Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Korrekturalgorithmus für interferenzüberlagerte Messdaten

03.12.2011

Interferenzproblematik
Beim Einsatz von Lasern in der Messtechnik treten häufig störende Interferenzeffekte auf. So sind Ergebnisse von Kalibrierungen und Charakterisierungen photometrischer und radiometrischer Empfänger bei Verwendung von cw-Lasern häufig durch Interferenzstrukturen überlagert, so z.B. am Messplatz TULIP [1] der PTB. Diese Interferenzen entstehen aufgrund von Mehrfachreflexionen der schmalbandigen, kohärenten Strahlung an einzelnen optischen Komponenten im Empfänger. Interferenzeffekte können typischerweise in Fällen beobachtet werden, wenn der Empfänger z.B. keinen Diffusor besitzt. Hier überlagern die konstruktiv und destruktiv interferierenden Teile der optischen Strahlung als spektrale Oszillation (Interferenzstreifen) die spektrale Empfindlichkeitsfunktion des Empfängers. Es sind verschiedene Verfahren bekannt, die ungewollte Interferenzoszillationen reduzieren oder sie geeignet verarbeiten: (i) die Verwendung eines Diffusors vor dem Eintrittsfenster des Empfängers [2] oder die Verwendung von keilförmigen Filtern oder Filtern mit Antireflexionsbeschichtung [3] können die Interferenzeffekte stark reduzieren oder in einigen Fällen sogar komplett verhindern. Dennoch sind solche Erweiterungen des Empfängerdesigns i.Allg. unerwünscht oder schlicht nicht praktikabel. (ii) Abhängig von den experimentellen Daten kann eine Auslöschung der Interferenzstruktur durch eine Mittelung über einzelne Interferenzperioden oder durch eine gleitende Mittelwertbildung mit einer variablen Periodenlänge erreicht werden [3,4]. Dieses Verfahren kann für einige Anwendungen zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen. Jedoch ist es i.Allg. schwierig, den genauen Messunsicherheitsbeitrag für derartige Mittelungsmethoden zu bestimmen, denn die Interferenzen bestehen nicht nur aus einfachen Sinusschwingungen konstanter Periodenlänge.

Korrekturalgorithmus

Die grundlegende Idee des vorgeschlagenen Korrekturalgorithmus ist in Bild 1 skizziert. Der Algorithmus basiert auf einem Ansatz der digitalen Filterung, der aus der digitalen Signalverarbeitung bekannt ist [5].





Bild1: Blockschema des Algorithmus, basierend auf digitaler Filterung, zur Korrektur von Interferenzeffekten bei Messdaten von Lasermessplätzen.

Um Informationen über die Frequenzkomponenten der spektralen Empfindlichkeitsfunktion zu erhalten, müssen die diskreten Werte der gemessenen Empfindlichkeit zunächst mittels diskreter Fourier Transformation (DFT) in den Raumfrequenzbereich transformiert werden. Die Transformation zeigt nun einen Hauptpeak um ca. 0 cycles/nm. Dieser Peak enthält Informationen über die Filterfunktion des Empfängers. Die Transformation zeigt außerdem zusätzliche Peaks bei höheren Frequenzen, die durch die Interferenzen hervorgerufen werden. Durch Anwendung einer Hüllkurvendetektion erhält man Informationen über die Maximalwerte der einzelnen Signalkomponenten und deren Lage und Bandbreite im Raumfrequenzbereich. Für die selektierten Peaks - hervorgerufen durch die Interferenzen - wird nun das Verhältnis von maximalem Signalwert zum Rauschniveau berechnet, das sog. peak-signal-to-noise ratio (PSNR). Aus diesen Informationen kann nun ein digitales IIR (infinite impulse response) Filter berechnet werden, um die ausgewählten Raumfrequenzkomponenten gezielt zu dämpfen. Die Filterung kann entweder durch Multiplikation im Raumfrequenzbereich oder durch Faltung im Wellenlängenbereich durchgeführt werden. Zusätzlich kann noch eine Tiefpassfilterung angewandt werden, um das Rauschniveau zu reduzieren. Nach der Berechnung im Frequenzbereich muss eine inverse Fourier Transformation angewendet werden, um das gefilterte Ergebnis im Wellenlängenbereich zu erhalten.

