfahren werden vorher die Erythrozyten durch Hinzufügen von Lyse-Reagenzien zerstört. Anschließend wird die Messsuspension analysiert. Das zweite Histogramm zeigt eine typische Impulshöhenverteilung weißer Blutzellen in einer Kontrollblutprobe.

Durchlusszytometrische Zellsortierung

Blutzellen einer verdünnten Messsuspension passieren eine Kanüle, werden durch einen Mantelstrom hydrodynamisch fokussiert und treten durch eine Düse (Durchmesser 50 µm - 100 µm), so dass sich ein freier Flüssigkeitsstrahl bildet. Die Blutzellen, die einzeln  nacheinander durch die Foki mehrerer Laserstrahlen treten, können wie üblich in der Durchflusszytometrie durch die simultane Messung der Lichtstreuung in Vorwärtsrichtung und seitlicher Richtung sowie - bei Verwendung von Fluoreszenzfarbstoffen - durch die Laser-induzierte Fluoreszenz nachgewiesen werden.

Zur Sortierung einzelner Zellen wird der elektrisch leitfähige (isotone Kochsalzlösung) Flüssigkeitsstrom wie in der Abbildung dargestellt durch eine piezoelektrische Modulation aufgebrochen. Das Tröpfchen, in dem sich eine Zelle mit ausgewählten Eigenschaften befindet, wird elektrisch geladen, in einem elektrostatischen Feld abgelenkt und zur Anreicherung in Reagenzröhrchen aufgefangen. Alternativ werden die selektierten Zellen auf einen Objektträger sortiert, um anschließend mikroskopische Untersuchungen z.B. zur Identifikation der Zellen durchzuführen.