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Bestrahlungsvorrichtung für sup60/supCo-Gammastrahlung

Einleitung

Diese Bestrahlungsvorrichtung für 60Co-Gammastrahlung wurde in der PTB speziell für metrologische Erfordernisse entwickelt und gebaut. Besonderer Wert wurde dabei auf die Stabilität (Reproduzierbarkeit) der Eigenschaften des Strahlungsfeldes gelegt.

Vorrichtung
Die Co-60-Bestrahlungsvorrichtung im Fachbereich 6.2.

Aufgaben der Bestrahlungsvorrichtung

Die Bestrahlungsvorrichtung erzeugt ein 60Co-Strahlungsfeld, das zur Erfüllung folgender Aufgaben benötigt wird:

  • Darstellung der Einheit der Wasser-Energiedosis,
  • Weitergabe der Einheit der Wasser-Energiedosis durch die Kalibrierung von Dosimetern,
  • Durchführung von Bestrahlungen für wissenschaftliche Zwecke und
  • Teilnahme an internationalen Vergleichsmessungen auf höchstem Genauigkeitsniveau.

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Charakteristika der Bestrahlungsvorrichtung

Die wesentlichen Eigenschaften der Bestrahlungsvorrichtung sind:

  • Die Wasser-Energiedosisleistung beträgt in 1 m Abstand von der 60Co-Strahlungsquelle ca. 1,3 Gy/min.
  • Die geometrische Form des Strahlungsfeldes wird durch einen Kollimator (nach ISO 4037) bestimmt, der manuell auswechselbar ist, um bei Bedarf verschiedene Feldgrößen realisieren zu können.
  • Die Zeitdauer vom Einschalten der Strahlung bis zum Erreichen der maximalen Dosisleistung beträgt höchstens 50 ms. Analoges gilt beim Ausschalten der Strahlung.
  • Bei wiederholtem Ein- und Ausschalten der Strahlung ändert sich die (zerfallskorrigierte) Energiedosisleistung am Bezugspunkt um höchstens 0,01%.
  • Das Verhältnis der Dosisleistungen am Messort bei ein- und ausgeschalteter Strahlung beträgt ca. 105.
  • Die 60Co-Strahlung tritt horizontal aus der Bestrahlungsvorrichtung aus, so dass auch bei großen Messabständen das Bestrahlungsobjekt leicht zugänglich ist.
  • Im ausgeschalteten Zustand schirmt die Bestrahlungsvorrichtung die Strahlungsquelle so weit ab, dass die Strahlenschutzanforderungen erfüllt sind.
  • Die Bestrahlungseinrichtung wird elektrisch betrieben; bei Ausfall der Versorgungsspannung wird die austretende Nutzstrahlung automatisch unterbrochen.
  • Die Strahlungsquelle in der Bestrahlungseinrichtung kann einfach ausgewechselt werden.

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Aufbau der Bestrahlungsvorrichtung

Allgemeines

Aus den vorn genannten Aufgaben ergibt sich die Forderung, dass die von der Bestrahlungsvorrichtung erzeugte Dosisleistung bei wiederholtem Ein-/Ausschalten der Strahlung um höchstens 0,01% schwanken darf. Von der PTB durchgeführte Untersuchungen haben ergeben, dass die auf dem Markt erhältlichen 60Co-Bestrahlungsvorrichtungen, die meist für medizinische Anwendungen konzipiert wurden, diese Anforderung nicht erfüllen. Hier treten beim wiederholten Ein-/Ausschalten der Strahlung Schwankungen der Dosisleistung auf, die in der Größenordnung von mehreren 0,1 % liegen.

Die Ursache für diese Variation der Dosisleistung besteht in der Regel darin, dass beim Ein- und Ausschalten der Strahlung die Strahlungsquelle zwischen einer abgeschirmten Ruheposition und der Bestrahlungsposition bewegt wird. Dabei kann es zu leichten Ungenauigkeiten in der Quellenpositionierung kommen, was zu Schwankungen der Dosisleistung (unter Bezugsbedingungen) führt. Darüber hinaus bestehen viele Strahlungsquellen im Inneren aus 60Co-Granulat; beim Bewegen der Quelle kann sich daher deren innere Struktur ändern, was zu einer Änderung der Selbstabsorption in der Quelle und somit ebenfalls zu einer Änderung  der Dosisleistung führt.

