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Vereinfachte Erzeugung eines Calcium-Bose-Einstein Kondensats

02.10.2010

Ein Bose-Einstein-Kondensat (BEC) ist ein Materiezustand, bei dem sich alle Teilchen im selben quantenmechanischen Zustand befinden. Dieser Materiezustand wird weltweit seit seiner ersten Erzeugung im Jahr 1995 in verdünnten atomaren Gasen intensiv untersucht. In der PTB ist es im Jahr 2009 weltweit erstmals gelungen, ein BEC aus Erdalkali-Atomen am Beispiel des 40Ca herzustellen [1]. Von großem Interesse sind die für alle Erdalkaliatome gleichermaßen sehr schmalen optischen Interkombinationsübergange, die daher in der PTB auch für optische Uhren verwendet werden.

Die Erzeugung des BEC wurde in 2010 grundlegend optimiert und hinsichtlich Stabilität und Reproduzierbarkeit auf Präzisionsmessungen vorbereitet. Die Kondensate werden in einer optischen Dipolfalle erzeugt. In den ersten Demonstrationsexperimenten eines BEC aus Erdalkali-Atomen war eine stark komprimierte Falle nötig, für die zwei Laserstrahlen überlagert wurden. Im Laufe dieses Jahres ist es durch Änderungen der Strahlparameter gelungen die Kondensate in einer Falle zu erzeugen, für die nur ein Laserstrahl verwendet wird. Dieses hat mehrere Vorteile:

Zum einen werden die Atome in der einfachen Falle weniger stark komprimiert. Da die Atomzahl im BEC durch inelastische (3-Körper)-Stöße begrenzt ist, wird es dadurch möglich die Atomzahl des Kondensates auf 4 · 104 Atome zu verdoppeln. Aus dem gleichen Grund verlängerte sich die Lebensdauer der Kondensate auf einige 100 ms.

Zum anderen ermöglicht die neue Fallengeometrie mit Verwendung eines einzelnen Fallenlaserstrahls die Realisierung einer ortsunabhängigen konstanten Polarisationsrichtung des Fallenfeldes, das in Abwesenheit eines externen Magnetfeldes die Quantisierungsachse definiert. Unter diesen klar definierten Verhältnissen sind spezifische optische Anregungen der Zeeman-Unterzustände des Interkombinationsübergangs am kalten Quantengas möglich, da dann die Polarisation des Anregungslasers durch die Auswahlregeln eindeutig die am Übergang beteiligten Zeeman-Unterzustände auswählt. Dadurch konnte in diesem Jahr die AC-Stark-Verschiebung der einzelner Zeeman-Komponenten des Interkombinationsübergangs in der Dipolfalle mit hoher Genauigkeit vermessen werden. Das Resultat ist eine präzisere Berechnung der so genannten „magischen Wellenlänge“ des Fallenlasers, bei der die Anregungsenergie des Interkombinationsübergangs im kalten Quantengas unverändert bleibt. Das genaue Wissen der AC-Stark-Verschiebung ist zudem notwendig für die präzise Bestimmung anderer Energieverschiebungen, wie z. B. der Wechselwirkungsenergie im Kondensat.  Mit diesem Wissen soll nun eine kontrollierte Anregung des Quantengases erfolgen, z. B. zur Untersuchung des optischen Kühlens und des kollektiven Abstrahlens (Superradianz) durch Verwendung der Interkombinationsübergänge.

Weiterhin wurden Experimente zur Photoassoziation mittels der schmalen Interkombinationsübergänge begonnen. Bei der Photoassoziation regt ein zum Interkombinationsübergang rot verstimmter Laser ein Paar von Atomen im Grundzustand in einen angeregten Zustand eines zweiatomige Moleküls an. Dieser Zustand entspricht bei großen Abständen einer Kombination eines Atoms im Singulett-Grundzustand und eines im angeregten Triplett-Zustand. Die Spektroskopie dieser Dimere wird ein tieferes Verständnis zur Wechselwirkung der Atome und eine präzisere Bestimmung der Molekülpotentiale erlauben. Dadurch wird zukünftig eine kontrollierte Veränderung der Streulänge durch optische Feshbach-Resonanzen möglich sein. Eine externe Kontrolle der Streulänge bei schmalen Übergängen wäre derzeit weltweit einzigartig. Darüber hinaus sind Untersuchungen von Vielteilchen-Effekten in Form räumlich inhomogener Stoßeigenschaften und Experimente zur Simulation von Festkörpersystemen von großem Interesse.

 

Falschfarbendarstellung der Dichteverteilung in der eindimensionalen optischen Dipolfalle direkt nach dem Laden.

 

 Falschfarbendarstellung eines Bose-Einstein-Kondensats mit thermischer Wolke in der eindimensionales Dipolfalle. Die Dichte ist zusätzlich als Höheninformation dargestellt. Die Atome konnten vor der Abbildung 9 ms frei expandieren.

Literatur:

[1] S. Kraft, F. Vogt, O. Appel, F. Riehle, U. Sterr: Bose-Einstein Condensation of Alkaline Earth Atoms: 40Ca, Phys. Rev. Lett. 103, 130401 (2009)