Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Brennwertmessgerät für Biogas zum Einsatz im geschäftlichen Verkehr

06.11.2009
Ein wesentliches Ziel der Klimaschutz- und Energiepolitik der Bundesregierung ist die Förderung der Biogaserzeugung und -nutzung.
Zum einen wird durch das Gesetz für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) und das Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG) die Produktion von Biogasen und deren Verstromung in Blockheizkraftwerken gefördert, so dass die Anzahl der Biogasanlagen in Deutschland in den vergangenen Jahren exponentiell angestiegen ist. Zum anderen soll Biogas als Austausch- oder Zusatzgas in die existierenden Erdgasnetze eingespeist werden. Die Bundesregierung hat mit dem Entwurf zur Änderung der Gasnetzzugangsverordnung (GasNZV) als Ziel ein Biogasanteil von 10 % in deutschen Erdgasnetzen definiert.
Die Messtechnik zur Abrechnung der Handelsware bzw. des Energieträgers "Biogas" unterliegt dabei, wie im geschäftlichen Verkehr erforderlich, dem Eichrecht. Neben der Menge (Volumen) ist der Brennwert mit zugelassenen Messgeräten zu bestimmen.
Gegenwärtig gibt es jedoch keine eichfähigen Brennwertmessgeräte für Biogase. Hilfsweise werden daher Geräte, die für Erdgas entwickelt wurden, eingesetzt. Da aufbereitetes und einspeisefähiges Biogas neben seinen Hauptkomponenten Methan und Kohlenstoffdioxid jedoch ebenfalls Sauerstoff und Wasserstoff enthalten kann, ist die für Erdgas zugelassene Messtechnik zur Bestimmung von Brennwerten von Biogasen nicht ohne Einschränkungen oder gar nicht einsetzbar.
Diese Geräte können Wasserstoff gar nicht messen und differenzieren in der Regel auch nicht zwischen Sauerstoff und Stickstoff, so dass die Messung mit einem systematischen Fehler behaftet ist. Im geschäftlichen Verkehr ist deshalb eine aufwendige und kostenintensive Grenzwertüberwachung durch eine zusätzliche Messung von Wasserstoff und Sauerstoff vorgeschrieben. Ist im Biogas mehr als 0,2 % Wasserstoff und mehr als 1 % Sauerstoff enthalten, darf nicht mehr mit den Brennwertmessgeräten für Erdgas abgerechnet werden.

In einem durch die Arbeitsgemeinschaft Industrieller Forschungsvereinigungen "Otto von Guericke" e.V. (AiF) geförderten Kooperationsprojekt wurde daher mit den Partnern SLS Micro Technology GmbH und UNION Instruments GmbH der Prototyp eines neuartigen Prozessmessgerätes für die Brennwertbestimmung von Biogasen mit Hilfe eines Mikro-Gaschromatografen entwickelt. Bild 1 zeigt den Labortestaufbau.

Laborprototyp eines Biogas-Mikrogaschromatographen

Bild 1: Laborprototyp eines Biogas-Mikrogaschromatographen


Neben der Probenaufschaltung und der Trägergasdruckregelung ist der nur 16 x 9 cm große und vollständig in MEMS-Technik gefertigten Mikro-Chromatograph das Herzstück des Systems. Im Gegensatz zu anderen Gaschromatographen ist die mit Molekularsieb 13X gepackte 55 cm-Trennsäule (∅ 300µm) durch anodisches Bonding auf einem Silizium-Pyrex-Chip in Mäanderform auf einem keramischen Heizelement realisiert. Bild 2 zeigt ein Foto des Trennsäulenchips.

Trennsäulenchip des Mikro-Gaschromatographen für Biogas

Bild 2: Trennsäulenchip des Mikro-Gaschromatographen für Biogas


Dies ermöglicht sehr viel schnellere Temperaturrampen von bis zu 10°C/s als bei herkömmlichen Gaschromatographen, so dass die Trennaufgabe mit nur einer Trennsäule gelingt. Das typischerweise störende Wasser wird durch das schnelle Aufheizen auf 300 °C am Ende jedes Messzyklus eliminiert und Kohlenstoffdioxid kann erstmalig als Peak eluiert und quantifiziert werden. Auf diese Weise gelingt die Trennung und Quantifizierung aller relevanten Komponenten des Biogases. Als Trägergas kommt ein Gemisch aus 10% Wasserstoff in Helium zum Einsatz. Bild 3 zeigt das Chromatogramm eines synthetischen Biogases.

Chromatogramm des Mikro-Gaschromatographen

Bild 3: Chromatogramm des Mikro-Gaschromatographen


Für die Messung wurden während der isothermen Startphase 2 x 8 μl Probe injiziert, so dass die Komponenten Wasserstoff, Sauerstoff, Stickstoff und Methan zweifach detektiert werden. Für Kohlenstoffdioxid wird auf diese Weise eine Anreicherung auf der Säule erreicht, die Empfindlichkeit für CO2 wurde damit soweit verbessert, dass das Gerät für die Biogas-Analyse gut geeignet ist. Tabelle 1 zeigt den getesteten Arbeitsbereich.

Komponenten Arbeitsbereich
Stoffmengenanteil in %
Methan, CH4 83 - 99
Kohlenstoffdioxid, CO2 0,3 - 6
Stickstoff, N2 0,3 - 12
Sauerstoff, O2 0,2 - 3
Wasserstoff, H2 0,2 - 5

Tabelle 1: Arbeitsbereich des Prototyps des Biogas-μPGC


Mit den bekannten Brennwerten der Komponenten können dann aus der Gasanalyse Gemischbrennwerte nach DIN EN ISO 6976 berechnet werden.

Gegenwärtig wird der Laborprototyp verschiedenen Dauer- und Belastungstests unterzogen, um Erfahrungen für den Feldeinsatz zu gewinnen.
In einem zweiten Entwicklungsschritt wird künftig zusätzlich die gleichzeitige Analyse von Schwefelwasserstoff und Wasser angestrebt. Dazu wird z. Zt. eine Trennsäulenschaltung aufgebaut.
 

 

Ansprechpartner:

B. Anders, AG 3.31, E-Mail: bert.anders@ptb.de M. Arnold, AG 3.31, E-Mail: moritz.arnold@ptb.de