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Ein Quantenvoltmeter für die Industrie

Zur Messung von Wechselspannungen bis in den Audiofrequenzbereich nutzt man Abtastverfahren, bei denen die veränderliche Spannung wiederholt in schneller Folge gemessen (‚abgetastet’) wird. Der Verstärkungsfaktor und die interne Spannungsreferenz des Abtastvoltmeters begrenzen dabei jedoch die erreichbare Unsicherheit. Dies kann man praktisch vollständig vermeiden, wenn die abgetastete Spannung direkt mit der Spannung eines Josephson-Quantennormals verglichen wird, die bei einem Volt besser als 0,1 nV bekannt ist.


In einem in der PTB entwickelten Verfahren wird diese Idee umgesetzt. Dazu synthetisiert man zunächst Wechselspannungen mit programmierbaren Josephson-Reihen-Schaltungen. Auf einem auf 4,2 K abgekühlten Chip befinden sich bis zu 69632 supraleitende, mit einer Mikrowellenfrequenz von 70 GHz versorgte Tunnelelemente, so genannte Josephson-Kontakte. Sie sind auf Segmente mit 1, 2, 4, 8, 16 … Kontakten verteilt. Schnell schaltbare Stromquellen steuern einzelne Segmente so an, dass quantisierte Teilspannungen erzeugt werden, die sich zur Gesamtspannung addieren. Da ein Schaltvorgang weniger als 100 ns benötigt, kann die sich langsamer ändernde Spannung, die gemessen werden soll, jederzeit mit einer genau bekannten quantisierten Spannung kompensiert werden. Durch präzise Synchronisierung der zu messenden Wechselspannung mit den Stromquellen und einem Abtastvoltmeter bleibt die resultierende Differenzspannung immer sehr klein und kann mit hoher Empfindlichkeit bestimmt werden.

 

Kalibrierung eines kommerziellen Präzisions-Kalibrators mit einem AC-Quantenvoltmeter

Ein kommerzieller Präzisions-Kalibrator (Bildmitte) wird durch das AC-Quantenvoltmeter im Wechselspannungsmodus kalibriert.


In einem vom Bundeswirtschaftsministerium geförderten Technologietransferprojekt (MNPQ-Projekt) der PTB mit zwei Industriepartnern wurde ein Josephson-Messsystem für Gleich- und Wechselspannungen – ein AC-Quantenvoltmeter – für den Einsatz in industriellen Kalibrierlaboratorien entwickelt. Das System basiert auf Josephson-Schaltungen, die in der PTB hergestellt werden, und ist für Spitzenspannungen bis ± 10 V und Frequenzen bis 2 kHz ausgelegt.


Das AC-Quantenvoltmeter kann darüber hinaus auch kommerzielle Gleichspannungsnormale (DC-Referenzen und -Voltmeter) kalibrieren und deckt damit ebenfalls den Bereich kommerziell erhältlicher Gleichspannungs-Quantenvoltmeter ab. Bei einem direkten 10 V-Vergleich zwischen einem DC-Quantenvoltmeter und dem neuen AC-Prototyp wurde in 15 Minuten Messzeit innerhalb der Unsicherheit von 0,1 nV/V keine signifikante Abweichung festgestellt.


Durch Vor-Ort-Tests im akkreditierten Kalibrierlabor des Projektpartners esz AG ist das neue AC-Quantenvoltmeter jetzt für den praktischen Gebrauch optimiert. Unter Einbeziehung von Anwenderinformationen ist es von der Supracon AG zu einem komplett automatisierten, anwenderfreundlichen Messsystem weiterentwickelt worden. Bei Vergleichen mit einem Prototypen der PTB konnten Unsicherheiten von wenigen µV/V innerhalb einer Minute Messzeit erreicht werden. Damit ist das neue AC-Quantenvoltmeter etwa 20-mal genauer als übliche Kalibratoren und dabei 60-mal schneller als bislang übliche Messverfahren mit Thermokonvertern.


Die Entwicklung ist mit einem modularen Konzept erfolgt, welches jetzt eine Erweiterung des Systems bis hin zu einem universellen "Quantenkalibrator" für Spannungs-, Widerstands- und Stromstärkenormale ermöglichen soll.

 

Ausgewählte Publikationen der Arbeitsgruppe

 

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