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Charakterisierung der Strahlungsfelder kommerzieller Strahlentherapiegeräte

15.01.2010

Für die Strahlentherapie in Krankenhäusern werden kompakte Elektronenbeschleuniger eingesetzt. Ähnlich wie in einer Röntgenröhre trifft der hochenergetische Elektronenstrahl auf ein Metallblech hoher Massedichte (Quelle). Dabei entsteht Bremsstrahlung hoher Energie. Das Energiespektrum der hochenergetischen Photonenstrahlung kann nicht direkt gemessen werden. Zur Strahlungscharakterisierung wird daher in Krankenhäusern und Kalibrierlaboratorien die Tiefenabhängigkeit der Energieabgabe in Wasser (Wasser-Energiedosis) ermittelt.

Abbildung 1 : Links: Photonenenergieflussdichte des Elekta PreciseTM - Beschleunigers der PTB mit Lamellenkollimator in einem Meter Quellabstand (Strahlungsqualität 10 MVX, Feldgröße 10 cm x 10 cm). Die Farbskala stellt den Logarithmus der Energieflussdichte dar. Kleines Bild: Anteil ungestreuter Bremsstrahlung mit der Signatur des Lamellenkollimators. Rechts: Photonenspektrum des Nutzstrahlenbündels n einem Meter Quellabstand.

Für die beiden in der PTB vorhandenen klinischen Beschleuniger [1] wurden unter Berücksichtigung vertraulicher Herstellerdaten Rechenmodelle erarbeitet. Mit diesen können unter Verwendung einer erprobten Software [2] des staatlichen kanadischen Metrologieinstituts NRC in zwei Schritten die Eigenschaften der aus dem Gerät austretenden Strahlung (Abbildung 1), sowie die sich im Wasser ausbreitende Strahlung und die dort absorbierte Energiedosis berechnet werden. An eine neu entwickelte Modellfunktion können die so berechneten oder gemessenen Tiefendosiskurven mit einer Abweichung von nur 0,02% angepasst werden (Abbildung 2).

Abbildung 2 : Links: Simulation einer zentralen Tiefendosiskurve für die Strahlungsqualität von 10 MVX und einer Feldgröße von 10 cm x 10 cm. DieAbweichung von der Modellfunktion ist unten aufgetragen. Der Quotient der Dosiswerte in 10 cm und 20 cm Wassertiefe ist angegeben. Rechts: Miteiner luftgefüllten Ionisationskammer (Roos-Kammer) gemessene zentraleTiefendosiskurve. Die statistischen Abweichungen sind wesentlicher kleiner als bei der Simulation, so dass sich eine systematische Abweichung von0,1% im Dosisaufbaubereich ergibt.

Mit diesen Rechnungen ist es nun möglich den Dosisquotienten für zwei verschiedene Wassertiefen präzise zu bestimmen und damit den in verschiedenen Normen [3,4] zur Charakterisierung der Strahlungsqualität verwendeten Index Q zu berechnen. Dieser bestimmt also so etwas wie eine durchschnittliche Photonenenergie, hängt aber zugleich auch von der Feldgröße ab. Die erreichte Präzision bei der Bestimmung des Dosisquotienten reicht aus, um eine Änderung der Elektronenenergie des Beschleunigers von nur 80 keV bei einer Energie von 20 MeV festzustellen.

Durch Vergleich der Tiefendosiskurven und Querprofile von Simulation und Messung kann das Rechenmodell verifiziert werden. Für Photonenqualitäten (effektive Beschleunigungsspannung des benutzten Elektronenstrahls) von 6 MV, 10 MV ist dieser Vergleich anhand eigener Messungen und Literaturdaten [5] bereits erfolgreich durchgeführt worden. Die Photonenqualitäten 25 MV, 15 MV, 8 MV und 4 MV sind in Vorbereitung. Somit sind die nicht direkt messbaren Eigenschaften der Strahlungsfelder genau bekannt und können bei der Kalibrierung von Dosimetern berücksichtigt werden. Kontrollmessungen mit kalibrierten Dosimetern zur Bestimmung der Wasserenergiedosis sind ein hilfreiches Werkzeug, um frühzeitig eventuelle Fehlfunktionen von Beschleunigern für die Strahlentherapie mit negativen Folgen für Patienten ausschließen zu können.

Literatur

  1. "Richard-Glocker-Bau eingeweiht", www.ptb.de/de/org/6/nachrichten6/2008/60608_de.htm
  2. BEAMnrc: "A Monte Carlo Simulation System for Modelling Radiotherapy Sources" http://www.irs.inms.nrc.ca/inms/irs/BEAM/beamhome.html
  3. DIN 6800-2 "Dosismessverfahren nach der Sondenmethode für Photonen- und Elektronenstrahlung Teil 2: Ionisationsdosimetrie", Deutsches Institut für Normung e.V., Beuth Verlag, 2008
  4. IAEA TRS-398 "Absorbed dose determination in external beam radiotherapy: An international code of practice for dosimetry based on standards of absorbed dose to water"
  5. Technical Report Series 398, International Atomic Energy Agency, Vienna. 2004 http://www.pub.iaea.org/MTCD/publications/PDF/TRS398_scr.pdf  British Journal of Radiology, Supplement 25 (1996)