Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt
Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz zur Regelung eines Rasterkraftmikroskops gestartet

18.11.2022

Die Technologie der sogenannten Künstlichen Intelligenz (KI) hat in den letzten zwei Jahrzenten eine rapide Entwicklung vollzogen. Diese hat dazu geführt, dass KI-basierte Systeme sehr leistungsfähig in der Erfüllung verschiedenster Aufgaben geworden sind. Anders als jedoch die meisten klassischen Ansätze, deren Aufgaben nun zunehmend von KI-Systemen übernommen werden, verhalten sich KI-Algorithmen nicht deterministisch oder vorhersehbar. Dies stellt vor allem für die Anwendung von KI in der Messtechnik, wo die Zuverlässigkeit und Nachvollziehbarkeit von Ergebnissen von besonderer Bedeutung sind, eine erhebliche Herausforderung dar.

Unter diesen Gesichtspunkten wurde mit der Entwicklung einer Künstlichen Intelligenz zur Regelung des Abstands zwischen Probenspitze und Messobjektoberfläche an einem Rasterkraftmikroskop (AFM) begonnen. Ziel der Entwicklung ist es, die bisher verwendete PID-Regelung durch eine an das dynamische Verhalten des Systems angepasste KI zu erweitern bzw. zu ersetzen. Die erhofften Vorteile des Einsatzes einer KI-basierten Regelung liegen in deutlich reduzierten Regelabweichungen im Vergleich zu einer (optimierten) PID-Regelung und vor allem in einem schnelleren Reaktionsverhalten unter gleichzeitiger Vermeidung von Überschwingern.

Zunächst wurde mit der Entwicklung der KI an einem Computermodell des Rasterkraftmikroskops begonnen. Dabei konnten bereits die erhofften Vorteile durch den Einsatz der KI nachgewiesen werden. Da die KI für die optimale Leistungsfähigkeit später am Gerät selbst trainiert werden soll, muss eine Strategie entwickelt werden, die sicherstellt, dass während des Trainings keine kritischen Regelungszustände auftreten, in denen die Messspitze des Gerätes und das Messobjekt beschädigt werden, weil es ggf. zu einer harten Kollision der beiden kommt. Der derzeitig dafür erprobte Ansatz ist eine Hybridregelung aus KI und klassischem PID-Regler. Bei diesem Ansatz darf die KI so lange die Regelung übernehmen und ihr Regelungsverhalten optimieren, bis ein gewisser (noch nicht ganz) kritischer Regelungszustand erreicht ist. Ist diese Grenze überschritten, übernimmt die PID-Regelung die Führung, bis das Messgerät wieder in einem gut geregelten Zustand ist. Dieser Hybridansatz ist für die Trainingsphase, in der die KI noch keinen funktionsfähigen Regler darstellt, fundamental, aber auch für den Dauerbetrieb ermöglicht dieser Ansatz die Kombination der Leistungsfähigkeit moderner KI mit der Zuverlässigkeit klassischer Regelansätze.

Um die Zuverlässigkeit der KI selbst beurteilen zu können, wird eine besondere KI-Technik, das so genannte „Deep-Q-Learning“, eingesetzt. Bei dieser Technik wird nicht einfach, wie für eine Regelung zu erwarten, ein Wert für eine Stellgröße berechnet, sondern die KI schätzt für eine begrenzte Anzahl möglicher Werte der Stellgröße die damit erwartete „Qualität“ für einen gegebenen Regelungszustand ab und wählt den Stellwert mit der höchsten „Qualität“ aus. Trägt man die abgeschätzten Qualitäten über die Werte der Stellgröße auf, erhält man eine Kurve, die die Beurteilung des Verständnisses des Systemverhaltens der KI ermöglicht. Ziel ist es, eine glatte „Qualitätskurve“ zu erhalten, die darauf hindeutet, dass die KI auch kleine Unterschiede in der Auswirkung ähnlicher Stellwerte auf den Regelungszustand gelernt hat. Schätzt die KI auch für verschiedenste Regelungszustände glatte „Qualitätskurven“ ab, hat sie das Systemverhalten zuverlässig erlernt und ist entsprechend für den Einsatz geeignet.


Abbildung 1: Durch KI ermittelte „Qualitätskurve“ für mögliche Stellwerte (hier Spannungsänderungen für den Piezotisch des Rasterkraftmikroskops) für einen gegebenen Regelungszustand. Bei dem gezeigten Beispiel ist die Qualitätskurve noch nicht glatt, sodass die KI noch nicht für einen praktischen Einsatz in Betracht gezogen würde.

Kontakt

Anschrift

Physikalisch-Technische Bundesanstalt
Bundesallee 100
38116 Braunschweig