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Topologische Defekte in Coulomb-Kristallen

05.02.2014

Phasenübergänge treten in einer Vielzahl unterschiedlicher physikalischer Systeme auf. Wenn durch den Übergang eine Symmetrie gebrochen wird, können an der Grenze zwischen kausal getrennten Domänen topologische Defekte entstehen (s. Abb. 1). Das Verhalten charakteristischer Parameter während eines Phasenübergangs wird durch universelle Größen beschrieben und ist daher unabhängig von den konkreten physikalischen Eigenschaften des Systems. Dieser Umstand erlaubt es, Theorien über experimentell nicht zugängliche Systeme mithilfe kontrollierbarer Laborsysteme zu überprüfen. Ein interessantes Beispiel ist die Bildung von Defekten während der  Expansion des frühen Universums. Der von Tom Kibble und Wojciech Zurek beschriebene Kibble-Zurek-Mechanismus leitet die beobachtete Defektdichte  in Abhängigkeit der Änderungsrate externer Parameter während des Übergangs her. Die zentrale Vorhersage ist eine Abhängigkeit nach einem Potenzgesetz. Forscher am QUEST-Institut (in einer Kooperation mit W. Zurek, A. del Campo und Theoretikern aus Ulm und Jerusalem) nutzten Coulomb-Kristalle aus lasergekühlten Ionen in einer linearen Paul-Falle, um eine solche Abhängigkeit zu testen. Hierzu wurde der radiale Einschluss mit variabler Geschwindigkeit verringert, wodurch der Kristall von einer linearen Konfiguration (Abb. 2a) in einer Zickzack-Konfiguration (Abb. 2b) übergeht. Dabei gelang es zum ersten Mal, stabile Defekte in Ionen-Coulomb-Kristallen reproduzierbar zu erzeugen und so ihre Auftrittswahrscheinlichkeit nach einem Potenzgesetz nachzuweisen.

Abb. 1: Illustration der Defekterzeugung beim Durchlaufen des linear-zickzack-Phasenübergangs in einem Coulomb-Kristall. Die Rotationssymmetrie der Konfiguration (a) wird durch den Übergang gebrochen. Wählen kausal getrennte Regionen unterschiedliche Konfigurationen, entsteht zwischen ihnen ein Defekt (b).

 

Abb. 2: Anordnungen von Ionen in einem Coulomb-Kristall: a) lineare Konfiguration b) Zickzack-Konfiguration, die bei geringerem radialen Einschluss bevorzugt wird. c) Bei weiterer Verringerung des Einschlusses bildet sich eine Helix-Struktur aus. d) Lokalisierter topologischer Defekt („odd kink“), der beim schnellen Durchlaufen des Übergangs von Konfiguration (a) nach (b) entstehen kann. e) Delokalisierter Defekt („extended kink“), der aus (d) entsteht, wenn der radiale Einschluss weiter verringert wird.


Literatur:

[1]       K. Pyka, J. Keller, H. L. Partner, R. Nigmatullin, T. Burgermeister, D.M. Meier, K. Kuhlmann, A. Retzker, M. B. Plenio, W. H. Zurek, A. del Campo, T. E. Mehlstäubler, Topological defect formation and spontaneous symmetry breaking in ion Coulomb crystals, Nature Communications 4, 2291 (2013)