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Nichtinvasive Bestimmung der Röntgenspektren und Formfilter in einem Computertomographen

20.03.2015

Die kollektive effektive Dosis aus computertomographischen (CT) Untersuchungen pro Einwohner in Deutschland für das Jahr 2010 betrug ca. 1,1 mSv. Das sind etwa 61 % der gesamten kollektiven effektiven Dosis durch röntgendiagnostische Maßnahmen [1]. Diese Zahlen belegen die große Bedeutung der CT-Dosimetrie. Eine geläufige Methode zur Berechnung der Organdosen von Patienten bei CT-Untersuchungen ist die Verwendung von Monte Carlo (MC) Simulationen, die eine detaillierte Beschreibung der Komponenten eines CT-Systems voraussetzt. Die technischen Dokumentationen der CT-Systeme liefern einige Spezifikationen, wie z.B. die Kollimation, den Durchmesser der Gantry und den Abstand zwischen der Röntgenröhre und den Bilddetektoren. Allerdings werden einige Scanner-spezifi­schen Daten, wie z.B. die Röntgenspektren und die in jedem modernen CT eingebauten Formfilter, von den Herstellern geheim gehalten.

Im Rahmen einer Forschungsarbeit wurden Methoden und Messungen zur Charakterisierung der Röntgenspektren und Formfilter des CT-Scanners des Typs GE-Optima 660 entwickelt bzw. durchgeführt. Die wichtigsten technischen Details sind in der Referenz [2] zu finden.

Zur Bestimmung der Photonenfluenzspektren der im CT eingebauten Röntgenröhre wurden Messungen der Halbwertschichtdicken in der Service-Mode-Steuerung des CTs durchgeführt. Dabei wurde die Rotation der Röntgenröhre gestoppt und die Halbwertschichtdicken für Aluminium ohne Formfilter gemessen. Ein Spektrum mit identischen Halbwertschichtdicken wurde durch Verwendung des Programms „SpekCalc“ [3] berechnet. Das so berechnete Spektrum liefert eine gute Näherung für das Röntgenspektrum der CT-Röhre mit einer Aluminium-äquivalenten inhärenten Filterung.

Um die geringere Absorption von zylinderförmigen Objekten im Randbereich der CT-Gantry zu kompensieren und damit eine gleichmäßige Ausleuchtung der Bilddetektoren zu realisieren, werden spezielle Filter, die sogenannten Formfilter, in die CT-Scanner eingebaut. Diese Filter sind im Zentrum dünn und nehmen peripher symmetrisch an Dicke zu. In den letzten Jahren wurde zur Charakterisierung der Formfilter eine Methode entwickelt [4, 5], die auf den Vergleich von berechneten und gemessenen Luftkermaprofilen entlang des Fächerwinkels der CT-Gantry (x-Achse) basiert. Diese Methode wurde in dieser Arbeit verwendet und weiterentwickelt.

Die Luftkermaprofile entlang der x-Achse mit und ohne Formfilter wurden im Service-Mode des Scanners gemessen, s. Abbildung 1. Die Messung wurde zuerst ohne Formfilter und danach mit dem kleinen (small) und großen (large) Filter durchgeführt. Hierbei wurden eine Ionisationskammer des Typs Radcal 10X6-0.6CT mit einem Messvolumen von 0,6 cm3 und ein Festkörperdetektor des Typs RTI Dose Profiler verwendet. Im Gegensatz zur Ionisationskammer mit einem von der Photonenenergie (fast) unabhängigen Luftkerma-Ansprechvermögen besitzt der Festkörperdetektor eine signifikante Energieabhängigkeit des Ansprechvermögens. Die Luftkerma-Ansprech­vermögen der Ionisationskammer und des Festkörperdetektors in Abhängigkeit von der Photonenenergie wurden mit Hilfe der Strahlungsqualitätsserie ISO narrow-spectrum (20 kV bis 300 kV) [6] und der in der PTB verwendeten Sonderstrahlungsqualitäten (PTB AS-Serie) sowie mit der PTB-Primärnormalmesseinrichtung für die Luftkerma. Die Abbildung 2 stellt die normierten Luftkerma-Ansprechvermögen der beiden Detektoren in Abhängigkeit von der Photonenenergie dar.

