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Erzeugung und Modellierung von Bessel-Strahlen

05.01.2013

Bessel-Strahlen, die auch eine der mathematischen Lösungen der Helmholtz-Gleichung darstellen, sind, anders als z.B. Gauß-Strahlen, keinerlei Selbstbeugung unterworfen. Ein Bessel-Strahl kann als Integral ebener Wellen, deren Richtungsvektoren auf einem Kegelmantel liegen und in Richtung Kegelspitze zeigen, beschrieben werden. Die unendliche Ausdehnung der ebenen Wellen kann in der Praxis natürlich nicht erreicht werden. Eine endliche Apertur führt daher immer zu Abweichungen vom mathematischen Ideal und letztendlich zur Selbstbeugung der Strahlen, die deswegen nur näherungsweise als Bessel-Strahlen betrachtet werden können [1].

Anwendung finden Bessel-Strahlen z.B. in der Mikroskopie [2] und in optischen Pinzetten [3]. Allerdings gibt es auch Überlegungen, Bessel-Strahlen als schmale Abtast-Strahlen in der optischen Deflektometrie einzusetzen [4]. Aus diesem Grund werden in der AG 4.21 Versuche zur Erzeugung von Bessel-Strahlen mit definierten Eigenschaften auf Basis theoretischer Modelle durchgeführt, die in der AG 4.33 anhand von drei verschiedenen numerischen Methoden simuliert werden.

In Abb. 1 ist der Versuchsaufbau zur Erzeugung von Bessel-Strahlen mit den relevanten Parametern für die Simulation schematisch dargestellt. Ein kollimierter Laserstrahl wird an einer Chrom-Maske mit Ringspalt in Brennweite einer Linse (f = 200 mm) gebeugt. Die Linse transformiert den gebeugten Strahl in einen Bessel-Strahl, der an einem CCD-Sensor nachgewiesen wird.

Abbildung 2 zeigt die gemessene Bestrahlungsstärke. Die auffällige Helligkeitsmodulation der Ringe, teilweise sogar mit Auslöschung, weicht von dem theoretisch erwarteten Profil eines Bessel-Strahls, das eine monotone Abnahme vom Zentrum nach außen erwarten lässt, ab [1].

Die Helligkeitsmodulation der Ringe kann allerdings im Modell exakt wiedergeben werden, wenn man die Rest-Transmission der Chrom-Maske (Optische Dichte OD 3.0) berücksichtigt. Der abgeschwächte kollimierte Strahl wird von der Linse fokussiert. Das resultierende Strahlprofil kann in sehr guter Näherung als Überlagerung aus Bessel-Strahl und Kugelwelle beschrieben werden. In Abb. 3 ist der Vergleich zwischen Experiment und den drei verwendeten numerischen Methoden dargestellt. Als Anpassungsparameter wurde der Abstand Maske-Linse verwendet. Gute Übereinstimmung bekommt man bei der Methode nach Collins [5] bei einem Abstand z1 = 200.3 mm, wohingegen die Methode eines für Strahlverfolgung modifizierten Rayleigh-Sommerfeld-Integrals [6,7] und eine auf Fourier- und Sziklas-Siegman-Transformation [8] beruhende Methode einen Abstand von z1 = 200.1 mm verlangt. Die beiden letzten Methoden wurden selbst entwickelt und werden z.Zt in unterschiedlichen Anwendungen auf ihre allgemeine Anwendbarkeit hin getestet. Im Rahmen der Unsicherheiten aller relevanten Parameter lässt sich die Diskrepanz nicht eindeutig zu Lasten der Collins-Methode nachweisen. Man kann derzeit nur vermuten, dass die paraxiale Näherung, die nur bei der Collins-Methode Anwendung findet, hierfür verantwortlich ist.

Eine genauere Kenntnis der experimentellen Parameter ist erforderlich, um die Methode mit der besten Übereinstimmung zum Experiment zu finden. Andere Experimente mit einer größeren Abweichung zwischen den Vorhersagen der Methoden sind in Vorbereitung. Außerdem werden auch andere Ansätze zur Erzeugung von Bessel-Strahlen, z.B. mit Axicon-Linsen, verfolgt.

Skizze des Versuchsaufbaus zur Erzeugung von Bessel-Strahlen und relevante Parameter für die Simulation.

Auf das Maximum normierte gemessene Bestrahlungsstärke auf dem Bildsensor nach Dunkelfeldabzug im Abstand von 1 m hinter der Linsenmitte. Es wurde die automatische Belichtungszeitanpassung („Rolling“-Modus) der Kamera verwendet.

Vergleich von gemessener und mit drei verschiedenen Methoden berechneter Bestrahlungsstärke im Abstand von 1 m hinter der Linsenmitte. Die berechneten Werte wurden auf das jeweilige Maximum normiert. Wegen der Übersättigung des zentralen Flecks wurden die gemessenen Werte mit einem festen Skalierungsfaktor multipliziert.


Literatur:

[1]        J. Durnin, J. J. Miceli, Jr., Diffraction-Free Beams, Phys. Rev. Letters. 58, 1499-1501 (1987).

[2]        F. Fahrbach, A. Rohrbach, Propagation of self-reconstructing Bessel beams enables contrast-enhanced imaging in thick media, Nat. Commun. 3 (632), doi:10.1038/ncomms1646 (2012).

[3]        J. Arlt, V. Garces-Chavez, W. Sibbett, K. Dholakia, Optical micromanipulation using a Bessel light beam, Opt. Commun. 197, 239-245 (2001).

[4]        G. Ehret, M. Schulz, M. Stavridis, C. Elster, Deflectometric systems for absolute flatness measurements at PTB, Meas. Sci. Technol. 23, in press (2012).

[5]        S. A. Collins, Lens-System Diffraction Integral Written in Terms of Matrix Optics, J. Opt. Soc. Am. 60, 1168-1177 (1970).

[6]        A. Sommerfeld, Optics – Lectures on Theoretical Physics, Vol. IV, (Academic Press, New York, 1954), pp. 199-201.

[7]        J. W. Goodman, Introduction to Fourier Optics, (McGraw-Hill, New York, 1968), pp. 42-45.

[8]        P. Hello, J. Y. Vinet, Simulation of beam propagation in off-axis optical systems, J. Optics 27, 265-278 (1996).