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Messreihen von Radionukliden in der bodennahen Luft in Braunschweig

Historie

Ins Bewusstsein der breiten Öffentlichkeit gelangte die "Radioaktivität in der Luft" erstmals nach den Kernwaffenexplosionen über Hiroshima und Nagasaki. In der Folgezeit stiegen die Aktivitätskonzentrationen künstlicher Radionuklide in der bodennahen Luft wegen des damaligen Wettrüstens der Atomwaffenstaaten stetig an. In Deutschland wurden frische Spaltprodukte erstmalig 1953 auf dem Berg "Schauinsland" bei Freiburg im Breisgau vom damaligen Institut für Atmosphärische Radioaktivität des Bundesamtes für Zivilschutz, das heute ein Teil des  Bundesamtes für Strahlenschutz ist, nachgewiesen. 1955 wurde der Deutsche Wetterdienst gesetzlich beauftragt, regelmäßig die Radioaktivität in Luft und Niederschlag an den Stationen seines meteorologischen Messnetzes zu messen.

Die PTB begann 1963 mit regelmäßigen Messungen der Radioaktivität in der bodennahen Luft. Die Messungen wurden lange im Rahmen von Forschungsprojekten, die zum Vergleich der Aktivitätskonzentrationen in Norddeutschland und Skandinavien dienten, durchgeführt. In Deutschland wurden schon zu Beginn der Messungen des Waffen-Fallouts die aus der Kontamination der Luft resultierenden Kontaminationen der übrigen Umwelt und der menschlichen Nahrungskette von vielen Bundesbehörden (den heutigen Leitstellen), Landesbehörden, Universitäten und Forschungsinstituten gemessen. Nach dem Reaktor‑Unfall in Tschernobyl 1986 wurden die Messungen der Umweltradioaktivität neu organisiert, und die bis damals unterschiedlichen Ansätze für Mess- und Auswerteverfahren wurden harmonisiert, was die Vergleichbarkeit der erhaltenen Messergebnisse deutlich verbessert. Damals wurde die Messstation der PTB in Braunschweig als eine der 14 deutschen Spurenmessstellen im neu geschaffenen IMIS integriert.

Seither werden die Spurenmessungen im Rahmen des IMIS mit dem Ziel durchgeführt, die derzeit vorhandenen Aktivitätskonzentrationen zu beobachten und deren Trends zu erkennen. Diese Routine-Aufgabe fällt jedoch eher in den Bereich der allgemeinen Umweltbeobachtung oder in den Bereich der Radioökologie. Unter Strahlenschutzvorsorge im engeren Sinn fallen die beiden weiteren Messziele

  • eine "mögliche Vorwarnzeit" für vorbereitende Maßnahmen in Fällen zu erreichen, in denen mit Hilfe von Spuren charakteristischer künstlicher Radionuklide eine heranziehende stärker kontaminierte Wolke sehr früh erkannt wird, und
  • Messwerte vorzuhalten, um die "Nullpegel-Feststellung" durchzuführen, die im Fall einer frischen Kontamination für die Abschätzung deren Folgen erforderlich ist.
Deutschlandkarte mit eingezeichneten IMIS- und EU-Spurenmessstellen

Seit 2001 betreibt die Europäischen Union ein EU‑weites "ausgedünntes Messnetz" (englisch "sparse network") für empfindliche Radionuklidmessungen in der Umwelt. Dafür werden Messwerte von wenigen ausgewählten, für die jeweiligen Regionen der Mitgliedstaaten "repräsentativen" Messstationen aus den nationalen Messnetzen für die EU‑Berichte zur Umweltradioaktivität genutzt. Eine der vier Spurenmessstellen zur Luftüberwachung in Deutschland ist für die "Region Nord" die Station der PTB in Braunschweig.

Nach der Verabschiedung des "Umfassenden Atomwaffen Teststopp‑Abkommens" (englisch "Comprehensive Nuclear‑Test‑Ban Treaty", CTBT) in der UNO‑Generalversammlung am 10. September 1996 wurde ein weltweites Messnetz aufgebaut, um die Einhaltung dieses Vertrages zu überprüfen. Dieses Netz wird von der in Wien ansässigen Organisation (der "Comprehensive Nuclear-Test‑Ban Treaty Organization", CTBTO betrieben und stützt sich auf weltweit verteilte Messstationen für Seismik, Infraschall, Hydroakustik und auch künstliche Radionuklide in Luft. Die deutschen Beiträge zu diesem Messnetz sind auf der Homepage des BfS unter "Messstation Schauinsland" und der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) beschrieben.

