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Erste Messungen mit dem neuen Ebenheitsreferenzsystem

18.12.2011

Einleitung
Der neue deflektometrische Ebenheitsstandard (DFR: Deflectometric Flatness Reference) kann die absolute Ebenheit von Prüflingen mit Größen bis zu einem Meter und mit Massen bis zu 120 kg messen [1, 2]. Er besteht aus einem System für liegende und einem System für stehende Prüflinge. Die Unsicherheit kann bis in den Sub-Nanometerbereich verringert werden – auch für große Prüflinge mit typischen Höhen bis 200 nm.
In Abb. 1 ist ein Foto des Systems für liegende Prüflinge gezeigt. An einer hochgenauen luftgelagerten Linearachse mit Führungsfehlern von weniger als drei Winkelsekunden bei einem Verfahrweg von einem Meter sind zwei Schlitten befestigt. Mit dem ersten Schlitten kann der Autokollimator und mit dem zweiten das Pentaprisma bzw. eine entsprechende Doppelspiegeleinheit bewegt werden. In den beiden Systemen sind drei verschiedene deflektometrische Prinzipien realisiert: Direkt- und Differenzdeflektometrie [1, 2] sowie das sogenannte „Exact Autocollimation Deflectometric Scanning“ (EADS)-Verfahren [3]. Für die Ausrichtung der Doppelspiegel-Einheit zur optischen Achse wurden geeignete Justierverfahren an der PTB entwickelt [4-5]. Damit ist es möglich Justierungen im Winkelsekundenbereich zu erreichen.



Foto des DFR-Systems für liegende Prüflinge


Modellierung
Zur Quantifizierung von Fehlereinflüssen, zum Vergleich der verschiedenen deflektometrischen Messmodi und zur Bestimmung der Messunsicherheiten wurde das in Abb.1 gezeigte System in die bestehende Simulationsumgebung der PTB implementiert. Für die Sensitivitätsanalyse wurden 4 Gruppen (Scanning stage, Autokollimator, Doppelspiegel und Prüfling) gebildet, die zunächst untereinander verglichen wurden, um herauszufinden, welche Gruppe den größten Fehlereinfluss liefert. Abb. 2 zeigt das Ergebnis einer Sensitivitätsanalyse für den Fall der direkten Deflektometrie. Die sog. Boxplots stellen hier die Sensitivität gemittelt über 100 virtuelle Experimente dar. Links im Boxplot ist der Fehler ausgeschaltet (ideal) und rechts im Boxplot ist der Fehler eingeschaltet (real). Die Boxplots zeigen, dass bei den so gewählten Eingangsgrößen alle 4 Gruppen ähnliche Sensitivitäten haben und Messungen im Sub-Nanometerbereich auch für große Prüflinge möglich sind.

Typische Sensitivitätsanalyse eines 800 mm Scans für die vier Gruppen (von links nach rechts: Führungsfehler, Autokollimatorfehler, Fehler des Doppelspiegelsystems und Einfluss der Prüflingstopographie)

Experimente
Es wurden 2011 erste reale Experimente durchgeführt. Abb. 3 zeigt dabei gemessenen Steigungen für 7 Scans am Glasprüfling, der in Abb. 1 zu sehen ist. Die Abweichungen der gemessen Steigungen von Scan zu Scan liegen im Bereich von 0,01 arcsec.



Gemessene Steigungen von 7 Scans für die Direkt-Deflektometrie mit einer Scanlänge von 540 mm. Abweichungen von Scan zu Scan liegen im Bereich von 0,01 arcsec.

Aus den gemessenen Steigungen in Abb. 3 ergeben sich durch Integration die Topographien in Abb. 4.



Gemessene Topographien der 7 Scans

Abb. 5 stellt die Standardabweichungen der 7 Scans dar, die hier im Mittel unter 0,5 nm liegen. Damit ist die Grundvoraussetzung für das Erreichen von Subnanometer-Unsicherheiten gegeben.




Streuung der gemessenen Topographien der 7 Scans


Literatur:

[1]    G. Ehret, M. Schulz, M. Baier, A. Fitzenreiter: A new optical flatness reference measurement system; DGaO-Proceedings, 110. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für angewandte Optik (DGaO), (2009), www.dgao-proceedings.de/download/110/110_p22.pdf

[2]    M. Schulz, G. Ehret, M. Stavridis, C. Elster: Concept, design and capability analysis of the new Deflectometric Flatness Reference at PTB, Nucl. Instr. and Methods in Phys. Res. A616, pp. 134-139, (2010)

[3]    M. Schulz, G. Ehret, A. Fitzenreiter: Scanning deflectometric form measurement avoiding path-dependent angle measurement errors; Journal of the European Optical Society: Rapid Publications (2010), www.jeos.org/index.php/jeos_rp/article/view/10026/596

[4]    S. K. Barber, R. D. Geckeler, V. V. Yashchuk, M. V. Gubarev, J. Buchheim, F. Siewert, T. Zeschke: Optimal alignment of mirror-based pentaprisms for scanning deflectometric devices, Opt. Eng. 50, 073602 (2011)

[5]    R. D. Geckeler: Optimal use of pentaprisms in highly accurate deflectometric scanning, Meas. Sci. Technol. 18, 115-125 (2007)

[6]    G. Ehret, M. Schulz, A. Fitzenreiter, M. Baier, W. Jöckel, M. Stavridis, C. Elster: Alignment methods for ultraprecise deflectometric flatness metrology, Proc. of SPIE: 8082, pp. 808213-1 - 808213-8 (2011)

[7]     EMRP-Project: "Optical and tactile metrology for absolute form characterization" (Laufzeit: 2011-2014), www.ptb.de/emrp/ind10-home.html