
Die in der Dosimetrie für die Strahlentherapie verwendeten Ionisationskammern werden üblicherweise bei 60Co-Strahlung in der Messgröße Wasser-Energiedosis kalibriert. Bei Verwendung bei anderen Strahlungsqualitäten, z.B. bei höheren Photonenenergien, wird die Änderung des Ansprechvermögens der Ionisationskammer durch den energieabhängigen kQ Faktor berücksichtigt. Sowohl der Kalibrierfaktor als auch der kQ Faktor beziehen sich dabei auf eine Feldgröße von 10 cm x 10 cm. Moderne Bestrahlungsgeräte, z. B. medizinische Linearbeschleuniger für IMRT, Tomotherapie- oder Cyberknife-Geräte, verwenden jedoch wesentlich kleinere Bestrahlungsfelder. Für die Dosimetrie unter solchen Bestrahlungsbedingungen muss sichergestellt sein, dass die ursprünglichen kQ-Faktoren der verwendeten Ionisationskammern weiterhin Gültigkeit haben. Mit Hilfe eines Wasserkalorimeters wurden die energieabhängigen kQ Faktoren von Ionisationskammern für die Photonenstrahlungsqualitäten 6 MVx und 10 MVx erstmals bis zu Feldgrößen von 3 cm x 3 cm bestimmt.
Das verwendete Wasserkalorimeter wird bei einer Wassertemperatur von 4°C betrieben und ist weitgehend baugleich zu dem in der PTB als Primärnormal-Messeinrichtung für die Darstellung der Einheit der Wasser-Energiedosis bei 60Co-Strahlung verwendete Kalorimeter. Zur Bestimmung der kQ Faktoren von Ionisationskammern des Typs NE2561 wurde das Wasserkalorimeter an den medizinischen Linearbeschleunigern der PTB bei Photonenstrahlungsqualitäten von 6 MVx und 10 MVx verwendet. Die Feldgröße von 3 cm x 3 cm wurde dabei mit Hilfe eines Kollimators aus Blei realisiert, der vor dem Strahlerkopf des Beschleunigers montiert wurde.
Abbildung : Wasserkalorimeter vor dem Strahlerkopf des medizinischen Linearbeschleunigers der PTB. Das rot umrandete Quadrat markiert den Strahlungseintrittsbereich des Kalorimeters.
Die experimentelle Bestimmung der kQ Faktoren geschieht in zwei Schritten. Zunächst wird mit Hilfe des Wasserkalorimeters bei einer Photonenstrahlungsqualität Q die Wasser-Energiedosis am Messort in 10 cm Tiefe in einem Wasserphantom bestimmt. Anschließend wird, bei geöffnetem Kalorimeter bei Raumtemperatur, eine Ionisationskammer am gleichen Messort in das Wasserphantom des Kalorimeters eingesetzt und unter identischen Bestrahlungsbedingungen kalibriert. Der kQ Faktor ergibt sich als Verhältnis der Kalibrierfaktoren bei der Strahlungsqualität Q und bei 60Co-Strahlung.
Zur Bestimmung der Wasser-Energiedosis ist das Wasserkalorimeter in der Lage, die durch die Strahlungsabsorption verursachten Temperaturerhöhungen von ca. 0,5 mK sehr genau zu messen. Bei den Messungen mit im 3 cm x 3 cm Strahlungsfeld sind dabei Wärmeleitungseffekte zu berücksichtigen, die insbesondere durch das Zerfließen der mit dem Strahlungsfeld korrelierenden Temperaturverteilung bedingt sind. Der Einfluss dieser Wärmeleitungseffekte auf die Bestimmung der Wasser-Energiedosis wird rechnerisch mit der Methode der Finiten-Elemente bestimmt und korrigiert. Dazu muss der gesamte Temperaturverlauf im Wasserkalorimeter während und nach jeder einzelnen Bestrahlung simuliert und mit dem gemessenen Temperaturverlauf verglichen werden. Die resultierenden Korrektionen betragen bis zu 4 % der gemessenen Temperaturerhöhung.
Die relative Standardmessunsicherheit der kalorimetrisch bestimmten kQ Faktoren für die NE2561 Ionisationskammer im 3 cm x 3 cm Feld bei den Strahlungsqualitäten 6 MVx und 10 MVx beträgt ca. 0,4 %. Der Vergleich der hier bestimmten kQ Faktoren mit denen im 10 cm x 10 cm Strahlungsfeld zeigt jedoch keine Abhängigkeit von der Feldgröße. Zumindest bis zu Feldgrößen von 3 cm x 3 cm können daher die bislang verwendeten kQ Faktoren weiterhin benutzt werden.