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Prinzipieller Aufbau der Bestrahlungsvorrichtung

Um diese Effekte zu vermeiden, ist die 60Co-Strahlungsquelle in der Anlage fixiert und wird - außer bei einem evtl. notwendigen Quellenwechsel - nicht bewegt.

Das Ein- und Ausschalten der Strahlung erfolgt mit einem beweglichen Verschluss aus Schwermetall, der den Strahlaustritt freigibt bzw. verdeckt. Damit beim Einschalten der Strahlung die maximale Dosisleistung sehr rasch erreicht wird (höchstens 50 ms nach dem Einschalten) und der zeitliche Verlauf der Dosisleistung von Null auf den Maximalwert sehr reproduzierbar ist, muss der Verschluss sehr rasch und präzise bewegt werden. Da der Verschluss andererseits eine hohe Masse haben muss - die für eine ausreichende Abschirmung erforderlich ist - ist diese präzise Bewegung schwierig zu realisieren. Der Verschluss wurde daher zweiteilig gestaltet, wobei der "innere" und der "äußere" Teil unabhängig voneinander bewegt werden können.

Die Form und Größe des Strahlungsfeldes werden durch einen Kollimator bestimmt, der in den äußeren Verschluss integriert ist und beim Öffnen des Verschlusses automatisch in die korrekte Position für Bestrahlungen gebracht wird.

Oben Elektromotor, darunter innerer Verschluss, darunter Kollimator, links vom Kollimator äußerer Verschluss. Unten Druckluftzylinder. Links außen Schacht zum Einbringen der Strahlungsquelle.
Prinzipieller Aufbau der Co-60-Bestrahlungsvorrichtung (schematisch, ohne die Bleiziegel zur Abschirmung der Strahlungsquelle).

Der innere Verschluss

Der innere Verschluss befindet sich unmittelbar vor der 60Co-Strahlungsquelle. Er hat eine Dicke (in Strahlrichtung) von 15 cm und besteht aus einer Wolfram-Kupfer-Legierung. Sein Schwächungsfaktor für 60Co-Strahlung beträgt etwa 105. Der innere Verschluss bewegt sich in vertikaler Richtung und wird über einen Excenter durch einen Elektromotor angetrieben.

Der innere Verschluss dient dem eigentlichen Ein- und Ausschalten der Nutzstrahlung bei einer Bestrahlung. Die Zeitspanne, die der innere Verschluss benötigt, um die Strahlungsquelle vollständig freizugeben bzw. zu verdecken ist kleiner als 50 ms, wobei diese rasche Bewegung mit hoher Reproduzierbarkeit erfolgt (vgl. "dynamische" Eigenschaften des Strahlungsfeldes). Dies ist notwendig, um bei Bestrahlungen den Dosisanteil, der bereits bei teilweise freigegebener Strahlungsquelle erzeugt wird, berücksichtigen zu können.

Ein Film, der die Bewegung des inneren Verschlusses im Zusammenspiel mit dem Excenter zeigt, findet sich Initiates file downloadhier (ca. 8 MB).

Der innere Verschluss ist so konstruiert, dass er bei Ausfall der Netzspannung selbsttätig schließt (infolge seiner Gewichtskraft). Durch den inneren Verschluss wird die Strahlung so weit geschwächt, dass - bei geschlossenem inneren Verschluss - der Bereich um die Bestrahlungsvorrichtung Kontrollbereich ist.

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Der äußere Verschluss

Der äußere Verschluss schwächt (zusätzlich zum inneren Verschluss) die Dosisleistung weiter ab, wenn Arbeiten im Bestrahlungsraum notwendig sind (z.B. Aufbau von Experimenten, Justieren von Ionisationskammern im Phantom usw.). Er hat eine Dicke von 21 cm (in Strahlrichtung) und besteht aus Blei. Sein Schwächungsfaktor für 60Co-Strahlung beträgt ca. 105. Der äußere Verschluss bewegt sich in horizontaler Richtung und wird durch einen Druckluftzylinder angetrieben. Das vollständige Öffnen oder Schließen des äußeren Verschlusses dauert ca. 3 s.

Vor Beginn einer Bestrahlung wird - wenn alle Personen den Bestrahlungsraum verlassen haben - zunächst der äußere Verschluss geöffnet; die eigentliche Bestrahlung beginnt und endet dann mit dem Öffnen bzw. Schließen des inneren Verschluss.

In den äußeren Verschluss integriert ist der Kollimator, der beim Öffnen des Verschlusses automatisch in die korrekte Position für Bestrahlungen gebracht wird.

