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900 km Faserlink für den Vergleich weltbester Uhren charakterisiert

08.12.2011

Optische Telekommunikationsfasern werden inzwischen nicht nur zur Datenübertragung, sondern auch zur Zeit- und Frequenzübertragung genutzt. Hier hat sich die Übertragung einer optischen Frequenz über phasenstabilisierte Glasfaserverbindungen nach den ersten Langstreckenexperimenten [1,2] weltweit als überlegenes Verfahren durchgesetzt, mit dem die höchste Stabilität und kleinste Unsicherheit [3] erzielt werden.
Eine der Hauptanwendungen ist der Vergleich höchstpräziser optischer Uhren, die eine relative Unsicherheit von etwa 10-17 aufweisen; neben metrologischen Zielsetzungen ermöglicht dies auch neuartige physikalische Experimente [4]. Da sich die besten Uhren in weit voneinander entfernten Laboratorien der Staatsinstitute befinden, sind große Distanzen von 1000 km und mehr zu überwinden. Mit aufwändigen,  kaskadierten Verbindungen [5] konnten bisher Distanzen von etwa 300 km demonstriert werden, während an der PTB das Konzept einer direkten Verbindung verfolgt wird.
Als weltweit längste realisierte Strecke sind jetzt zwei 900 km phasenstabilisierte Glasfaserverbindungen zwischen der PTB Braunschweig und dem Max-Planck-Institut für Quantenoptik (MPQ) in Garching in Betrieb. Eine Streckendämpfung von 200 dB wird durch eine Kombination von jeweils neun ferngesteuerten bi-direktionalen Verstärkern und einem speziellen Faser-Brillouin-Verstärker [6] kompensiert.
Aufgrund großer Signalschwankungen war die Verbindung zunächst hochempfindlich, wurde aber bereits - mit einer moderaten Unsicherheit besser 1×10-16 - zur Messung des 1S-2S Übergangs von Wasserstoff im MPQ-Labor gegen die Cs-Fontäne der PTB genutzt [7]. Nachdem wesentliche Verbesserungen erzielt werden konnten, ist es nun möglich, beide Faserverbindungen über viele Stunden simultan zu betreiben. Sie bilden, mit synchronisierter Datenaufnahme an beiden Instituten, derzeit eine geschlossene Schleife: dies erlaubt eine präzise Charakterisierung, die z.B. unabhängig ist von der Gravitationsrotverschiebung zwischen PTB und MPQ.
Kontinuierliche Messungen bis zu einem Tag Dauer zeigen Ergebnisse [8], die die ursprüngliche Zielsetzung und Abschätzungen sogar übertreffen: die relativen Frequenzfluktuationen bei der Übertragung sind etwa 5×10-14 (1s Messzeit) und fallen invers mit der Messzeit ab. Dies entspräche einem konstanten Zeitjitter von nur 50 fs. Die Frequenzfluktuationen sind bereits nach 10 Minuten kleiner als die erwarteten Frequenzfluktuationen einer Strontium-Gitter-Uhr [9], siehe Bild 1. Für die Frequenzübertragung wird nach 10000 s eine Unsicherheit von 5×10-18 erreicht, durch längere Messungen konnte eine Frequenzunsicherheit kleiner 1.5×10-18 verifiziert werden.
Die Vision eines Metrologie-Netzwerks, das die besten Uhren Europas per phasen-stabilisierter Glasfaser verbindet, ist somit näher gerückt. Dieses Ziel wird aktuell im Rahmen des Europäischen Metrologie Forschungsprogramms (EMRP) und des Exzellenzclusters QUEST verfolgt.


900 km Faserlink


Literatur:

[1]    G. Grosche, B. Lipphardt, H. Schnatz et al., Proceed. CLEO, CMKK1 (2007)
[2]    N. Newbury, P.A. Williams and W.C. Swann, Opt. Lett. 32, 3056 (2007)
[3]    G. Grosche, O. Terra, K. Predehl et al., Opt. Lett. 34, 2270 (2009)
[4]    C.W. Chou, D.B. Hume, J.C.J. Koelemeij et al. Phys. Rev. Lett. 104, 070802 (2010)
[5]    O. Lopez, A. Haboucha, F. Kefelian et al. Opt. Exp. 18, 16849 (2010)
[6]    O. Terra, G. Grosche, H. Schnatz, Opt. Exp. 18, 16102 (2010)
[7]    A. Mateev, Ch. G. Parthey, K. Predehl et al., in Vorb.
[8]    G. Grosche, K. Predehl, S.M.F. Raupach et al., CLEO-PacificRim (2011)
[9]    St. Falke, H Schnatz, J S R Vellore Winfred et al., Metrologia 48, 399 (2011)