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Dosimetrische Charakterisierung des quasi-monoenergetischen Photonen-Referenzstrahlungsfeldes

15.01.2007

Im Rahmen eines vom Bundesamt für Strahlenschutz geförderten Projektes zur „Bestimmung derRelativen Biologischen Wirksamkeit (RBW) für hochenergetische, quasi-monoenergetische Photonenstrahlung“ wurde das in der PTB vorhandene quasi-monoenergetische Photonen-Referenzstrahlungsfeld (Photonenenergien 6...7 MeV) hinsichtlich der erzeugten Wasser-Energiedosisleistung charakterisiert. In diesem Strahlungsfeld wurden sodann 5 Proben menschlichen Blutes mit Wasser-Energiedosen zwischen 0,2 Gy und 1,0 Gy bestrahlt. Im GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit wird gegenwärtig die Anzahl der in den Blutzellen durch die Bestrahlung verursachten dizentrischen Chromosomen bestimmt, die ein Maß für die relative biologische Wirksamkeit hochenergetischer Photonenstrahlung ist.

Neue noch nicht publizierte Untersuchungen weisen auf einen unerwarteten Anstieg der Relativen Biologischen Wirksamkeit (RBW) von Photonenstrahlung mit Energien größer als 1 MeV hin. Diese Ergebnisse wurden in Photonenstrahlungsfeldern eines medizinischen Linearbeschleunigers erhalten. Auf Grund der breiten Energieverteilung dieser Strahlungsfelder - es handelt sich um ein Bremsstrahlungsspektrum - ist die Zuordnung der erhaltenen RBW zu einer bestimmten Photonenenergie schwierig. Um die erhaltenen Ergebnisse zu verifizieren, sollten deshalb die entsprechenden Untersuchungen in einem quasi-monoenergetischen Photonenstrahlungsfeld wiederholt werden, so dass eine genauere Kenntnis der Abhängigkeit der RBW von der Photonenenergie erlangt werden kann.

Ein solches quasi-monoenergetisches Photonenstrahlungsfeld steht in der PTB zur Verfügung. Die Photonenstrahlung wird erzeugt, indem Protonen, die mittels eines Van-de-Graaff-Beschleunigers auf eine Energie von 2,7 MeV beschleunigt wurden, auf ein dünnes CaF2-Target treffen. Bei der hierbei auftretenden Kernreaktion 19F(p,αγ)16O entstehen Photonen im Energiebereich von 6,1...7,1 MeV (sowie niederenergetische Kontaminationsphotonen und hochenergetische Elektronen und Positronen durch weitere Kernreaktionen).

Um in diesem Strahlungsfeld Blutproben mit definierten Wasser-Energiedosen bestrahlen zu können, muss zunächst die Wasser-Energiedosisleistung bestimmt werden.

Die Bestimmung der Wasser-Energiedosisleistung erfolgte in Analogie zu der in verschiedenen Dosimetrieprotokollen [1] [2] beschriebenen Vorgehensweise mit einer Ionisationskammer. Auf Grund der geringen Dosisleistung konnte keiner der üblicherweise in der Strahlentherapie eingesetzten Ionisationskammertypen verwendet werden. Es wurde deshalb speziell für die Messungen im quasi-monoenergetischen Photonenfeld eine wasserdichte Ionisationskammer mit einem Messvolumen von ca. 3 cm3 konstruiert und gebaut, deren prinzipieller Aufbau dem einer Roos-Kammer ähnelt.

Da in den zu Grunde gelegten Dosimetrieprotokollen dieser spezielle Ionisationskammertyp und das quasi-monoenergetische Photonenfeld nicht explizit berücksichtigt sind, mussten sämtliche für die Messung der Wasser-Energiedosis benötigten Korrektionsfaktoren selbst bestimmt werden.

Dazu wurde zunächst mittels eines hochreinen Ge-Detektors die spektrale Verteilung der Photonenfluenz im quasi-monoenergetischen Photonenstrahlungsfeld gemessen [3] (s. Abbildung1).


Abb. 1:Spektrale Verteilung der Photonenfluenz im quasi-monoenergetischen Photonenstrahlungsfeld [3].

Unter Verwendung dieses Spektrums konnten dann die energieabhängigen Korrektionsfaktoren wie das Massen-Stoßbremsvermögensverhältnis Wasser zu Luft oder der globale Feldstörungsfaktor der Ionisationskammer durch Monte-Carlo-Simulation des Teilchentransports mit dem Programm EGSnrc berechnet werden.

Zur Verifikation der Monte-Carlo Rechnungen wurde eine Tiefen-Dosiskurve im Wasserphantom berechnet und mit einer experimentell bestimmten Tiefendosiskurve verglichen. Beide Tiefendosiskurven sind in Abbildung 2 dargestellt.

Für Wassertiefen größer als 20 mm stimmen beide Kurven im Rahmen der Unsicherheiten überein; die Ursache der Diskrepanz in geringeren Tiefen besteht darin, dass in der Monte-Carlo-Simulation der Einfluss der im Strahlungsfeld vorhandenen Kontaminationselektronen und -positronen nicht berücksichtigt werden konnte. Dieser Einfluss ist jedoch für Wassertiefen größer als 20 mm vernachlässigbar, so dass die Monte-Carlo-Simulation hier zuverlässige Daten liefert.

Abb. 2:Vergleich der experimentell bestimmten und mittels Monte-Carlo-Simulation berechneten Tiefendosiskurven im quasi-monoenergetischen Photonenfeld. Beide Kurven wurden so normiert, dass die relative Wasser-Energiedosis in der Tiefe 21 mm den Wert 1 hat.

Nachdem alle erforderlichen Korrektionsfaktoren per Monte-Carlo-Simulation berechnet oder - wie z.B. der Korrektionsfaktor für den Polaritätseffekt (vgl. [1] oder [2]) - experimentell bestimmt wurden, konnte die Wasser-Energiedosisleistung im quasi-monoenergetischen Photonenstrahlungsfeld mit einer relativen Standard-Messunsicherheit von 4,0% bestimmt werden.

Ende Juli 2006 wurden dann im quasi-monoenergetischen Photonenfeld 5 Proben menschlichen Blutes mit Dosen im Bereich von 0,2 Gy...1,0 Gy bestrahlt. Gegenwärtig wird im GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit die Anzahl der in jeder Blutprobe in Abhängigkeit von der Dosis erzeugten dizentrischen Chromosomen bestimmt, die ein Maß für die Relative Biologische Wirksamkeit der hochenergetischen, quasi-monoenergetischen Photonenstrahlung ist.

Literatur

  1. International Atomic Energy Agency:
    Absorbed Dose Determination in External Beam Radiotherapy - An International Code of Practice for Dosimetry Based on Standards of Absorbed Dose to Water,
    IAEA, Wien, 2000
  2. Deutsches Institut für Normung:
    DIN 6800-2 Dosismessverfahren nach der Sondenmethode für Photonen- und Elektronenstrahlung, Teil 2: Ionisationsdosimetrie,
    Beuth Verlag, Berlin, 1997
  3. L. Büermann, S. Guldbakke, H.M. Kramer:
    Calibration of personal and area dosimeters in high-energy photon fields,
    PTB-Bericht Dos-32, PTB, 1999