Anwendungsbeispiel
Die Strahldichteempfindlichkeit eines Pyrometers Typ LP3 [6] wurde im Wellenlängenbereich von 620nm bis 680nm mit einer Auflösung von 0,01nm gemessen. Die gemessene Strahldichteempfindlichkeit mit den Interferenzen und die zugeordnete Messunsicherheit sind in Bild 2 dargestellt. Bild 3 (blaue Kurve) zeigt das transformierte Messsignal in Raumfrequenzbereich.



Bild2a) Gemessene spektrale Strahldichteempfindlichkeit eines gefilterten Strahldichteempfängers (Pyrometer Typ LP3) (blaue Kurve, linke Achse), gefilterte Daten nach Anwendung des Korrekturalgorithmus (grüne Kurve, linke Achse) und zugehörige erweiterte Messunsicherheit (gestrichelte schwarze Kurve, rechte Achse).


Bild2b) Nahaufnahme der Messdaten im Spektralbereich zwischen 647,5 nm und 651,0 nm.



Bild3: Spektrum der gemessenen Strahldichteempfindlichkeit des Pyrometers vor (blau) und nach (grün) Anwendung des Korrekturalgorithmus.

Neben dem Peak bei ungefähr 0 cycles/nm können noch zwei weitere Peaks bei 6 cycles/nm und 22 cycles/nm detektiert werden. Diese durch die Interferenzen hervorgerufenen, ungewünschten Frequenzen werden mit zwei Bandsperrfiltern gedämpft. Zusätzlich wird noch eine Tiefpassfilterung angewendet, um die Rauschkomponenten zu dämpfen. Die aus diesem Algorithmus resultierenden Ergebnisse im Raumfrequenzbereich und im Wellenlängenbereich sind als grüne Kurve in Bild 3 und Bild 2 dargestellt.

Beitrag zur Messunsicherheit
Die Wirksamkeit des Algorithmus und die Unsicherheitsfortpflanzung der Eingangsvariablen durch den Algorithmus wurden mittels Simulation und Vergleich mit Messdaten an anderen Messplätzen getestet. Zu diesem Zweck wurden Laser-basierte Messungen einer gefensterten Photodiode simuliert. Die Ergebnisse nach dem Filteralgorithmus wurden mit Messdaten an einem Monochromator-basierten Messplatz verglichen, welche keine Interferenzen aufwiesen. Es konnte gezeigt werden, dass die Abweichung zwischen den gefilterten Messdaten und den interferenzfreien Messdaten lediglich etwa 0,05% betrug. Das steht in guter Übereinstimmung mit den Messunsicherheiten, die den Messungen am TULIP Messplatz zugeordnet werden.


Literatur:

[1]    A. Sperling, O. Larionov, U. Grusemann, and S. Winter, Stray-light correction of array spectroradiometers using tunable pulsed and cw lasers, Proc. of NEWRAD: 9th International Conference on New Developments and Applications in Optical Radiometry (2005)

[2]    L.P.Boivin, Diffusers in silicon-photodiode radiometers, Appl. Opt. 21, 918-923 (1982)

[3]    N. Noorma, P. Toivanen, F. Manoocheri, and E. Ikonen, Characterization of filter radiometers with a wavelength-tunable laser source, Metrologia 40, S220-S223 (2003)

[4]    V. Ahtee, S. W. Brown, T. C. Larason, K. R. Lykke, E. Ikonen, and M. Noorma. Comparison of absolute spectral irradiance responsivity measurement techniques using wavelength-tunable lasers, Appl. Opt. 46, 4228-4236 (2007)

[5]    A. Quinquis, Digital signal processing using MATLAB, ISTE, London (2008)

[6]    T. Keawprasert, et. al., Monochromator-based absolute calibration of radiation     thermometers, International Journal of Thermophysics: 32, 7/8, 1697-1706      (2011)