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Einfluss verschiedener Strukturgeometrien in der dimensionellen Mikroskopie an Mikro- und Nanostrukturen besser quantifiziert

31.12.2006

Höchstauflösende optische Mikroskopie ist ein wichtiges Instrument zur dimensionellen Charakterisierung von Mikro- und Nanostrukturen. Präzise Messungen dimensioneller Größen wie Strukturbreiten und -abstände erfordern ein tiefes Verständnis der Einflüsse geometrischer Strukturparameter wie z. B. Kantenwinkel, Kantenprofile oder Strukturhöhen auf die mikroskopische Abbildung der Strukturkante. Auf der Basis rigoroser Modellierung wurde bereits systematisch die elektromagnetische Feld-Struktur-Wechselwirkung untersucht [1]. Um diese Ergebnisse experimentell zu verifizieren, wurden an Chrom auf Quarzstrukturen (COG) mit unterschiedlichen Kantenprofilen hellfeldmikroskopische UV-Messungen durchgeführt. Rasterkraftmikroskopische Messungen lieferten die geometrischen Strukturparameter, die für die rigorosen Simulationsrechnungen verwendet wurden. Aus dem Vergleich der Simulationsdaten und der durch die Hellfeldmikroskopie gewonnenen Messdaten resultiert die Strukturbreite (Critical Dimension, CD). Die Ergebnisse der optischen UV-Messungen wurden mit elektronenoptischen Messungen (SEM) und rasterkraftmikroskopischen Messungen (AFM) verglichen.

Die Berechnung der mikroskopischen Abbildung erfolgt in zwei Schritten: Zunächst werden die an der Struktur gebeugten elektromagnetischen Felder (Beugungseffizienzen bzw. Rayleigh-Koeffizienten) rigoros (d. h. vektoriell und unter Berücksichtigung der 3D-Strukturgeometrie) berechnet. Hierzu werden in der PTB zwei verschiedene Methoden verwendet:

1) Die so genannte Rigorous Coupled Wave Analysis (RCWA), implementiert im Softwarepaket MicroSim vom Institut für technische Optik (ITO) der Universität Stuttgart [2]

2) Die Finite Elemente Methode implementiert im Softwarepaket Dipog vom Weierstrass Institut für Angewandte Analysis und Stochastik (WIAS), Berlin [3].

In einem zweiten Schritt erfolgt dann die Berechnung der Abbildung aus den Beugungseffizienzen mittels Diskretisierung der Eintrittspupille wiederum mit dem Softwarepaket MicroSim [3].

Es wurde der PTB vom AMTC (Advanced Mask Technology Center, Dresden) eine COG-Photomaske mit definierten Kantenprofilvariationen zur Verfügung gestellt. Die Kantenprofile in den unterschiedlichen Messfeldern (Die 1-5) wurden mit einem AFM gemessen (Abb. 1). Man erkennt jeweils im oberen Kantenbereich einen linearen Bereich (Kantenwinkel α=84°), in der Mitte ein zweiten linearen Bereich (α=45°) und unten einen exponentiellen Chromauslauf („Kantenfuß“), wobei die Größen des mittleren linearen Bereiches und des Kantenfußes von Messfeld 5 zu Messfeld 1 kontinuierlich zunehmen.

Abb. 1: AFM-Messungen der Linienprofile

Die Breite der Strukturen an den oberen Kantenstrukturen (top CD) wurde mittels AFM, SEM und UV-optischer Mikroskopie gemessen und verglichen (Abb. 3). Die optischen Messungen wurden hierbei einmal mit dem PTB-Standardverfahren, einem 2 Trapezmodell (Cr und Antireflex-Schicht, gleicher Kantenwinkel) sowie verfeinerten Modellen mit einer Zerlegung der Cr-Schicht in zwei bzw. drei Trapeze unterschiedlicher Kantenwinkel (Abb. 2) ausgewertet.


Abb. 2: Approximation der Profile durch ein 3fach- (oben) bzw. 4fach-Trapez (unten), Cr: gelb, ARC: grün


Abb. 3: Ergebnisse der modellbasierten Auswertung an einer Cr-Linie mit einer nominellen CD von 480 nm

Das 4fach-Trapezmodel approximiert die Profilgeometrie besser als einfachere Modellgeometrien und liefert vergleichbare Werte zu AFM- oder SEM-Messungen.

Messungen mehrerer Partner mit unterschiedlichen Messverfahren (optisch, SEM, AFM) an einer Round-Robin-Maske führte zu unterschiedlichen Messergebnissen (Abb. 4),


Abb. 4: Ergebnisse der Messungen an der Round-Robin-Maske

da die Partner ihre Messsysteme mit unterschiedlichen Referenzmasken kalibriert hatten (s. eingefügte Trapeze in Abb. 4). Durch Kenntnis dieses Kantenprofils konnten die Werte jedoch korrigiert werden und man erhält im Rahmen der Messunsicherheit konsistente Werte (Abb. 5).


Abb. 5: Korrektur der Ergebnisse durch Berücksichtigung des Kantenprofils

Es wurde gezeigt, dass die Nichtberücksichtigung von Strukturparametern wie Kantenwinkel und Strukturhöhen der Strukturen zu systematisch falschen Ergebnissen bei der mikroskopischen Messung der Breiten von Mikro- und Nanostrukturen führen. Hinreichende Kenntnis der Strukturparameter und eine adäquate rigorose Modellierung der Kantenprofile erlauben trotzdem präzise quantitative Linienbreitenbestimmung.

Weiterhin sollten Referenzstrukturen (Standards) zur Kalibrierung quantitativer Messsysteme den zu messenden Strukturen möglichst ähnlich sein. Abweichungen zwischen Referenzstrukturen und zu messenden Strukturen können und müssen auf der Basis rigoroser Modellrechnungen korrigiert werden.


Literatur:

[1] B. Bodermann, G. Ehret, W. Mirandé: Einfluss geometrisch-optischer Strukturparameter sowie instrumenteller Parameter auf dimensionelle mikroskopische Messungen an Mikro- und Nanostrukturen, www.dgao-proceedings.de/archiv/105/105_32.pdf

[2] M. Totzeck, Numerical simulation of high-NA quantitative polarization microscopy and corresponding near-fields, Optik 112, (2001), 399-406

[3] www.wias-berlin.de/software/DIPOG/index.html.en

[4] F. Gans et al. Results of a round robin measurement on a new CD mask standard, Proc. SPIE 5835 (2005), 122-133