Radioökologie und Messergebnisse

Welche Radionuklide in der bodennahen Luft vorkommen und welch ein großer Bereich von Aktivitätskonzentrationen beobachtet wird, zeigt die Grafik "Radionuklide in der bodennahen Luft".

Man beachte, dass hier für die mittlere Aktivitätskonzentration die Einheit "Bq/m3" gewählt wurde. Die bei der Spurenmessung übliche Einheit, ist jedoch das "Mikro-Bequerel" pro Kubikmeter (µBq/m3) weshalb diese Einheit bei den Darstellungen der Langzeit-Messreihen bevorzugt wird. Zur Veranschaulichung: Die Vorsilbe "mikro" bedeutet "Millionstel", das heißt wenn die aktuelle Aktivitätskonzentration eines Radionuklids 1 µBq/m3 beträgt, so zerfällt in einem Kubikmeter Luft im Mittel nur ein Atom pro 1 Million Sekunden (was etwa 11,5 Tagen entspricht).

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Kurzzeit-Messreihen

Wird in einer Luftstaubprobe eine erhöhte Aktivitätskonzentration von 137Cs gemessen, so stellt sich die Frage, ob es sich um einen Eintrag von "frischem" 137Cs handelt, oder ob die Erhöhung durch eine Variation der "alten" Kontamination beobachtet wurde. Deshalb vergleichen wir die mittleren wöchentlichen Aktivitätskonzentrationen des 137Cs mit der des 40K. Dazu berechtigt, dass sich die Alkalielemente sehr ähnlich verhalten, weil sie entweder stark an die Luftstaubpartikel gebunden oder in ihnen enthalten sind.

Durch Beobachtung des Aktivitätsverhältnisses A(137Cs)/A(40K) in den wöchentlichen Luftstaubaschen und Vergleich der Werte mit den bei der Probenentnahme herrschenden Wind- und Wetterbedingungen lassen sich Rückschlüsse ziehen, ob das gemessene 137Cs eher aus örtlichem Staub stammt oder zum Beispiel mit Staub herangetragen wurde, der aus den durch den Tschernobyl-Unfall höher kontaminierten Gegenden in Osteuropa stammt. Ein derartiger Eintrag sollte zu einer Erhöhung des Aktivitätsverhältnisses führen. Auf der anderen Seite sollte es möglich sein Einträge von 40K zu erkennen, die durch das Ausbringen von Düngemitteln auf die benachbarten Felder hervorgerufen werden oder aus sonstigen Quellen stammen.

Wiederholte Beobachtungen zeigen wie erwartet zunächst qualitativ, dass typische Werte des Aktivitätsverhältnisses A(137Cs)/A(40K) unterschiedlichen Quellen zugeordnet werden können. Zur Feststellung des örtlich vorliegenden Aktivitätsverhältnisses, wurde im Sommer 2002 eine γ-spektrometrische Messung an der < 0,2 mm Siebfraktion des Ackerbodens der benachbarten Felder durchgeführt. Das Ergebnis war damals bei 0,029 ± 0,001. Wegen des radioaktiven Zerfalls des Cs-137 ist de Wert derzeit etwa 4 % niedriger. In Zeiten mit nur schwachem Wind, der Luftstaub nur über kurze Entfernungen transportiert, liegt das im Luftstaub messbare Aktivitätsverhältnis im Bereich von 0,03 bis 0,05. Dieser Wert steigt auf ca. 0,1 bis 0,25, wenn stärkerer Ostwind bei trockenen Wetterlagen herrscht. Das Maximum, das bei dieser Wetterlage seit 1998 beobachtet wurde, trat 2003 in der Woche 38 auf und betrug 0,41. Die größten jährlichen Abweichungen in die andere Richtung wurden seit 1998 meistens in den Silvesterwochen beobachtet. Das Verhältnis sinkt dann auf Werte bis zu 0,001, weil zusätzlich 40K aus den im Silvesterfeuerwerk enthaltenen Oxidationsmitteln (zum Beispiel KClO4) eingetragen wird. Der im Initiates file downloadDiagramm (gezeigte Höchstwert wurde in der Probe aus der Silvesterwoche 2003/2004 gemessen.