 

Abb. 1: Experimenteller Aufbau zur Charakterisierung der Formfilter.

 

Abb. 2: Normiertes Luftkerma-Ansprechvermögen R(E) in Abhängigkeit von der mittleren Photonenenergie E für die Ionisationskammer (oben) und den Festkörperdetektor (unten). Normiert wurde auf den Maximalwert des jeweiligen Ansprechvermögens.

Die Aluminium-äquivalenten Formfilter wurden durch die folgenden Schritte berechnet:

1. Das Verhältnis der gemessenen Luftkermaprofile mit dem Formfilter zu den gemessenen Profilen ohne das Formfilter wurde in Abhängigkeit vom Fächerwinkel θ berechnet. Dabei wurde die Energieabhängigkeit des Ansprechvermögen des Festkörperdetektors zunächst nicht berücksichtigt:

2. Das Luftkermaprofil für eine beliebige Aluminium-Dicke xAl wurde berechnet. Die folgende Gleichung stellt das theoretische Verhältnis der Luftkermaprofile mit der Aluminium-Dicke xAl  zu den Luftkermaprofilen ohne die Dicke xAl dar:

wobei µAl(E) der energieabhängige lineare Schwächungskoeffizient des Aluminiums, φE das durch das „SpekCalc“-Programm berechnete Spektrum und  der Massen-Energieumwandlungskoeffizient für Photonen der Energie E in der Luft mit der Dichte ρ sind.

3. Die Dicke xAl wurde solange variiert, bis die berechneten Verhältnisse der Luftkermaprofile mit den gemessenen Verhältnissen für jeden Fächerwinkel θ übereinstimmten. Die erhaltene Dicke xAl ist die Aluminium-äquivalente Dicke der Formfilter.

In der Abbildung 3 sind die Aluminium-äquivalenten Formfilter dargestellt.

Abb. 3: Die durch Verwendung der Ionisationskammer (rote, durchgezogene Linie) und des Festkörperdetektors (blaue, gestrichelte Linie) erhaltenen Aluminium-äquivalenten Dicken des kleinen (oben) und des großen (unten) Formfilters.

Mit Hilfe eines in dieser Arbeit entwickelten Verfahrens konnte die Energieabhängigkeit des Ansprechvermögens des Festkörperdetektors korrigiert werden. Diese Korrektur führt zu einer Übereinstimmung der Aluminium-äquivalenten Dicken, die aus den Messungen durch die beiden Detektoren erhalten wurden, s. Abbildung 4.

Abb. 4: Die durch Verwendung der Ionisationskammer (rote, durchgezogene Linie) und des Festkörperdetektors (blaue, gestrichelte Linie) erhaltenen Aluminium-äquivalenten Dicken des kleinen (oben) und des großen (unten) Formfilters.  Die Energieabhängigkeit des Luftkerma-Ansprechvermögens des Festkörperdetektors wurde korrigiert.

Referenzen:

  1.  STRAHLENEXPOSITION DURCH MEDIZINISCHE MASSNAHMEN, BMU Jahresbericht 2011, Teil B,
    www.bfs.de/de/bfs/publikationen/berichte/umweltradioaktivitaet/JB11TeilB_IV.pdf
  2. Medizinischer Computertomograph für die Dosimetrie,
    Forschungsnachrichten der Abteilung 6, 2013
  3. G. Poludniowski et al., PMB 54 (2009), N433-N438
  4. Adam C. Turner et al., Med. Phys. 36 (2009), 2154-2164
  5. Kyle McMillan et al., Med. Phys. 40 (2013), 111907
  6. NORM ISO 4037-1 (1996)

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