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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Ein Interferometer auf großer Tour – Teil 2

17.11.2022

Die Rückführbarkeit von Messergebnissen für Entfernungen über einige hundert Meter bis zu einigen Kilometern mit relativen Unsicherheiten besser als u = 1 ∙ 10-6 (ein Millimeter pro Kilometer) sind eine große Herausforderung. Die Kompensation des Einflusses des optischen Brechungsindexes der Luft auf die Ausbreitungsgeschwindigkeit des Lichts begrenzt hierbei die erreichbare Genauigkeit. Nach dem klassischen Ansatz müssen bei Längenmessungen mittels Interferometrie Temperatur, Luftdruck und relative Luftfeuchtigkeit entlang der gesamten Messstrecke mit entsprechenden Sensoren gemessen werden und deren Einfluss mit empirischen Formeln korrigiert werden. Dies ist mit hohem Messaufwand verbunden, insbesondere bei größeren Entfernungen. Alternativ stehen Verfahren zur Verfügung, mit denen der Einfluss des Brechungsindex durch interferometrische Messungen parallel zur Entfernungsmessung in situ über die gesamte Strecke kompensiert werden kann. Die PTB verfolgt das Zweifarbenverfahren, welches bereits in der Vergangenheit von ihr erfolgreich angewandt wurde. Im Rahmen des europäischen Forschungsprojekts "Large-scale dimensional measurements for geodesy" (18SIB01, GeoMetre) entwickelte die PTB ein System mit einer Reichweite von bis zu fünf Kilometern unter Freiluftbedingungen: der sogenannte TeleYAG-II. Solche großen Entfernungen sind vor allem in der Geodäsie bei der Charakterisierung GPS-basierter Entfernungsmessverfahren von Interesse.

Das TeleYAG-II ist ein Mehrwellenlängen-Interferometer, das aus drei Teilsystemen besteht: Laserquelle, optomechanische Baugruppe und Phasenauswerteelektronik. Jedes Teilsystem wurde für dieses EMPIR-Projekt konzeptionell von Grund auf neu aufgebaut, um den steigenden Anforderungen unter rauen Umweltbedingungen gerecht zu werde

  • Die Lichtquelle ist jetzt vollständig fasergekoppelt und verwendet 8 akusto-optische Modulatoren und zwei Nd:YAG-Lasern mit Wellenlängen von 532 nm und 1064 nm,
  • der optomechanische Aufbau basiert auf ULE-Material und maßgeschneiderten Optiken und
  • die Phasenauswerteelektronik arbeitet mit modernsten ADC- und FPGA-Einheiten.

Das TeleYAG-II-System wurde im Juli 2021 aufgebaut und anschließend an den PTB-internen Referenzstrecken (50 m-Komparator und 600 m-Referenzmessstrecke) in Betrieb genommen und getestet. Nach der Messkampagne in Finnland im letzten Jahr - siehe Kurzbericht von 2021 - wurden 2022 zwei weitere Kampagnen in Wettzell (Deutschland) und Warschau (Polen) durchgeführt. Die beiden Kampagnen unterschieden sich deutlich in Bezug auf die zu erfüllende Messaufgabe. Während bei der Kampagne in Wettzell der Fokus war, die Unsicherheit bei der Bestimmung lokaler Verbindungsvektoren von satelliten-geodätischen Teleskopen zu verringern, sollten bei der Kampagne in Warschau innovative Temperaturmessverfahren verifiziert werden. Bei der letzteren Kampagne führten fünf verschiedene Metrologie- und Forschungsinstitute dazu Vergleichsmessungen an der neu errichteten Referenzmessstrecke WUT200 durch. An der PTB waren diese Kampagnen im Vorfeld durch umfangreiche Messungen auf der 600m-Referenzmessstrecke und der sich dabei ergebenden Justierarbeiten vorbereitet worden. Während der Kampagnen und deren Vorbereitungen konnte das Hochpräzisionsinstrument bereits ein hohes Maß an mechanischer Langzeitstabilität sowie seine Robustheit gegenüber rauen Umweltbedingungen unter Beweis stellen.

Langfristig sind Messungen im Vergleich zu dem Nanometerkomparator der PTB geplant, um sich den Leistungsgrenzen der Teilsysteme weiter anzunähern.

Das TeleYAG-II Interferometer aufgebaut auf einem Referenzpfeiler der neu errichteten Referenzmessstrecke in Warschau/Polen   Gruppenfoto der im Zuge der Messungen in Polen beteiligten Personen
Links: Das für Messungen unter Freiluftbedingungen entwickelte Mehrwellenlängeninterferometer TeleYAG-II (Farbe: blau) im Einsatz auf der Referenzmessstrecke WUT200 in Warschau.
Rechts: Gruppenfoto mit Teilnehmern der involvierten Institute bei den Messungen in Warschau im Rahmen des EMPIR Forschungsprojekts „GeoMetre“.

 

 

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