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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Neuartiger piezoresistiver Mikrokraftsensor für die Kalibrierung von Tastschnittgeräten

01.12.2012


In Mikrosystemen werden zunehmend neue Materialien, z. B. Polymere, eingesetzt, die sich beim dimensio­nellen Messen „nicht kooperativ“ verhalten. Bei Tastschnittmessungen an weichen Materialien, wie. z. B. Polymerstrukturen auf harten Substraten, sind aufgrund der unterschiedlichen mechanischen Eigenschaften der Materialien antastkraftabhängige Deformationen die Hauptursache für Messabweichungen. Insofern ist eine genaue Kenntnis der Antastkräfte erforderlich. Die vorhandenen Kalibriernormale für Antastkräfte haben allerdings zwei wesentliche Nachteile. Bei den Silicium-Biegebalken Kraftnormalen [1] stört die starke Abhängigkeit der Biegesteifigkeit vom Ort der Krafteinleitung. Dieser Nachteil ist in den beidseitig eingespannten Siliciumbalken [2] zwar stark reduziert, dafür weisen diese Normale eine recht starke Nichtlinearität der Kraft-Auslenkungskurve auf.
In der PTB wurden im Rahmen des BMWi-geförderten MNPQ-Vorhabens „Transfer neuartiger Mikro- und Nanokraftsensoren sowie notwendiger modularer Messtechnik zur elektrischen und mechanischen Charakterisierung“ neuartige Nanokraftsensoren zur Kalibrierung der Antastkraft von taktilen Oberflächenmessgeräten (Rasterkraftmikroskope, Tastschnittgeräte und Koordinatenmessgeräte) entwickelt. Als Ausgangsbasis für das Design wurde ein beidseitig eingespannter Silicium­biege­balken gewählt. Mittels Finite-Element-Modellierung (FEM) wurden die Linearität der Steifigkeit, die Resonanzfrequenzen sowie die Spannungsverteilung untersucht. Es stellte sich heraus, dass die geringsten Nichtlinearitäten mit mäanderförmigen Dehnungselementen erreicht werden können.
Im Projekt sind zwei Varianten erforscht worden: ein flaches mittels nasschemischem Ätzen vom Projektpartner CiS Forschungsinstitut für Mikrosensorik und Photovoltaik GmbH und vom Institut für Halbleitertechnik der TU Braunschweig zum Vergleich ein hohes Mäanderdesign (s. Bild 1). Das hohe Mäanderdesign konnte zunächst nur mit konventionellen 350 µm dicken Wafern realisiert werden, obwohl die Modellrechnungen für dickere, aber schwerer zu handhabende Wafer, kleinere Nichtlinearitäten von 2∙10-4.

Bild 1 Piezoresistiver Mikrokraftsensor mit hohen mäanderförmigen Dehnungsele-menten vom IHT der TU Braunschweig
(links: elektronenmikroskopische Aufnahme, rechts: IHT Sensor in Halterung mit elektrischer Kontaktierung)

 

Erste Experimente konnten an Prototypen mit dem trockengeätzten hohen Mäanderdesign des IHT durchgeführt werden. Im Kraftbereich bis 1000 µN ergab sich eine Nichtlinearität der Kraft-Auslenkungskurve von ± 0,2 % (± 2 µN) und eine Abhängigkeit der Steifigkeit vom Ort der Krafteinleitung von 3,3∙10-5/µm. Die ermittelte Rauschspannung von 0,2 mV entspricht einer Kraftauflösung von 14 µN und einer Auslenkungsauflösung von 84 nm. Beide Werte weichen noch deutlich von der Zielstellung ab (0,1 µV, entsprechend 6 nN).
Für die weitere Verringerung der Nichtlinearität ist der IHT Sensor eine gute Aus-gangsbasis. In Kombination mit der von CiS entwickelten resistiven Messbrücke könnte auch das Rauschen weiter reduziert werden. Dies soll in einem Folgeprojekt weiter untersucht werden.

 

Literatur

[1]   J. Frühauf, H. Trumpold: Silicon Standards for Assessment and Calibration of Stylus Probes, Annals of the CIRP Vol. 51 (1), 2002, 475 und U. Brand et al.: Neue taktile Sensoren für die Mikro- und Nanomesstechnik. tm – Technisches Messen 76, 6, 2009, 323          

[2]   J. Fruehauf;  E. Gaertner; U. Brand; L. Doering: Silicon springs for the calibration of the force of hardness testing instruments and tactile profilometers. Proc. Euspen Conf. Glasgow (2004), 362

 

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