In der Vegetationsperiode können auch Beiträge aus Düngemitteln zur 40K‑Aktivitätskonzentration beitragen. Generell gilt, dass bei Probenentnahmen von einer Woche nur wechselnde Windrichtung herrschten, so dass eine eindeutige Zuordnung von Einträgen zu einer einzigen Quelle nicht möglich ist, weil mehrere mögliche Quellen gleichzeitig beigetragen haben können.

Die jahreszeitliche Schwankung der Aktivitätskonzentrationen von 40K und 137Cs zeigt das Diagramm Initiates file download2003. Die wahrscheinlichsten Quellen sind in den Feldern angegeben.

Der Vergleich des Aktivitätsverhältnisses A(137Cs)/A(40K) in den Wochen 3 und 8 des Jahres Initiates file download2003 zeigt, wie sich unterschiedliche Windverhältnisse auswirken. Dargestellt sind die Stundenmittelwerte der Windrichtung, gemessen vom DWD, Zentrum für Agrarmeteorologische Forschung Braunschweig (ZAMF). Die Himmelsrichtungen sind in Grad angegeben: Nord = 360° (bzw. 0°), Ost = 90°, Süd = 180° und West = 270°. Die Windrichtung allein sagt jedoch nur wenig über den vorher zurückgelegten Weg der Luftmassen aus und damit über die Herkunft der Radionuklide aus. Diese können nur mit meteorologischen Ausbreitungsrechnungen oder Trajektorienrechnungen genauer ermittelt werden, die der DWD im Zentralamt in Offenbach durchführt.

Das Beispiel zeigt in der Initiates file download3. Woche eine typische Westwindlage mit einem vernachlässigbar kleinen Ostwindanteil von ca. 6 %. Dieser beträgt in der Initiates file download8. Woche ca. 51 %, wobei der Wind größtenteils aus dem Nordostsektor kam.

Bitte beachten Sie:
Normalerweise wird das Diagramm aktualisiert, sobald die Auswertung des γ-Spektrums abgeschlossen ist. Die üblichen Messzeiten liegen bei etwa einer Woche, damit das in den Initiates file downloadLangzeit-Messreihen gezeigte Radionuklid 22Na bestimmt werden kann. Daher können die Messergebnisse der γ-strahlenden Radionuklide frühestens ca. 1,5 Wochen nach dem Ende der Probenahme ergänzt werden.

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Langzeit-Messreihen

Allgemein sanken nach der Inkraftsetzung des Atomwaffen-Teststopp-Abkommens von 1963 die Aktivitätskonzentrationen Initiates file downloadkünstlicher Radionuklide in der bodennahen Luft. Da jedoch nicht alle Kernwaffenstaaten das Abkommen unterzeichnet haben, fanden noch bis 1980 Kernwaffentests in der freien Atmosphäre statt, in deren Folge frische Spaltprodukte bis in die Stratosphäre aufstiegen. Von dort gelangten sie im späten Frühjahr/Sommeranfang verstärkt zur Erdoberfläche zurück, weil sich zu dieser Jahreszeit wegen der Erwärmung der Atmosphäre ein stärkerer vertikaler Luftaustausch einstellt. Dies ist in dem Initiates file downloadDiagramm "7Be und 137Cs in der Bodennahen Luft in Braunschweig seit 1963" der Langzeit-Messreihen des Spaltproduktes 137Cs und des durch die kosmische Höhenstrahlung gebildeten 7Be bis zum Jahr 1986 deutlich erkennbar.

Durch den Unfall im Kernkraftwerk Tschernobyl im April jenes Jahres wurde jedoch soviel 137Cs eingetragen, dass der Effekt nicht länger zu beobachten ist. In der Luft befindet sich heute überwiegend 137Cs, das vom Boden aufgewirbelt (fachlich "resuspendiert") wurde, so dass ein möglicher Effekt durch noch immer aus der Stratosphäre ausfallenden Spuren-Anteile des Waffen-Fallouts nicht mehr messbar ist.

