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Bestimmung der Aktivität von Cer-139 und Yttrium-88 im Rahmen internationaler Vergleichsmessungen

29.09.2008

Das Mutual Recognition Arrangement (MRA) unter der Schirmherrschaft des Comité international des poids et Mesures (CIPM) ist eine weltweite Vereinbarung zur länderübergreifenden gegenseitigen Anerkennung von Kalibrierzertifikaten nationaler Metrologie-Institute für alle kommerziell oder gesellschaftlich relevanten Messgrößen. Das Abkommen fordert von den Teilnehmern neben dem Nachweis eines Qualitätsmanagement-Systems auch die regelmäßige Teilnahme an Vergleichsmessungen, um die Fähigkeit zu belegen, die Messungen mit der angegebenen Unsicherheit durchführen zu können.

Im Jahre 1976 wurde das internationale Referenzsystem SIR für Aktivitätsmessungen beim BIPM etabliert. Die Teilnehmer füllen hierbei vom Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) bereitgestellte Ampullen mit ihren nationalen Aktivitätsnormalen in Form von Lösungen oder Gasen und senden diese nach Paris. Dort werden die Ampullen in einer Ionisationskammer gemessen und mit einem langlebigen 226Ra-Standard verglichen. Durch die Rückführung auf eine Radium-Referenzquelle und die damit verbundene Langzeitstabilität des Messsystems können die Ergebnisse der Teilnehmer miteinander auch über Zeiträume von Jahren bis zu Jahrzehnten verglichen werden. Inzwischen sind 905 Proben von 63 verschiedenen Radionukliden eingesandt und in den Ionisationskammern des SIR gemessen worden (Stand Juni 2008). Die Datenbank umfasst derzeit 662 unabhängige Einträge.

Die PTB hat im Berichtszeitraum Ampullen mit Lösungen der Radionuklide 139Ce und 88Y zum SIR eingesandt. 88Y ist wegen seiner vergleichsweise hohen γ-Energien von 898 keV und 1836 keV ein wichtiger Kalibrierstandard zum Beispiel für Halbleiterdetektoren im Bereich der Gammaspektrometrie. 139Ce ist mit γ-Strahlung mit einer Energie von 166 keV und den damit verbundenen Konversionselektronen mit Energien von 127 keV bzw. 160 keV ebenfalls ein wichtiger Kalibrierstandard.

Gleichzeitig bieten beide Nuklide als Elektroneneinfangstrahler eine gute Möglichkeit, neue Modelle auf dem Gebiet der Flüssigszintillationszählung (LSC) und deren Anwendbarkeit zu testen. Die Aktivitätsbestimmung nach der CIEMAT/NIST-Methode spielt seit Jahren eine immer größere Rolle, weil Fortschritte in der Modellbildung zunehmend auch die Aktivitätsbestimmung für Elektroneneinfangstrahler ermöglichen [1, 2]. Diese verbesserten theoretischen Grundlagen werden auch der TDCR-Methode zugute kommen, die derzeit in der Arbeitsgruppe als neues Absolutmessverfahren etabliert wird.

Die spezifische Aktivität der Lösung wurde sowohl mit Hilfe der 4πβ-γ-Koinzidenzmethode im Normaldruck- bzw. Druckproportionalzähler als auch mit der LSC-Methode nach dem CIEMAT/NIST-Verfahren ermittelt, wobei die Aktivität anhand der Koinzidenzmessungen festgesetzt wurde. Aus dem Ergebnis der Vergleichsmessungen lassen sich somit Rückschlüsse auf die Anwendbarkeit der neuen Modelle ziehen und das Anwendungsspektrum der LSC-Methode kann auf eine weitere Klasse von Nukliden erweitert werden.

Die Ergebnisse der Aktivitätsmessungen werden in der PTB als Kalibrierfaktoren einer 4π-Ionisationskammer konserviert. Die Messungen des Ionisationsstroms werden hierzu wie beim SIR-System auf den Ionisationsstrom einer langlebigen 226Ra-Referenzquelle bezogen und sind so als Relativmessungen weniger anfällig gegen Änderungen am Detektorsystem oder der nachfolgenden Elektronik. Selbst bei einem Austausch mehrerer Komponenten bleibt die Vergleichbarkeit der Messergebnisse gewährleistet wie die vor einigen Jahren vollständig neu aufgebaute Ausleseelektronik des SIR belegt.

Literatur

  1. Grau Carles, A.:
    MICELLE, the micelle size effect on the LS counting efficiency,
    Comput. Phys. Commun. 176 (2007) 305.
  2. Kossert, K., Grau Carles, A.:
    Study of a Monte-Carlo rearrangement model for the activity determination of electron-capture nuclides by means of liquid scintillation counting,
    Appl. Radiat. Isotopes 66 (2008) 998-1005.