
Zur Methodik der Zündgefahrenbewertung an explosionsgeschützten mechanischen Geräten
Anforderungen aus Richtlinie 94/9/EG und DIN EN 13463-1
Nach DIN EN 13463-1 „Nicht-elektrische Geräte für den Einsatz in explosionsgefährdeten Bereichen – Grundlagen und Anforderungen“ ist für explosionsgeschützte mechanische Geräte grundsätzlich eine Zündgefahrenbewertung durchzuführen, aus der die sicherheitstechnisch notwendigen Maßnahmen zur Vermeidung der Zündgefahren in Abhängigkeit von zu berücksichtigenden Fehlerzuständen und Fehlgebrauch abzuleiten sind. Die Anwendung dieser Norm bildet Basis für die Erfüllung der grundlegenden Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen der Explosionsschutz- Richtlinie 94/9/EG. Richtlinie und Norm stellen Anforderungen an das Ergebnis einer Zündgefahrenbewertung, geben jedoch keine Anleitung, wie man die Bewertung durchführen kann. Das hier beschriebene Verfahren unterstützt ein systematisches Vorgehen, stellt die spätere Nachvollziehbarkeit sicher und ermöglicht die Fortschreibung der Bewertung bei Änderungen. Zusätzlich kann leicht der notwendige Bezug zur geforderten technischen Dokumentation einschließlich Betriebsanleitung hergestellt werden.
Erweitertes Berichtsschema
Das gegenüber DIN EN 13463-1 erweiterte Berichtsschema bietet folgende Vorteile:
|
Bewertungsverfahren
Die Bewertung wird in vier grundlegenden Arbeitsschritten durchgeführt, die den vier Spalten des erweiterten Berichtsschemas entsprechen. Dabei müssen die Bewertungsschleifen für eine bestimmte Gerätekategorie solange durchlaufen werden, bis alle identifizierten Zündgefahren durch geeignete Maßnahmen als hinreichend unwahrscheinlich anzusehen sind:
1. Analyse der Zündgefahren und deren Ursachen (Spalte 1):
In diesem Schritt wird für das Produkt eine vollständige Liste aller denkbaren Zündgefahren erstellt.
2. Bewertung der Zündgefahren bezüglich der Häufigkeit ihres Auftretens (Spalte 2):
In diesem Schritt wird bewertet und begründet, wie häufig die einzelne identifizierte Zündgefahr zu einer wirksamen Zündquelle werden kann. Die Bewertung ist eine Einschätzung der Wahrscheinlichkeit, mit der ein bestimmter Fehlerzustand mit entsprechenden Folgen auftritt.
3. Bestimmung der erforderlichen Maßnahmen und deren Dokumentation (Spalte 3):
In diesem Schritt werden geeignete Maßnahmen festgelegt, die das Wirksamwerden der jeweils betrachteten Zündquelle in Bezug auf die angestrebte Kategorie hinreichend unwahrscheinlich werden lässt.
4. Abschließende Bewertung mit Bestimmung der Gerätekategorie (Spalte 4):
In diesem Schritt wird unter Berücksichtigung der zuvor beschriebenen Maßnahmen und bezüglich jeder einzelnen Zündgefahr die resultierende Gerätekategorie und ggf. notwendige Einschränkungen ausgewertet.
Analyse und Identifizierung der Zündgefahren
Für mechanische Geräte sind typischerweise potenzielle Zündgefahren durch heiße Oberflächen, mechanisch erzeugte Funken und statische Elektrizität zu betrachten. Diese potenziellen Zündgefahren sind dann einzeln zu betrachten im Hinblick auf die Besonderheiten der
|
Zündgefahren durch elektrostatische Aufladung zeigen sich, wenn nichtleitfähige Materialien in engem Kontakt aneinander reiben und anschließend rasch voneinander getrennt werden. Kritisch sind weiterhin isolierte leitfähige Teile, da sie gegenüber geerdeten Teilen des Gerätes auch ohne Reibung hohe Potenzialdifferenzen annehmen können.
Zündgefahren durch heiße Oberflächen ergeben sich dort, wo Relativbewegungen aus Gründen der Funktion unvermeidbar sind, z. B. bei Dichtelementen, Getrieben, Kupplungen und Lagern. Dabei ist insbesondere die Überlagerung mehrerer Wärmequellen zu beachten, z. B. Lagererwärmung und Prozesswärme.
Zündgefahren durch mechanische Funken entstehen bei einer schleifenden Bewegung mit hoher Relativgeschwindigkeit. Die Entstehung von mechanischen Funken wird sehr stark durch die Werkstoffpaarung beeinflusst. Als hinreichend funkenarm gelten Paarungen von Messing, Bronze, Kupfer und Edelstahl.
Maßnahmen zur Vermeidung von wirksamen Zündquellen
Maßnahmen können in Form der Zündschutzarten nach DIN EN 13463-1 vorliegen aber auch als Merkmale der Konstruktion, als Teil der Betriebsanleitung (Inbetriebnahme, Wartung, Warnhinweise etc.) oder als Vorgaben für die Fertigung (Werkstoffparameter, Fertigungstoleranzen). Ebenso können mehrere Maßnahmen festgelegt sein, die im Zusammenwirken das Schutzziel erreichen.
Veröffentlichungen
Beyer, M.: Assessment method for ignition hazards caused by mechanical ignition sources. In: PCIC Europe 2005 - 2nd Petroleum and Chemical Industry Conference Europe - Electrical and Instrumentation Applications, October 2005, Basle, Switzerland
Beyer, M.: On the Method of Ignition Hazard Assessment for Explosion Protected Non-Electrical Equipment. In: Ex-Magazine 31 (2005) 78-85
(Download, PDF, 230 kB, Ex-Magazine)
Beyer, M.: Zur Methode der Zündgefahrenbewertung für explosionsgeschützte nicht-elektrische Geräte. In: Ex-Zeitschrift 37 (2005) 74-81
(Download, PDF, 421 kB, Ex-Zeitschrift)
Himstedt, M., Beyer, M.: Explosiongeschützte Rührwerke - Beispiele für eine Zündgefahrenbewertung.
In: TÜ 45 (2004) Nr. 5, 36-41 (Download, PDF, 269 kB, Zeitschrift Technische Überwachung)
Beyer, M.: Systematische Zündgefahrenbewertung an explosionsgeschützten mechanischen Geräten.
In: TÜ 45 (2004) Nr. 3, 27-31 (Download, PDF, 567 kB, Zeitschrift Technische Überwachung)
Beyer, M.: Bewertung der Zündgefahren von explosionsgeschützten nichtelektrischen Geräten.
In: CIT 75 (2003) Heft 8, 1099-1100
Beyer, M.: Zur Methode der Zündgefahrenbewertung für explosionsgeschützte nichtelektrische Geräte.
In: PTB-Mitt. 113 (2003) Heft 2, 126-131
Beyer, M.: Ignition Hazard Assessment Method for Explosion-protected Non-electrical Equipment
(in englischer und chinesischer Sprache).
In: Int. Industrial Explosion Protection Technical Conference, Shanghai, P. R. of China (2003) 25-34 und 78-87
Beyer, M.: Ignition Hazard Assessment on Explosion-protected Non-electrical Equipment. In: Int. ESMG Symp. On Process Safety and Industrial Explosion Protection, Nürnberg (2002)
Kontakt
Ansprechpartner | Dir. u. Prof. Dr.-Ing. Michael Beyer Tel.: 0531-592-3700 E-Mail: ![]() | |
Anschrift | Physikalisch-Technische Bundesanstalt Arbeitsgruppe 3.73 Bundesallee 100 38116 Braunschweig |