Nach dem durch ein Erdbeben und einem nachfolgenden Tsunami im März 2011 ausgelösten Reaktorunfall im japanischen Fukushima wurden in der PTB tägliche Messungen durchgeführt. Nach dem Abklingen der Kontamination auf Werte unter der bei täglichen Messungen erreichbaren Nachweisgrenze wurden die Zeiträume auf zwei oder drei Tage ausgedehnt. Die Ergebnisse zeigen, dass die höchsten Initiates file downloadtäglichen Werte der Luftkontamination mit 131I beim Durchzug der beiden ersten "Wolken" in der Höhe der Aktivitätskonzentration des natürlichen Radionuklids 7Be lagen und schnell abklangen. Der Einfluss des in Fukushima freigesetzten 137Cs ist in der Darstellung der Monatsmittelwerte in der Initiates file downloadLangzeitmessreihe von Braunschweig deutlich sichtbar, liegt jedoch etwa bei einem Tausendstel bis einigen Zehntausendstel der nach dem Unfall von Tschernobyl gemessenen Spitzenwerte. Eine Übersicht über die in Europa nach dem Unfall von Fukushima gemessene Kontamination der Luft findet sich in der Literatur.

Die in der PTB vorliegenden Langzeit-Messreihen der natürlich radioaktiven Nuklide, die immer in der bodennahen Luft enthalten sind, beginnen zu unterschiedlichen Zeitpunkten. Die Hauptgründe dafür sind einerseits die geringen Aktivitätskonzentrationen einiger Radionuklide und zum anderen analytische und messtechnische Verbesserungen, die erst nach und nach erzielt werden konnten. Eine wesentliche Verbesserung war beispielsweise die Entwicklung der hochauflösenden Gammaspektrometrie mit Germanium-Spektrometern. Durch sie wurde es möglich, viele Gammastrahlen emittierende Radionuklide direkt in der Probe zu messen, ohne sie vor der Messung einer radiochemischen Analyse unterziehen zu müssen, bei der Aktivitätsverluste meist unvermeidlich sind.

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Natürlich radioaktive Nuklide

Die Kurven der beiden durch die Wechselwirkung der kosmischen Höhenstrahlung mit den Atomen der Lufthülle gebildeten (="kosmogenen") Radionuklide 7Be und 22Na zeigen in einem etwa gleich bleibenden Bereich einen deutlichen Jahresgang. Das Maximum liegt im späten Frühling oder Sommeranfang und das Minimum im Winter, weil die Durchlässigkeit der Tropopause jahreszeitlich verschiedenen ist. Eine länger-periodische Änderung wird der Kurve durch den etwa elfjährigen Sonnenflecken-Zyklus aufgeprägt, weil bei hoher Sonnenaktivität der kosmische Teilchenfluss in der Umgebung der Erde abnimmt, wodurch auch die Entstehungsraten von 7Be und 22Na kleiner werden.

210Pb ist eines der natürlichen Radionuklide aus der radioaktiven Zerfallsreihe des Urans. Es ist als Folgeprodukt des 238U in den mineralischen Anteilen des Luftstaubs enthalten. Zudem entsteht es als Zwischenglied in der Zerfallsreihe auch aus dem immer in der bodennahen Luft enthaltenen natürlich radioaktiven Radon (222Rn), das vorher in der Zerfallsreihe auftritt. Chemisch betrachtet ist Radon ein Edelgas, das wegen seiner Reaktionsträgheit nur wenige chemische Verbindungen eingeht und deshalb als elementares, einatomiges Gas leicht aus dem Erdboden, aber auch aus mineralischen Baumaterialien in die Luft gelangt. Beim radioaktiven Zerfall des 222Rn entstehen jedoch wieder chemisch reaktive Atome der Schwermetalle Polonium, Wismut und Blei, die sich praktisch sofort an irgendein vorhandenes Luftstaubteilchen anlagern. Von diesem Moment an werden sie von den Staubteilchen, den festen Aerosolen "getragen". Man spricht fachlich deswegen auch von "luftgetragener Radioaktivität" oder von "aerosol-gebundenen Radionukliden". Deshalb ist die Aktivitätskonzentration des 210Pb stark von der Staubkonzentration der Luft abhängig. Sie liegt in einem etwa gleich bleibenden Bereich. Kurzfristig kann sie sich jedoch sehr stark ändern, wenn sich die Wind- und Wetterverhältnisse ändern (zum Beispiel bei einsetzendem Regen oder Schneefall, bei Frost, bei einer Schneebedeckung des Bodens oder bei trocken-windigen Wetterlagen). Aber auch menschliche Aktivitäten, die eine Staubentwicklung hervorrufen wie zum Beispiel der Straßenverkehr oder die landwirtschaftliche Bodenbearbeitung haben einen messbaren Einfluss auf die Aktivitätskonzentration des 210Pb in der bodennahen Luft.

