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Neuartiges Frequenzverschiebeverfahren für optische Frequenzkämme

14.12.2011

Optische Frequenzkämme haben sich in den letzten 10 Jahren als wichtiges Werkzeug in der Metrologie etabliert, z.B. in der Frequenzmetrologie als "Uhrwerk" optischer Uhren, in der Präzisionsspektroskopie oder in der Längen- und Abstandsmessung. Zur Kontrolle der optischen Frequenzen der Kammlinien, d. h. ihrer Verschiebung relativ zum Ursprung (sog. carrier-envelope offset, CEO, Frequenz) werden bisher Kammgenerator-spezifische Stellelemente eingesetzt. Dies sind etwa, Resonator-interne z.B. Piezo-basierte Aktuatoren oder akustooptische Modulatoren (AOMs) als externe Frequenzverschieber. Beide weisen erhebliche Nachteile auf, wie z.B. eine begrenzte Stellbandbreite und optische Bandbreite. Für viele Anwendungen wären universelle, d.h. vom Kammgenerator unabhängige, Resonator-externe Stellelemente wünschenswert, die dann beliebige arbiträre zeitliche Verläufe der Verschiebefrequenz und/oder hohe Regelbandbreiten bis in den 10 MHz - Bereich ermöglichen würden.

Im Fachbereich "Optische Technologien" wurde ein Frequenzverschiebeverfahren für ein derartiges universelles Stellelement entwickelt. Eine einfache Beschreibung seiner Funktionsweise ist möglich, wenn man sich o. B. d. A. den optischen Frequenzkamm aus einer hochperiodischen Abfolge kurzer Lichtimpulse vorstellt. Das Verfahren basiert nun darauf, dass mit einem elektrooptischen Modulator (EOM), dessen Brechungsindexänderung proportional zu einer angelegten Spannung ist, die optische Trägerphase jeweils aufeinander folgender Impulse fortschreitend verändert. Eine derartige Trägerphasenänderung pro Zeit, d.h. pro Impulsabstand, entspricht einer Trägerfrequenzverschiebung. Dabei reicht es wegen der 2π-Periodizität der Trägerwelle aus, die erforderlichen Phasenstellungen modulo 2π am EOM einzustellen. Die erforderlichen Sprünge des EOM-Brechungsindexes können in der Zeit zwischen den Impulsen vorgenommen werden, d.h. wenn kein Licht da ist und somit der exakte Verlauf des Sprungs irrelevant ist. Dadurch wird die benötigte EOM-Treiberspannung nie größer als die 2π -Spannung, auch nicht bei großhubigen Frequenzverschiebeverläufen. Bei integriert-optischen EOMs liegen diese Spannungen im Volt-Bereich, bei Sprungzeiten von wenigen 10 ps. Da eine Trägerfrequenzverschiebung bei unverändertem Impulsabstand definitionsgemäß einer Änderung der carrier-envelope-offset (CEO) Frequenz eines Frequenzkamms entspricht, werden somit die CEO-Frequenz des Frequenzkamms bzw. die Frequenzen aller Kammlinien verschoben. Prinzipiell sind mit dem Verfahren agile eindeutige Änderungen der Verschiebefrequenz bis einem Bruchteil der Impuls-Repetitionsrate während eines Impulsabstandes möglich, was bei typischen Kammgeneratoren zu Geschwindigkeiten von größenordnungsmäßig 1015 Hz/s führt

Ein Algorithmus, der aus einem vorgegebenen zeitlichen Frequenzverlauf die erforderlichen modulo-2π-Spannungen am EOM berechnet, lässt sich mit schneller Digitalelektronik realisieren. Die 2π-Sprünge werden dabei perfekt durch einen digitalen Überlauf realisiert. In einem ersten Demonstrationsexperiment wurde einem digitalen Signalprozessor ein veränderlicher Frequenzverlauf (ca. 100 neue Frequenzverschiebewerte pro Sekunde) vorgegeben. Mit dieser Zeitfunktion wurde der optische Frequenzkamm aus einem modengekoppelten Erbium-Faserlaser mittels eines EOMs in seiner CEO-Frequenz verschoben. Das optische Spektrum des so verschobenen Frequenzkamms wurde mit einem hochauflösenden Spektrumanalysator auf scanning-Fabry-Perot-Basis gemessen. Der zeitliche Verlauf des Spektrums ist in der Abbildung dargestellt.


Spektrum eines optischen Frequenzkamms, dessen Linien nach einem vorgegebenen zeitlichen Verlauf frequenzverschoben wurden.

Zur Zeit t=0 sind fünf Linien des unverschobenen Frequenzkamms zu erkennen, mit einem Abstand von 56 MHz, der Impulswiederholrate. Nach ca. 1 s wurde damit begonnen, die Frequenzverschiebung sinusförmig mit einem Hub von 56 MHz zu verändern. Bei ca. 7 s geht der vorgegebene Verlauf in eine lineare Rampe über, bei ca. 10 s in eine kubische Zeitabhängigkeit mit entgegengesetztem Vorzeichen. Bei t=16 s springt die vorgegebene Frequenzverschiebung wieder auf null. Es ist klar zu erkennen, dass der zeitliche Verlauf des Kammspektrums präzise dem vorgegebenen Frequenzverschiebeverlauf folgt.

Das vorgestellte Frequenzverschiebeverfahren ist universell, d. h. ohne Resonatoreingriff, für modengekoppelte Laser einsetzbar. Es kann sämtliche Linien schnell und agil innerhalb der vollen Breite des Frequenzkammes parallel verschieben und erzeugt dabei prinzipiell keine unerwünschten spektralen Nebenprodukte wie etwa höhere Ordnungen oder einen unverschobenen Untergrund.