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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

DKD-Expertenbericht zur Verbesserung der Einheitlichkeit in der Gewindemetrologie veröffentlicht

14.10.2022

In der Qualitätssicherung der Gewindeproduktion spielt die Messtechnik eine wesentliche Rolle. Während die Prüfung von Werkstückgewinden typischerweise durch Lehren erfolgt, müssen die verwendeten Lehrdorne und -ringe zuvor mit geeigneten Messverfahren kalibriert werden. Derzeit sind in Deutschland 47 Kalibrierlaboratorien für Gewindemessgrößen durch die DAkkS akkreditiert. Die Kalibrierung von Gewindelehren durch diese Laboratorien ist über die PTB oder ein anderes Nationales Metrologieinstitut auf das Internationale Einheitensystem (SI) metrologisch rückgeführt. Die seitens der Industrie stets wachsende Forderung nach genauerer Messtechnik zur Sicherstellung einer steigenden Produktionsqualität mit immer kleineren Fertigungstoleranzen hat auch in der Gewindemesstechnik in den vergangenen Dekaden zur Entwicklung innovativer Messverfahren geführt. So werden etablierte Methoden wie das Dreidraht- und Zweikugelverfahren mittlerweile vielerorts durch Tastschnittverfahren und Koordinatenmessungen ergänzt.

Skizzen verschiedener Messverfahren, die üblicherweise für die Kalibrierung von Gewinden verwendet werden. Dies sind unter anderem die Dreidraht- und Zweikugelverfahren, Tastschnittverfahren und die Auswertung von Koordinatenmessungen.
Abb. 1: Übliche Messverfahren zur Gewindekalibrierung: Dreidraht- und Zweikugelverfahren, Tastschnittverfahren und die Auswertung von Koordinatenmessungen

Die Vielfalt der verfügbaren Messverfahren verlangt dabei in besonderer Weise nach Harmonisierung, weil sichergestellt werden muss, dass verschiedene Methoden vergleichbare Messergebnisse liefern. Es stellt sich heraus, dass die Herausforderung bereits in der Definition von Bestimmungsgrößen liegt, die für alle Messverfahren gleichermaßen eindeutig und zugänglich sein müssen.

Ein umfangreicher Ringvergleich für Gewindemessgrößen wurde zuletzt vom Fachausschuss Länge im Deutschen Kalibrierdienst (DKD) organisiert und fand im Zeitraum von Juni 2016 bis März 2017 mit 20 teilnehmenden Laboratorien statt. Der im Dezember 2017 erschienene Vergleichsbericht dokumentiert die Messergebnisse an je zwei metrischen Gewindelehrdornen und -ringen. Zusammenfassend waren von insgesamt 711 Einzelergebnissen 110 Ergebnisse nicht zufriedenstellend im Sinne von DIN EN ISO/IEC 17043:2010-05 und verursachten demnach eine „Meldung zum Handeln“. Es ist nicht zuletzt dieser Ringvergleich, dessen Resultat Anlass für eine umfassende Behandlung des Themas Rückführung bei Gewindekalibrierungen gibt. Ein im Anschluss an den Ringvergleich durchgeführter Austausch der DAkkS Fachbegutachter zeigte, dass sich die Erfahrungen aus den Begutachtungen mit den Ergebnissen des Ringvergleiches decken.

Gemeinsam mit dem DKD, der zentralen Schnittstelle zwischen PTB und DAkkS-Laboratorien, sind dann Maßnahmen erarbeitet worden, die für eine Verbesserung der Einheitlichkeit in der Gewindemetrologie als erforderlich und hilfreich erscheinen. Eine zentrale Entscheidung betraf die Erstellung eines DKD-Expertenberichtes als anerkanntes Format, der die metrologischen Hintergründe ganzheitlich aufbereitet und daraus Anforderungen an Kalibrierlaboratorien ableitet. Es wird hierbei auf die Richtlinien und Normen eingegangen, die für die Gewindekalibrierung von Bedeutung sind. Dieser Bericht ist auf der Sitzung des DKD-Fachausschuss „Länge“ im Mai 2022 vorgestellt und im September 2022 mit der Bezeichnung Expertenbericht DKD-E 4-1 „Rückführung von Gewindemessgrößen“ veröffentlicht worden.

Im Bericht werden zunächst die wichtigsten Bestimmungsgrößen an Gewinden zusammengefasst. Die verschiedenen Messverfahren lassen sich in unterschiedlicher Art und Weise miteinander kombinieren, um die gewünschten Gewindeparameter zu messen. Er enthält eine Empfehlung, wie diese Verfahren unter Berücksichtigung der bestehenden Richtlinien anzuwenden sind und welche Gewindeparameter gemessen werden müssen. Die Messunsicherheitseinflüsse werden je nach verwendetem Verfahren beschrieben sowie verschiedene Methoden zu ihrer Ermittlung diskutiert. Das Thema Rückführung und die damit verbundenen Anforderungen an Messgeräte und -mittel werden erörtert, wobei insbesondere die Wichtigkeit einer aufgabenspezifischen Rückführung mittels werkstückähnlicher Substitutionsnormale herausgearbeitet wird. Schließlich werden im Rahmen eines Maßnahmenplans konkrete Handlungsempfehlungen für die praktische Anwendung in Kalibrierlaboratorien aufgelistet.

Der Bericht ist frei unter https://www.ptb.de/cms/fileadmin/internet/dienstleistungen/dkd/archiv/Publikationen/Expertenberichte/DKD-E_4-1_2022-09.pdf abrufbar.

 

 

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