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Härte und taktile Antastverfahren

Arbeitsgruppe 5.11

Tiefen-Einstellnormale für Messbereiche von 1 µm bis 5 mm

Mikrosystemtechnik ermöglicht die Miniaturisierung bestehender aber auch die Fertigung neuartiger Systeme. Für die dimensionelle Fertigungs- und Qualitätskontrolle dieser Systeme werden Messgeräte und -methoden eingesetzt, mit denen quasi zwei-ein-halb- dimensional gemessen werden kann: Tastschnittgeräte, Interferenzmikroskope, Scanning-Weißlichtmikroskope, Streifenprojektionsmesseinrichtungen, Stereobildverarbeitung, Photogrammetrie etc. Die geforderten Messbereiche erstrecken sich lateral und vertikal über einige Millimeter. Für die Kalibrierung der vertikalen Messachse dieser Geräte werden Tiefen-Einstellnormale mit Tiefen bis in den Millimeterbereich benötigt. Die herkömmlichen Glasnormale mit kreisbogenförmigem Profil der Rillen [1], die sich bei der Kalibrierung von Tastschnittgeräten bewährt haben, lassen sich nur unter hohem Aufwand mit Tiefen größer als 10 µm herstellen. Geätzte Rillen weisen schon bei Tiefen von wenigen Mikrometern Oberflächenrauwerte von einigen Nanometern auf und sind daher meistens nicht glatt genug. In der PTB wurden diamantgedrehte Tiefen-Einstellnormale mit Rillentiefen bis 900 µm entwickelt, die sehr einfach in der Anwendung und relativ klein und damit sehr handlich sind [2].

Bild 1: Skizze und Foto eines 900 µm-Tiefen-Einstellnormals

Als Werkstoff wurde sehr reines Kupfer (OFHC-Cu) gewählt, da mit diesem Material die besten Oberflächenqualitäten erzielt werden (Mittenrauwert Ra = 1 nm, Welligkeit Wt = 50 nm, Ebenheit 50 nm über 20 mm Messlänge). Die verwendeten Kupferscheiben haben einen Durchmesser von 90 mm und eine Dicke von 10 mm. Nach dem Einbringen der rotationssymmetrischen Rillen in die Scheibe wird diese mittels Drahterodieren in zwölf gleich große Stücke zerschnitten und anschließend 5 µm dick chemisch vernickelt. Die Oberflächenhärte der Normale beträgt anschließend etwa 500 HV und ist verschleißfest selbst gegenüber der Nutzung mit herkömmlichen Tastschnittgeräten und deren relativ großen Antastkräften im nN-Bereich. Durch die Nickelbeschichtung steigt allerdings die Rauheit der Oberfläche auf Mittenrauwerte von Ra = 9 nm. Begrenzt durch die praktisch herstellbaren Schichtdicken können Profile bis 100 µm Tiefe auch direkt in die Ni-Schicht geschnitten werden und ohne weitere Beschichtung als Normale verwendet werden. Dadurch bleibt die ursprüngliche beim Drehen erzeugte etwas geringere Rauheit erhalten. Der minimale Öffnungswinkel der Rillen beträgt 70°, die Breite der Rillen im Grund ist 0,3 mm und der Bereich zwischen den v-Rillen hat eine Länge von 0,4 mm. Da die Rillen mit beliebigen Tiefen hergestellt werden können, lässt sich deren Abstufung auf bestimmte Messgeräte abstimmen. Darüber hinaus lassen sich beliebige Öffnungswinkel größer 70° und damit geringere Kantenneigungen fertigen. Selbst optische Messgeräte, wie z.B. Streifenprojektions-Messgeräte, die zur Auswertung auf eine kontinuierliche Verfolgung von Streifen angewiesen sind, lassen sich mit solchen Rillen kalibrieren.
In drei parallelen Profilschnitten a, b und c wird die Rillentiefe gemessen und angegeben. Ein Profilschnitt über alle sieben Rillen ist 8 mm lang. Die erzielten Unsicherheiten für Rillen von 10 - 1000 µm Tiefe liegen im Bereich von 20 - 55 nm und sind typisch für diese diamantgedrehten Tiefen-Einstellnormale.

Die Kalibrierung von Topografiemessgeräten mit den diamantgedrehten tiefen-Einstellnormalen

Welche Messunsicherheit lässt sich bei Verwendung der neuen diamantgedrehten Tiefen- Ein­stell­normale zur Kalibrierung eines Messgerätes erzielen? Zur Beantwortung dieser Frage wird angenommen, dass das zu kalibrierende Messgerät ähnliche Eigenschaften wie das in der PTB zur Kalibrierung verwendete Tastschnittgerät Opens external link in new window(Form Talysurf L120) besitzt. Dann ergibt sich eine Messunsicherheit des zu kalibrierenden Messgerätes  von U = 78 nm im 1mm-Messbereich.