Ähnlich wie 210Pb ist auch das 40K immer im Luftstaub enthalten. Wie 238U oder 232Th ist 40K ein "primordiales Radionuklid", das seit seiner gemeinsamen Entstehung mit den übrigen chemischen Elementen vor etwa 4 bis 5 Milliarden Jahren noch nicht zerfallen ist. Seine Halbwertszeit beträgt ca. 1,3 Milliarden Jahre. 40K ist als Alkalimetall praktisch überall in der unbelebten und belebten Natur vorhanden.

Der Mensch enthält eine spezifische Aktivität von etwa 50 Bq 40K pro Kilogramm seines Körpergewichtes. Dieser Mittelwert multipliziert mit dem Körpergewicht des Lesers ergibt folglich die Zahl der in jeder Sekunde im Körper des Lesers zerfallenden Anzahl von 40K-Atomen. An dieser Stelle bietet sich es geradezu an, diese Aktivität mit den Aktivitätskonzentrationen der natürlichen Radionuklide in der bodennahen Luft zu vergleichen. Zum Einen wird deutlich, wie empfindlich sich Radionuklide in der Luft messen lassen, und zum Anderen, mit welchen körpereigenen Aktivitäten die Menschen schon leben, solange es die Menschheit bereits gibt.

In der gezeigten Langzeit-Messreihe ist erkennbar, dass die mittlere monatliche Aktivitätskonzentration des 40K seit dem Ende der 1980er Jahre abnimmt, was durch die allgemeinen Anstrengungen zur Luftreinhaltung und durch die Modernisierung von Industrieanlagen und Heizanlagen erklärbar ist.

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Künstliche radioaktive Nuklide

Bitte beachten Sie:
Normalerweise wird das Diagramm aktualisiert, sobald das Ergebnis der γ-spektrometrischen Messung der letzten Wochenprobe vorliegt. Die Routineverfahren zur radiochemischen Abtrennung und Reinigung der α-Strahlen oder β-Strahlen emittierenden Radionuklide werden jedoch seit Januar 2007 nicht mehr an Quartals- sondern an Monatsproben durchgeführt und sind sehr zeitaufwändig. Zudem sind, zum Beispiel zur Bestimmung von 238Pu, bei der anschließenden Messung Messzeiten von bis zu sechs Wochen pro Probe erforderlich. Daher können die aktuellen Messergebnisse des Umwelt-Monitorings von Strontium-, Uran- und Plutonium-Isotopen nur mit der entsprechenden Verzögerung in diesem Diagramm nachgetragen werden.

Das Initiates file downloadDiagramm zeigt die Langzeit-Messreihen derjenigen künstlichen Radionuklide, die in Braunschweig im Rahmen des Integrierten Mess- und Informationssystems IMIS regelmäßig gemessen werden. Die Messergebnisse aus der Zeit vor 1987 stammen aus Arbeiten, die im Rahmen von Forschungsprojekten durchgeführt wurden, die in einem PTB-Bericht von 1992 zusammen gefasst sind.

