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Kontrollierte Erzeugung und Dynamik von Kink-Solitonen

05.02.2014

Die kürzlich erfolgreiche experimentelle Realisierung von topologischen Defekten (Kink-Solitonen)  in Ionen-Coulomb-Kristallen [1,2] führte zu einem wachsenden Interesse an Phänomenen nichtlinearer Physik in Systemen mit lasergekühlten Ionen. Unter anderem wurde die lokale Speicherung von Quanteninformation in Kink-Solitonen vorgeschlagen [3].

In einer internationalen Kollaboration untersuchten nun Forscher vom QUEST-Institut sowohl experimentell, als auch theoretisch die Eigenschaften dieser Kink-Solitonen in Coulomb-Kristallen aus 172Yb+-Ionen [4]. Es wurde gezeigt, wie durch die Veränderung des Aspektverhältnisses des einschließenden Potentials unterschiedliche Arten von topologischen Defekten erzeugt und ineinander überführt werden können. Zudem wurde der Einfluss von Massendefekten auf die Erzeugung, die Stabilität und die Dynamik der Kink-Solitonen untersucht (Bild1). Dazu wurde die experimentell beobachtete Dynamik der Solitonen jeweils durch numerische Simulationen und Berechnungen des sogenannten Peierls-Nabarro-Potentials analysiert (Bild2). Das Peierls-Nabarro-Potential ist die gesamte potentielle Energie des Coulomb-Kristalls in Abhängigkeit von der Position des Solitons innerhalb der Ionenkette. Mit Hilfe dieser Betrachtungen gelang es experimentell zu demonstrieren, wie die bisher lediglich probabilistisch auftretenden Kink-Solitonen mit Hilfe eines Massendefekts und eines zusätzlichen elektrischen Feldes nun deterministisch erzeugt und kontrolliert werden können.

Bild 1: Experimentelle CCD Kamera Aufnahmen von Kink-Solitonen mit Massendefekten: Die Positionen der Molekülionen, welche die Massendefekte darstellen, sind rot eingezeichnet. Da sie nicht resonant zum Kühllaser sind, sind sie nicht auf dem Fluoreszenz-Bild zu sehen.

(a) (i) Kink-Soliton mit einem leichten Molekülion (m ≈ 188).
(a) (ii) und (iii) Kink-Solitonen mit schwereren Molekülionen (m ≈ 220).
Durch den Vergleich der Verzerrung des Kristalls mit Simulationen lässt sich die Masse der Molekülionen bestimmen.
(b) Zwei stabile Kink-Solitonen mit zwei Massendefekten in einem Kristall. Erst durch die Wirkung der Massendefekte ist es möglich zwei Kink-Solitonen in einem Kristall zu erzeugen. Ohne Massendefekte wurde sowohl experimentell, als auch in den Simulationen maximal ein stabiles Kink-Soliton pro Kristall beobachtet.

 

Bild 2: Einschließendes Peierls-Nabarro-Potential für Kink-Solitonen:
(a) Vergleich der Peierls-Nabarro-Potentiale für Ionen-Coulomb-Kristalle mit Massendefekten (m = 220) an unterschiedlichen Positionen und für Kristalle ohne Massendefekt. Die Potentiale mit Massendefekt weisen einen deutlich höheren Einschluss und ein Minimum am Ort des Massendefekts auf. Es konnte auch experimentell nachgewiesen werden, dass Kink-Solitonen in Kristallen mit Massendefekten stabiler sind.
(b) Vergleich der Peierls-Nabarro-Potentiale mit unterschiedlichen Massendefekten (m = 220 und m = 188). Die Tiefe des Potentials nimmt mit zunehmender Masse zu. Im Fall von zwei Massendefekten (m = 220) auf den Positionen 11 und 19 entsteht ein Potential mit zwei Minima.


Literatur:

[1]        M. Mielenz , J. Brox, S. Kahra, G. Leschhorn, M. Albert, T. Schaetz, H. Landa and B. Reznik, Trapping of topological-structural defects in Coulomb crystals, Phys. Rev. Lett. 110, 133004 (2013)

[2]        K. Pyka, J. Keller, H. L. Partner, R. Nigmatullin, T. Burgermeister, D.M. Meier, K. Kuhlmann, A. Retzker, M. B. Plenio, W. H. Zurek, A. del Campo, T. E. Mehlstäubler, Topological defect formation and spontaneous symmetry breaking in ion Coulomb crystals, Nature Communications 4, 2291 (2013)

[3]        H. Landa, S. Marcovitch, A. Retzker, M. B. Plenio and B. Reznik, Quantum coherence of discrete kink solitons in ion traps, Phys. Rev. Lett. 104, 043004 (2010)

[4]        H. L. Partner, R. Nigmatullin, T. Burgermeister, K. Pyka, J. Keller, A. Retzker, M. B. Plenio, T. E. Mehlstäubler, Dynamics of topological defects in ion Coulomb crystals, New J. Phys. 15, 103013 (2013)