Diamantgedrehte Tiefen-Einstellnormale mit Rillentiefen bis 5 mm

Für dimensionelle Messungen an Mikrosystemen werden zunehmend Geräte mit vertikalen Messbereichen von einigen Millimetern eingesetzt. Für die Kalibrierung dieser Oberflächenmessgeräte wurden in der PTB im Rahmen einer Industriekooperation Tiefen-Einstellnormale mit Hilfe einer Präzisions-Diamantdrehmaschine hergestellt (siehe Bild 2).

Bild 2: Foto eines mit Hilfe einer Präzisions-Diamantdrehmaschine hergestellten 5mm-Tiefen-Einstellnormals

Bild 3: Gemessenes Höhenprofil der 5 mm-Rille mit vergrößerter Darstellung des Rillengrundes und der angrenzenden Bezugsflächen

Die Normale sind aus sauerstofffreiem Kupfer gefertigt und mit einer verschleißmindernden Nickelschicht überzogen. Zur Verbesserung der Oberflächenqualität wurden die Rillen nach dem Beschichten noch einmal fein nachbearbeitet. Die erzielte Oberflächen-Rauheit beträgt Ra = 2,0 nm, die Welligkeit der Oberfläche Wt = 15 nm und die Härte der Normale (500 HV) entspricht der eines Stahls mittlerer Härte.

Aufgrund der sehr geringen Rauheit der Oberfläche können diese Normale sowohl für die Kalibrierung von optischen als auch taktilen Messgeräten eingesetzt werden.

Die Kalibrierung der Rillentiefen (5 µm, 50 µm, 450 µm, 1 mm, 2 mm, 5 mm) erfolgte mit einem Tastschnittgerät, das mit Hilfe von Endmaßstufen kalibriert wurde und zum Vergleich mit einem Dreiwellenlängeninterferometer. Die Übereinstimmung beider Messgeräte ist für die vier tiefsten Rillen (5 mm, 2 mm, 1 mm und 0,45 mm) besser als 100 nm (s. Tabelle 1).

EN11_1EN11_3
Rillentiefe in µmDifferenz in nmRillentiefe in µmDifferenz in nm
Rille Nr.Form- Talysurf dF3-λ Interferometer dIdF - dI Form- Talysurf dF3-λ Interferometer dIdF - dI
64999,556 4999,596- 404999,5684999,544+ 24
51999,6991999,785- 861999,6881999,736 - 48
4999,736999,795- 59999,728999,754 - 26
3449,888449,907- 19449,863449,883 - 20

Tabelle 1: Taktile (Form Talysurf) und interferometrische (3-λ Interferometer) Messung der Rillentiefe zweier Tiefen-Einstellnormale mit bis zu 5 mm tiefen Rillen

Damit stehen erstmals diamantgedrehte Tiefen-Einstellnormale bis 5 mm Rillentiefe hoher Qualität für die präzise Kalibrierung von Topografiemessgeräten zur Verfügung.
Mit den neuen diamantgedrehten Tiefen-Einstellnormalen stehen erstmals handliche Normale für die Kalibrierung von Topographiemessgeräten  mit Messbereichen im Millimeterbereich zur Verfügung. Die Kalibrierung lässt sich sehr effizient durchführen, weil alle Kalibrierrillen in einer Messung gemessen werden können. Die Länge des zu messenden Profils beträgt für das Normal mit den sieben Rillen von 900 µm bis 1 mm Tiefe nur 8 mm und für das Normal mit den sechs Rillen von 5 µm bis 5 mm Tiefe nur 16 mm.
Die Normale sind aus OFHC-Kupfer gefertigt und mit einer verschleißmindernden Nickelschicht überzogen. Die Härte der Normale (500 HV) entspricht der eines Stahls mittlerer Härte. Die Abstufung der Rillentiefen ist in dem hier gezeigten Fall auf die Messbereiche eines Tastschnittgerätes abgestimmt, das Herstellverfahren lässt aber jede gewünschte Abstufung zu. Nennwerte lassen sich mit Toleranzen von wenigen Promille einhalten.

Literatur

  1. Glas-Tiefen-Einstellnormal der Firma Halle, Präzisions-Kalibriernormale GmbH, Im Bühlfeld 12, 31234 Edemissen
  2. Brand, U.; Hinzmann, G.; Schnädelbach, H; Feist, C.; Stuht, C.; Krüger-Sehm, R.; Jäger, V.: Rückführbare Präzisions-Tiefen-Einstellnormale für Messbereiche von 1 µm bis 1 mm, Technisches Messen 66, 12 (1999), 496-503
  3. Brand, U.; Schnädelbach, H.; Schödel, R.; Feist, C.; Hinzmann, G.: New depth-setting standards with grooves up to 5 mm depth, Proc. Euspen (2006), 438-441