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Messung der Auswirkung von ionisierender Strahlung auf 90 nm CMOS Schaltungen

Allgemeine Projektbeschreibung
Das Ziel des Projekts FATAL (A Modeling Framework for Fault-Tolerant Asynchronous Logic) ist ein Simulationsmodell für asynchrone Logik, welches Aus-wirkungen von Strahlungseffekten auf die Schaltung berücksichtigt. Damit soll es in Zukunft möglich sein, asynchrone Logik zu entwickeln, die resistent gegenüber Strahlungseffekten ist. Hochenergetische Partikel generieren durch Interaktion mit dem Kristallgitter des Siliziumchips freie Ladungsträger, die dann in weiterer Folge zu Strom- und Spannungspulsen in den Schaltungen führen. Diese werden, wenn es sich um Pulse handelt Single Event Transients (SETs) und wenn es sich um einen dauerhaften Zustandswechsel handelt Single Event Upset (SEUs) genannt. Bei synchroner Logik, ist die Schaltung nur während der Taktflanke anfällig für Störungen durch SETs. Für Design- und Simulationssoftware von synchroner Logik ist es deswegen ausreichend, die auftretenden Pulsweiten der SETs zu kennen. Daher ist bereits äußerst leistungsfähige Design- und Simulationssoftware für die Entwicklung strahlungsresistenter synchroner Schaltungen verfügbar. In der Literatur wurde aus diesem Grund vorrangig die Pulsweite der auftretenden SETs bestimmt. Bei asynchroner Logik ist kein Takt vorhanden. Diese Schaltungen sind daher über die gesamte Zeit anfällig für strahlungsinduzierte Fehler. Darüber hinaus verwendet asynchrone Logik Spannungsübergänge sowohl für das Handshaking als auch für die Daten. Bei einem SET handelt es sich um einen Spannungspuls, der zwei Spannungsübergängen entspricht (0→1 und 1→0 oder umgekehrt). Diese können leicht als Handshaking oder Datensignale mißinterpretiert werden und damit zu einem Fehler führen. Um ein Modell für asynchrone Logik zu entwickeln ist es notwendig zu wissen wie die exakte Pulsform der SETs aussieht und wie sich diese Pulse innerhalb der Schaltungen ausbreiten. Ziel der Messungen an der PTB war es, diese Pulsformen direkt am Chip zu messen und die Ausbreitung der Pulse innerhalb der integrierten Schaltung zu untersuchen. In der Literatur sind bis jetzt keine Spannungsmessungen von SETs direkt am Chip zu finden.

Das Simulationsmodell
Das finale Modell muss möglichst einfach sein, um auch komplexe Schaltungen in vernünftiger Rechenzeit untersuchen zu können. Um dieses vereinfachte Modell verifizieren und optimieren zu können, müssen einerseits Messungen und andererseits komplexe 3D Halbleitersimulationen durchgeführt werden. Gerade die Ergebnisse der langwierigen 3D Halbleitersimulationen verschiedener Grundschaltungen erhöhen das Verständnis der internen Abläufe und ermöglichen es das einfache Modell verifizieren zu können. Die Ergebnisse der 3D Halbleitersimulation hängen allerdings stark von Prozessparametern wie zum Beispiel der Dotierungskonzentration ab. Daher muss auch dieses 3D Modell mittels Messungen kalibriert werden. Für diese Kalibrierung ist es notwendig die auftretenden Pulsformen exakt zu messen. Solche Messungen wurden von uns bereits an der Microbeamanlage der GSI mit Goldionen einer Energie von 945 MeV durchgeführt. Diese massereichen Ionen generieren große Mengen an freien Ladungsträgern im Siliziumchip und führen daher zu großen Spannungspulsen. Für eine sinnvolle Kalibrierung ist es notwendig auch weitere Experimente mit Teilchen einer deutlich anderen Masse und somit einer deutlich anderen Menge an generierter Ladung durchzuführen. Für die Experimente an der PTB wurden Alphateilchen mit 8 MeV verwendet. Der resultierende Lineare Energie Transfer (LET), der ein Maß für die Menge der generierten Ladung darstellt, ist rund um den Faktor 170 kleiner als jener der Goldionen mit 945 MeV.

Das Messsystem
Die 3D Halbleitersimulation hat eine starke Abhängigkeit der SETs von der Position des Einschlags gezeigt. Bei den Messungen ist es daher notwendig die Position des Einschlags genau zu kennen. Darüber hinaus sollen sich die durch die Ionen hervorgerufenen Spannungspulse nicht überlagern. Es muss also gewährleistet sein, dass zur selben Zeit immer nur ein einziges Ion den Chip trifft. Diese Voraussetzungen werden von der Microbeamanlage an der PTB hervorragend erfüllt. Einzelne Ionen können mit einer Genauigkeit von etwa 2 µm bis 3 µm platziert werden.

Die zu untersuchenden Schaltungsknoten können allerdings nicht einfach mit einem Oszilloskop verbunden werden, da die zusätzliche Last des Oszilloskops den Puls verzerren und darüber hinaus die Funktion der Schaltung beeinträchtigen würde. Daher wurden direkt am Chip Pufferverstärker integriert um die internen Schaltungsknoten nur minimal zu belasten. Ihr Ausgang kann direkt mit dem Oszilloskop verbunden werden. Der Chip selbst ist direkt auf einer Hochfrequenz-Platine angebracht um die Pulsformen so wenig wie möglich zu verzerren. Beim Anschluss an das Oszilloskop wurde ebenfalls auf möglichst leistungsfähige und kurze Kabel mit optimalem Wellenwiderstand geachtet.

Abbildung 1: Messaufbau mit gemessenem SET auf dem Oszilloskop

Bei der Messung wurde die Chipoberfläche mit dem Microbeam abgerastert. Sobald am Oszilloskop ein Puls zu sehen war, lieferte dieses ein Triggersignal. Dieses Triggersignal stoppt den Microbeam. Ausgelöst durch dieses Triggersignal werden außerdem die aktuelle Strahlposition und die mit dem Oszilloskop aufgenommen Signale gespeichert. Somit ist es möglich nach der Messung jedem gemessenen Puls den Einschlagsort des Ions mit einer Genauigkeit von etwa 3 µm zuzuordnen. Nach einem Ergebnis wird die Schaltung neu initialisiert und der Microbeam wieder gestartet.

Ergebnisse
In Abbildung 1 sind das Strahlrohr der Microbeamanlage, die Positioniervorrichtung, das HF-PCB und das Oszilloskop mit einem aufgenommen SET zu sehen. In Abbildung 2 sieht man einen vergrößerten Ausschnitt mit dem HF-PCB und dem Strahlrohr. Die Messungen waren trotz ihrer hohen technischen Komplexität äußerst erfolgreich und ergeben eine wichtige und tragfähige Basis für die Modellentwicklung und deren Verifikation.

Abbildung 2: HF-PCB und Strahlrohr

Diese Arbeit wird durch die Austrian Science Foundation (FWF) unter der Projekt Nummer P21694 gefördert.

Ansprechpartner:

Opens window for sending emailU. Giesen(at)ptb.de, Fachbereich 6.5, Arbeitsgruppe 6.54,
Opens window for sending emailM. Hofbauer, K. Schweiger, H. Dietrich, H. Zimmermann, Institute of Electrodynamics, Microwave and Circuit Engineering, TU Wien
Opens window for sending emailU. Schmid, Institute of Computer Engineering, TU Wien