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Fertigungskette von Si-Kugeln und interferometrische Bestimmung des Kugelvolumens

Prozessbegleitende Messtechnik zur Herstellung hochpräziser Siliziumkugeln

06.07.2021

Im Rahmen der Neudefinition der Einheiten wurde in der PTB ein Verfahren zur Fertigung von hochpräzisen Siliziumkugeln entwickelt. Da solche Kugeln Mittenrauwerte von unter 0,3 nm und Formabweichungen von unter 20 nm besitzen können, ist eine sehr hochwertige und zuverlässige Messtechnik zur laufenden Prozessüberwachung notwendig. Die in der PTB vorhandenen, sehr hochwertigen Formmesseinrichtungen sind anspruchsvoll in der Bedienung, leider nicht immer täglich verfügbar, da sie auch für andere Aufgaben wie z.B. Kalibrierungen für Kunden im Einsatz sind und zudem benötigt die gesamte Messprozedur einige Zeit, bis die Ergebnisse vorliegen.

Es wurde daher ein neuartiges Gerät zur täglichen und zügigen Messung der Variation des Durchmessers der superpolierten Siliziumkugeln entwickelt. Aufgrund der Symmetrie der Formabweichungen der Kugeln aus monokristallinem Silizium ist die Kenntnis der Änderungen der Durchmesser entlang dreier zueinander senkrechter Äquatoren ausreichend zur Beurteilung der Formabweichung während der Bearbeitung. Der speziell hierzu entwickelte interferometrische Aufbau ist sehr kompakt und auch thermisch sehr stabil. Er ermöglicht eine Auflösung im Sub-Nanometer-Bereich bei geringstem Rauschen und eine Wiederholbarkeit im Bereich weniger Nanometer. Für eine Messung entlang eines Äquators wird nur eine Zeit von drei Minuten benötigt. Die numerische Aufbereitung der Ergebnisse ist ebenfalls innerhalb weniger Minuten abgeschlossen. Der tägliche Betrieb der Messeinrichtung erfordert zudem keine Einrichteroutinen.

Abbildung 1 zeigt die Prinzipskizze des hier vorgestellten Messaufbaus im Vergleich zu der eines typischen kommerziellen Formmessgerätes. Links sieht man die typischerweise gestapelt angeordneten Dreh- und Positioniervorrichtungen für die Kugel. Der Äquator der rotierenden Kugel wird durch einen Taster entweder taktil oder optisch erfasst. Aus dem so ermittelten Abstandssignal wird die Formabweichung bestimmt. Hierzu ist die Kenntnis des Bewegungsfehlers der Rotationsachse notwendig, da dieser vollständig in den Messwert mit eingeht. Es sind mehrere Methoden bekannt, um diesen Fehler der Rotationsachse zu eliminieren. All diese Methoden sind technologisch anspruchsvoll und zumeist sehr zeitaufwändig. Darüber hinaus sollte der zufällige Fehler der Rotationsachse, das Rauschen, deutlich kleiner sein als die zu erwartende Formabweichung der Kugel. Bei den hier vorliegenden Formabweichungen kleiner 20 nm ist eine entsprechende Rotationsspindel technologisch aufwändig und deshalb auch teuer.


Abb. 1: Prinzipskizze des hier vorgestellten Aufbaus zur Formmessung (rechts) im Vergleich zur typischen Struktur kommerzieller Geräte (links)

Anders ist dies beim in Abbildung 1 rechts dargestellten Prinzip. Hier wird das Messergebnis aus dem Summensignal zweier Interferometersignale ermittelt. Dieses Summensignal kürzt eine Verschiebung der Kugel im Strahlengang aus dem Ergebnis heraus. Es bleibt die Änderung des Abstandes der Siliziumoberflächen zueinander, was der Änderung des Durchmessers der Kugel entspricht. Eine Verschiebung der Kugel in Strahlrichtung erfolgt z. B. durch die Taumelbewegung während des Drehens um die mechanisch nicht ideale Rotationsachse. Eine Kompensation dieser Fehler der rotierenden Spindel ist somit nicht notwendig.

Darüber hinaus ist der Messkreis, hier grün eingezeichnet, deutlich kompakter und somit auch robuster gegen Temperaturschwankungen des gesamten Systems. Alle Komponenten der auf der rechten Seite dargestellten Messkreises sind aus derselben Edelstahlsorte gefertigt, sodass thermischer Verzug der Komponenten untereinander vermieden wird. Eine thermische Drift des Messsignals durch nicht hinreichend temperierte Messobjekte kann hingegen in einem großen Temperaturbereich durch die selbst entwickelte Auswertesoftware modelliert und kompensiert werden.

Das Gerät ist alltagstauglich, einfach zu bedienen und liefert zügig Ergebnisse für die Bestimmung der Durchmesservariation. Die Kugeln können ohne Gefahr in der Anlage gehandhabt werden. Mechanische Beschädigungen der Kugeln werden durch eine spezielle Handhabungs- und Transport-Vorrichtung vermieden. All dies konnte durch eine Vielzahl von fertigungsbegleitenden Messungen belegt werden.

 

Literatur:

Rudolf Meeß, Dennis Dontsov and Enrico Langlotz, 2021, Interferometric device for the in-process measurement of diameter variation in the manufacture of ultraprecise spheres. Meas. Sci. Technol. 32 074004. https://iopscience.iop.org/article/10.1088/1361-6501/abe81c

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