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Der Kollimator

Der Kollimator bestimmt die Form des Strahlungsfeldes. Seine Bauform entspricht der in ISO 4037-1 beschriebenen; er besteht aus insgesamt 7 Blenden aus einer Wolfram-Kupfer-Legierung und hat eine Gesamtlänge von 21,3 cm.

Der Standard-Kollimator der Bestrahlungsvorrichtung erzeugt ein quadratisches Strahlungsfeld, dessen Feldgröße in 100 cm Abstand von der Strahlungsquelle 10 cm × 10 cm beträgt. Um bei Bedarf auch andere Geometrien oder Feldgrößen des Strahlungsfeldes realisieren zu können, kann der Kollimator bei geschlossenem äußeren Verschluss (manuell) ausgewechselt werden.

Der Abstand zwischen den Blenden beträgt jeweils 2 cm. Sechs der Blenden sind 1,5 cm dick, die äußerste Blende 0,3 cm.
Schematische Darstellung eines Kollimators nach ISO 4037-1.

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Die Abschirmung der Strahlungsquelle

Die Bestrahlungsvorrichtung dient gleichzeitig als Aufbewahrungs- und Abschirmbehälter für die 60Co-Strahlungsquelle. Das Gehäuse der Bestrahlungsvorrichtung ist lückenlos mit Bleiziegeln gefüllt, so dass die Strahlungsquelle in allen Richtungen von mindestens 32 cm Blei umgeben ist (wenn beide Verschlüsse geschlossen sind). Es ist gewährleistet, dass die Dosisleistung überall an der Außenseite der Bestrahlungsvorrichtung kleiner als 3 µSv/h ist.

Eigenschaften des Strahlungsfeldes

Die geometrischen Eigenschaften des Strahlungsfeldes, wie z.B. die Form oder die Feldgröße, werden durch den Kollimator bestimmt. Dieser ist in den äußeren Verschluss integriert und kann bei Bedarf ausgewechselt werden, so dass verschiedene Geometrien des Strahlungsfeldes oder unterschiedliche Feldgrößen realisiert werden können.

Die "dynamischen" Eigenschaften des Strahlungsfeldes, wie z.B. der zeitliche Verlauf der Dosis beim Ein- und Ausschalten der Nutzstrahlung, werden durch den inneren Verschluss bestimmt.

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Geometrische Eigenschaften

An der Bestrahlungsvorrichtung werden häufig Dosimeter als Sekundärnormale für die Strahlentherapie kalibriert. Entsprechend internationalen und nationalen Normen (z.B. DIN 6800-2) beträgt die Bezugs-Feldgröße für die Kalibrierung 10 cm × 10 cm. Der Standard-Kollimator erzeugt deshalb ein Strahlungsfeld, dessen Feldgröße im Abstand 100 cm von der Strahlungsquelle 10 cm × 10 cm beträgt. Die Feldgröße wird dabei durch den Verlauf der 50%-Isdodosenlinien bestimmt.

Die folgenden Abbildungen zeigen die mit dem Standard-Kollimator erzeugte relative Dosisverteilung in einer Ebene senkrecht zur Strahlachse im Abstand 100 cm von der Strahlungsquelle im Wasserphantom (Quell-Oberflächenabstand: 95 cm, Tiefe im Phantom: 5 cm).

Diagramm mit drei Achsen. Darin eingezeichnet die relative Dosisverteilung im Wasserphantom.
Relative Dosisverteilung im Wasserphantom in einer Tiefe von 5 cm bei einem Quell-Oberflächenabstand von 95 cm.
Diagramm mit zwei Achsen (X und Y-Position). Eingezeichnet ist die relative Dosisverteilung im Wasserphantom.)
Relative Dosisverteilung im Wasserphantom in einer Tiefe von 5 cm bei einem Quell-Oberflächenabstand von 95 cm. Eingezeichnet sind einige Isodosenlinien.

 

Die Abbildungen zeigen, dass die Forderung der Norm hinsichtlich der Feldgröße erfüllt ist. Das Strahlungsfeld verfügt darüber hinaus über eine gute Symmetrie und besitzt ein ausgeprägtes Plateau.

Neben dieser Dosisverteilung in einer Ebene senkrecht zur Strahlachse ist für eine umfassende Charakterisierung des Strahlungsfeldes auch die Kenntnis der Tiefendosisverteilung von Interesse. Die folgenden Abbildungen zeigen die Dosisverteilung in der horizontalen Ebene im Phantom, die die Strahlachse enthält.