85Kr und 133Xe
Für die Bestimmung dieser beiden radioaktiven Edelgase führt die PTB wöchentlich die Probenentnahme durch und sendet die vorgereinigten Edelgasproben zum Bundesamt für Strahlenschutz nach Freiburg. Dort werden die Proben weiter gereinigt, Krypton und Xenon werden gaschromatographisch getrennt und schließlich radiometrisch gemessen. Die in der Kurve gezeigten Messwerte für 133Xe liegen in der Größe der erreichbaren Nachweisgrenzen von wenigen Milli-Bequerel pro Kubikmeter (mBq/m3). Wegen seiner kurzen Halbwertszeit von 5,3 Tagen ist 133Xe ein Indikator für eine Freisetzung aus einer Quelle, in der eine Kernspaltung abläuft oder bis kurz vor der Freisetzung abgelaufen ist.

85Kr ist ein Radionuklid, das sowohl in der Natur entsteht als auch durch menschliche Aktivitäten gebildet wird. Es entsteht auf natürliche Weise aus der kosmischen Höhenstrahlung sowie aus der Spontanspaltung des Urans. Künstlich entsteht es durch Kernspaltung in Atomwaffen oder Kernreaktoren. Es ist das einzige derzeit regelmäßig messbare künstliche Radionuklid, dessen Aktivitätskonzentration in der Luft nicht abnahm, sondern wegen seiner Freisetzung bei der Wiederaufbereitung abgebrannter Kernbrennstoffe langsam anstieg. Die Halbwertzeit des 85Kr beträgt 10,6 Jahre. Seine Freisetzungsrate übersteigt seine Zerfallsrate aus dem radioaktiven Zerfall, so dass in Deutschland ein jährlicher Anstieg von ca. 30 mBq/m3 beobachtet wurde, der dem globalen Trend entsprach. Im Zeitraum zwischen ca. 2002 und 2004 hat sich anscheinend wieder ein stabiler Pegel eingestellt.

Die Beiträge der in der Luft enthaltenen radioaktiven Edelgase 85Kr und 133Xe zur Ortsdosisleistung liegen in ihrer Summe unter 30 Nano-Sievert pro Jahr (nSv/a). Das ist im Vergleich zur mittleren jährlichen Strahlenbelastung, der eine Person aus der allgemeinen Bevölkerung ausgesetzt ist, vernachlässigbar. In der gleichen Einheit ausgedrückt beträgt die mittlere jährliche Strahlenbelastung etwa 4100 nSv/a. Diese Beispielzahlen sind dem Bericht "Umweltradioaktivität in der Bundesrepublik Deutschland 2014" entnommen und ändern sich von Jahr zu Jahr nur unwesentlich.

90Sr, 137Cs und Pu-Isotope
Diese künstlichen Radionuklide stammen im Wesentlichen aus zwei Quellen. In der Zeit vor 1986 wurden 90Sr, 137Cs und (239+240)Pu (neben wenigen Prozent 238Pu) durch die in der Atmosphäre durchgeführten Kernwaffenversuche freigesetzt. Weitere, vergleichsweise geringe Mengen 238Pu stammen aus Abstürzen von Satelliten. Wenn der Satellit eine 238Pu-Isotopenbatterie zur Stromversorgung an Bord hatte, wurde diese ebenfalls zerstört.

Durch die Angabe (239+240)Pu wird kenntlich gemacht, dass es sich bei der gemessenen Aktivität um eine Mischung der beiden Pu-Isotope 239Pu und 240Pu handelt. Mit der gängigsten Messmethode, der Alphaspektrometrie, lasen sich beide Isotope nur schwer oder gar nicht unterscheiden. Die Energien ihrer Alphastrahlung sind zu ähnlich. Als Folge sieht man im Alphaspektrum nur die Summe beider Aktivitäten. Moderne Programme für die Auswertung von Alphaspektren können die Aktivitäten inzwischen rechnerisch trennen, jedoch ist es dafür erforderlich, dass die Energieauflösung des Detektors ausreichend ist, und dass die Aktivitäten beider Isotope auf dem Messpräparat hinreichend groß sind. Letzteres ist bei Umweltproben meistens jedoch nicht so. Moderne massen-spektrometrische Verfahren erlauben die getrennte Bestimmung heute, sie ist jedoch noch immer relativ aufwändig und teuer, so dass sie nur an wenigen Instituten als Routinemethode im Einsatz ist.

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