Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Wie schnell fliegen Neutrinos?

30.12.2011

Um im Rahmen des „CERN Neutrino to Gran Sasso“ Projektes (CNGS) die Flugzeit von Neutrinos vom Quellort (CERN, Centre Europeén de Recherche Nuclaire, Genf) bis zum OPERA detector (“Oscillation Project with Emulsion Tracking Apparatus”) [1] im Laboratori Nazionali del Gran Sasso (LNGS), Italien, messen zu können, ist die Kenntnis der genauen Zeitdifferenz zwischen den beiden Referenzpunkten eine Voraussetzung. Seit 2008 werden diese Referenzpunkte kontinuierlich mit GPS-Zeitempfängern miteinander verglichen. Im Juli 2011 wurde dieser GPS-Link mittels der mobilen GPS Kalibriereinheit der PTB kalibriert [2], nicht zuletzt um das seit der Datenauswertung im Frühjahr aufgedeckte unerwartete Ergebnis zu bestätigen oder zu falsifizieren, nämlich dass die Fluggeschwindigkeit der Neutrinos vν  um relativ (2.48 ± 0.28 (stat.) ± 0.30 (sys.))×10-5 höher ist als die Vakuumlichtgeschwindigkeit [3]. Als Ergebnis der Kalibrierung wurde eine Abweichung zwischen der tatsächlichen und der bis dato angenommenen Differenz der Signallaufzeiten in den beiden stationären GPS-Empfängern von nur 2.3 ns gefunden, mit einer 1-σ-Unsicherheit von ca. 1 ns. Das Rätsel der „zu schnellen“ Neutrinos blieb also einstweilen ungelöst.


Das Bild zeigt den OPERA Detektor, den die vom CERN kommenden Neutrinos von links vorne nach rechts hinten durchqueren [1].



[1] The OPERA collaboration, R. Acquafredda et al., “The OPERA experiment in the CERN to Gran Sasso neutrino beam”, JINST 4 (2009) P04018.

[2] T. Feldmann, A. Bauch, D. Piester, M. Rost, E. Goldberg, S. Mitchell, B. Fonville, 2010, “Advanced GPS-based Time Link Calibration with PTB´s new GPS Calibration Setup,” Proc. 42nd PTTI, November 15-18, 2010, Reston VA, USA, 509-526

[3] The OPERA collaboration, T. Adam et al., “Measurement of the neutrino velocity with the Opera detector in the CNGS beam”, arxiv.org/abs/1109.4897