Diagramm mit drei Achsen: X-Koordinate, relative Dosis und Tiefe im Phantom.
Relative Tiefendosisverteilung im Wasserphantom in der horizontalen Ebene, die die Strahlachse enthält. Der Quell-Oberflächenabstand beträgt 95 cm.
Diagramm mit zwei Achsen: X-Koordinate und Tiefe im Phantom.
Relative Tiefendosisverteilung im Wasserphantom in der horizontalen Ebene, die die Strahlachse enthält. Der Quell-Oberflächenabstand beträgt 95 cm.

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"Dynamische" Eigenschaften

Unter den "dynamischen" Eigenschaften des Strahlungsfeldes soll hier der zeitliche Verlauf der Dosis beim Ein- und Ausschalten der Strahlung oder die Variation der (maximalen) Dosisleistung nach wiederholtem Ein-/Ausschalten verstanden werden.

Beim Einschalten der Nutzstrahlung, das durch Öffnen des inneren Verschlusses erfolgt, steht nicht sofort die maximale Dosisleistung zur Verfügung. Stattdessen wächst die Dosisleistung in dem Maße auf ihren Maximalwert an, wie der innere Verschluss die Strahlungsquelle freigibt.

Die folgende Abbildung zeigt die relative Änderung der Dosisleistung in Abhängigkeit vom Drehwinkel des Motors, der den inneren Verschluss bewegt. Die Messungen erfolgten quasistatisch, indem für jeden Messpunkt ein bestimmter (fester) Drehwinkel des Motors eingestellt und die zugehörige Dosisleistung gemessen wurde.

 

 

 

Auf der X-Achse der Drehwinkel des Motors in Grad und die Zeit in Millisekunden. Auf der Y-Achse die normierte Dosisleistung.
Verlauf der Dosisleistung beim Öffnen des inneren Verschlusses in Abhängigkeit vom Drehwinkel des Motors. Der Drehwinkel kann in eine äquivalente Zeit umgerechnet werden (obere Achse). Die beiden Messungen erfolgten zu unterschiedlichen Zeitpunkten mit verschiedenen Ionisationskammern.

Der Drehwinkel kann - bei Kenntnis der Winkelgeschwindigkeit des Motors - in eine äquivalente Zeit umgerechnet werden (obere Achse in der Abbildung), wodurch sich die Änderung der Dosisleistung mit der Zeit beim Öffnen des inneren Verschlusses ergibt.

Die Zeitdauer vom Beginn des Einschaltens der Nutzstrahlung bis zum Erreichen der maximalen Dosisleistung beträgt höchstens 50 ms. Wie die Abbildung zeigt, erfolgt das Anwachsen der Dosisleistung während des Einschaltens sehr reproduzierbar. Die während des Einschaltvorganges erzeugte Dosis kann daher bei Bestrahlungen sehr genau berücksichtigt werden. Das Gleiche gilt während des Ausschaltvorganges.

Von Interesse bei der Charakterisierung des Strahlungsfeldes ist weiterhin, ob sich die maximale Dosisleistung durch die Bewegung des inneren Verschlusses beim Ein- und Ausschalten der Nutzstrahlung ändert. Die Bestrahlungsvorrichtung wurde mit dem Ziel konstruiert, diesen Effekt möglichst zu minimieren.

Messungen mit einer Ionisationskammer zeigen, dass sich die maximale Dosisleistung bei einer Bewegung des inneren Verschlusses nicht ändert. Wie die folgende Abbildung zeigt, streuen die gemessenen Werte der Dosisleistung um höchstens ±0,02 % unabhängig davon, ob der innere Verschluss vor jeder Messsung geschlossen und geöffnet wird oder ob er ständig geöffnet bleibt. Da die Streuung der Werte auch beobachtet wurde, wenn der Verschluss nicht bewegt wird, muss man annehmen, dass es sich hierbei im Wesentlichen um das Rauschen des verwendeten Dosimeters handelt. Eine eventuelle Änderung der Dosisleistung in Folge einer Bewegung des Verschlusses kann daher nur viel kleiner sein als die hier beobachtete Streuung (und ist daher hier nicht messbar).

Die X-Achse zeigt die Zeit, die Y-Achse die relative Anweichung der Dosisleistung vom Mittelwert.
Relative Schwankung der Messwerte bei wiederholter Messung der Dosisleistung. Es wurden sowohl Messungen bei ständig geöffnetem inneren Verschluss als auch bei Bewegung des inneren Verschlusses durchgeführt.

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