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Rückgeführte Messung der Größe von Nanopartikeln mit einem Rasterelektronenmikroskop

01.12.2011

Zur Abbildung und Untersuchung von Nanopartikeln werden häufig Rasterelektronenmikroskope eingesetzt. Eine vielversprechende Alternative zur üblichen Abbildung mit Sekundärelektronen ist die Benutzung eines Transmissionsdetektors, der diejenigen Elektronen nachweist, die die Probe durchdringen [1]. Dieses Verfahren wird auch kurz als TSEM-Verfahren bezeichnet (für Transmission Scanning Electron Microscopy).
Die mit dieser Technik erzeugten Aufnahmen von Nanopartikeln (siehe z.B. Abb.1), die an Schattenbilder erinnern, lassen sich vergleichsweise einfach theoretisch simulieren und mit entsprechenden Bildanalyseverfahren automatisch auswerten [1,2]. Abb. 2 zeigt als Beispiel das gemessene TSEM-Signalprofil (Querschnittsprofil) eines Latex-Nanopartikels und die dazugehörige Simulation.



Abb. 1. Abbildung von Latex-Nanopartikeln (etwa 90 nm groß)



Abb. 2. TSEM-Signalprofil (Messung und Simulation) eines etwa 90 nm großen Latex-Nanopartikels, der Partikelrand ist durch die grün gestrichelten Linie gekennzeichnet.

Für eine rückgeführte Größenmessung ist eine Kalibrierung des Rasterelektronenmikroskops und eine Messunsicherheitsabschätzung erforderlich. Zur Kalibrierung des Mikroskops wurde ein zweidimensionales Gitter aus Aluminium-Strukturen auf einer Silizium-Unterlage verwendet, dessen mittlere Gitterperiode von rund 144 nm mit einem rückgeführten UV-Diffraktometer [3] in x- und y-Richtung gemessen wurde [4].
Die Messunsicherheit hängt von mehreren Einflussgrößen ab, von denen die Unsicherheit der kalibrierten REM-Vergrößerung nur eine vergleichsweise geringe Rolle spielt. Wesentliche Einflussgrößen bei der Messung eines einzelnen Partikels sind

•    die Unsicherheit des verwendeten theoretischen Schwellwerts, d.h. des TSEM-Signals am Rand des Partikels. Dieser wird bei der Bildauswertung zu Grunde gelegt und ist  von experimentellen Parametern wie z.B. der Elektronenenergie, dem Durchmesser des Elektronenstrahls sowie Materialparametern abhängig. Da er auch von der Partikelgröße selbst abhängt muss ein iteratives Verfahren für jedes einzelne Partikel angewandt werden.
•    die Unsicherheit bei der experimentellen Bestimmung der TSEM-Signale, die durch Artefakte wie z.B. Verunreinigungen oder Ungleichmäßigkeiten der nur etwa 10 nm dicken Substratunterlage gestört sein können.
•    die Gültigkeit der Voraussetzung, dass die Partikel sphärisch sind.

Für die Bestimmung von Größenverteilungen  und statistischer Werte wie Mittelwert und Verteilungsbreite ist es wichtig, Partikel-Agglomerate, Verunreinigungen oder andere Artefakte von den zu messenden Einzelpartikeln sicher zu unterscheiden. Dies ist nicht nur eine Frage einer optimierten Bildanalyse, sondern erfordert oft auch Erfahrung in der Anwendung der Bildauswertung.
Die geeignete Präparation der z.B. als Suspension oder Aerosol vorliegenden Partikel ist Gegenstand aktueller Untersuchungen. Da aus der gemessenen Teilprobe auf die Gesamtprobe geschlossen wird, ist sicherzustellen, dass die gemessenen Partikel eine repräsentative Stichprobe darstellen, was eine große Herausforderung darstellt. Darüber hinaus sollen die Nanopartikel möglichst vereinzelt auf dem Substrat vorliegen, um eine automatische Bildauswertung zu ermöglichen.
Ein Beispiel einer gemessenen Partikelgrößenverteilung zeigt Abb. 3: Dargestellt ist die Größenverteilung von Gold-Nanopartikeln (NIST RM  8011) mit einem nominellen Durchmesser  von 10 nm. Der gemessene Mittelwert der Partikelgrößenverteilung liegt bei 9,1 nm mit einer erweiterten Unsicherheit (k=2) von 1,2 nm. Die Standardabweichung der Größenverteilung (Verteilungsbreite) beträgt 0,8 nm oder etwa 9% bezogen auf den Mittelwert.  



Abb. 3. Gemessene Größenverteilung einer Stichprobe (etwa 2300 Partikel) von Gold-Nanopartikeln (NIST RM 8011).



[1]    E. Buhr, N. Senftleben, T. Klein, D. Bergmann, D. Gnieser, C. G. Frase, H. Bosse: Characterization of nanoparticles by scanning electron microscopy in transmission mode, Meas. Sci. Technol., 20, 084025 (9p), (2009)

[2]    T. Klein, E. Buhr, K.-P. Johnsen, C. G. Frase: Traceable measurement of nanoparticle size using a SEM in transmission mode (TSEM), Meas. Sci. Technol. 22, 094002 (9p), (2011)

[3]    E. Buhr, W. Michaelis, A. Diener and W. Mirandé: Multi-wavelength VIS/UV optical diffractometer for high-accuracy calibration of nano-scale pitch standards, Meas. Sci. Technol., 18, 667-674 (2007)

[4]    D. A. Chernoff, E. Buhr, D. L. Burkhead, A. Diener: Picometer-scale accuracy in pitch metrology by optical diffraction and atomic force microscopy, Proc. SPIE 6922, Metrology, Inspection, and Process Control for Microlithography XXII, J.A. Allgair, C.J. Raymond (Eds.),  69223J (2008)