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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Kalibrierung von Größe und Form von Mikrokugeln durch Zusammenfügen von AFM-Bildern unter Verwendung des ICP-Punkt-zu-Ebene-Algorithmus

19.10.2022

Die Kugel ist eine der grundlegenden Objekt-Geometrien in der Fertigungsmesstechnik. Sie ist die am häufigsten verwendete Form von Tastelementen in taktilen Messgeräten wie Koordinatenmessmaschinen und Tastschnitt-geräten. Für Kugeln mit größerem Durchmesser sind in der Vergangenheit entsprechende Verfahren für die Größen- und Form-Metrologie entwickelt worden, die eine geringe Messunsicherheit ermöglichen. Als Beispiel kann hier die Messung an Kugeln aus hoch angereichertem 28Si mit einem Durchmesser von ca. 93 mm genannt werden, wie sie für die Bestimmung der Avogadro-Konstante verwendet werden und für die mittels eines speziell entwickelten Fizeau-Interferometers in der PTB eine Messunsicherheit von bis zu 0,9 nm für den Durchmesser erzielt werden kann. Die Metrologie von Größe und Formfehlern für Kugeln mit kleinen Abmessungen, speziell für Mikrokugeln, bleibt aber weiterhin herausfordernd.

Die PTB hat jetzt eine neue Methode für die genaue Messung der Größe und Form von Mikrokugeln entwickelt, die auf der Erfassung eines Sets von sieben AFM-Bildern in unterschiedlichen Orientierungen der zu untersuchenden Kugel basiert. Die AFM-Bilder werden anschließend unter Verwendung eines Punkt-zu-Ebene-Algorithmus, der das Iterative Closest Point (ICP)-Verfahren nutzt, zueinander ausgerichtet. Anschließend werden sie in einen Datensatz zusammengefügt, auf dessen Grundlage dann die Größe und Form der Kugel ausgewertet werden kann.

Bei der Anwendung dieser Methode stellt die Geometrie der AFM-Tastspitze einen wichtigen Einflussfaktor dar, da das gemessene AFM-Bild das Ergebnis der Dilatation der Messstruktur durch die Spitzengeometrie ist. Um eine rückführbare Kalibrierung von Mikrokugeln zu realisieren, muss die AFM-Tastspitze ebenfalls rückgeführt kalibriert werden. Eine Lösung für dieses Problem stellt die Kalibrierung der Geometrie der Tastspitze an einem Linienbreitennormal vom Typ IVPS100 PTB dar, dessen Strukturgeometrie über eine rückgeführte Messkette auf die Gitterkonstante von kristallinem Silizium kalibriert wurde.

Hierfür sind ein Messaufbau, eine Messdatenerfassungsstrategie sowie zugehörige Auswerteprozeduren entwickelt worden. Zur Illustration der Messstabilität dieser entwickelten Methode wurden vier Sätze von wiederholten Messungen an einer Mikrokugel mit einem nominellen Radius von 200 µm erfasst. Die im Ergebnis ermittelten Formabweichungen für die vier Messreihen sind in den Bildern 1a bis 1d dargestellt. Es ist erkennbar, dass die Ergebnisse gut miteinander übereinstimmen und dass die Methode durch Stabilität und Robustheit gekennzeichnet ist. Einige kleinere Abweichungen, z.B. an den markierten Positionen „A“ und „B“, sind erkennbar, die durch Sprünge in den Messprofilen während der AFM-Messungen bedingt sind. Sie können im weiteren Verlauf der Auswertung als Ausreißer markiert und aus dem Datensatz entfernt werden. Die Standardabweichung der ermittelten Radiuswerte für die vier Messreihen erreicht einen Wert von 5 nm und zeigt damit die aussichtsreiche Leistungsfähigkeit der vorgestellten Methode.


Bild 1: Gemessene Formabweichungen an einer Mikrokugel mit einem nominellen Radius von 200 µm für vier wiederholte Messungen dargestellt als (a), (b), (c) und (d)


Literatur:

1) Gaoliang Dai, Johannes Degenhardt, Xiukun Hu, Helmut Wolff, Rainer Tutsch, Eberhard Manske, 2022 Traceable calibration of size and form of microspheres by stitching AFM images using ICP point-to-plane algorithm, submitted to the journal “Measurement Science and Technology”

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