Logo der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt

Europaweites Forschungsprojekt für planare Streuparameter-Messtechnik gestartet

24.11.2015

Bedingt durch die zunehmende Arbeitsgeschwindigkeit moderner elektronischer Geräte werden zuverlässige Charakterisierungsmethoden für integrierte Schaltungen und Bauelemente bis in den Mikrowellenbereich benötigt. Bei planaren Schaltungen werden dafür in der Regel On-Wafer-Streuparametermessungen durchgeführt, deren Unsicherheiten bisher allerdings weitgehend unbekannt sind. Ziel des Projekts ist die Bestimmung und Reduktion dieser Unsicherheiten, um die Rückführung planarer Streuparametermessungen bis hin zu Submillimeter-Wellenlängen zu ermöglichen.

 

Über 200.000 Menschen arbeiten in Europa im Bereich der Halbleiter-, der Halbleiterausrüstungs- und der Halbleitermaterialindustrie. Der Welthandel mit elektronischen Produkten hat sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt, und weiteres Wachstum wird erwartet. Der europäische Halbleitermarkt wurde für das Jahr 2014 auf 36 Mrd. € geschätzt (~ 11 % Weltmarktanteil), ist aber verknüpft mit einer erheblich breiteren ökonomischen Wirkung. Halbleitertechnologie ist als Schlüsseltechnologie in Wirtschaftszweigen wie der Automobilindustrie, der Fertigung von Maschinenanlagen und der Herstellung medizinischer Geräte zu sehen.

Obwohl planare Streuparametermessungen bereits einen spürbaren Anteil an den Herstellungskosten integrierter Mikrowellenschaltungen haben, sind rückführbare Messverfahren für industrielle Anwendungen noch nicht etabliert. Randbedingungen des Messaufbaus werden ebenso wenig berücksichtigt wie parasitäre Wellenausbreitungsformen, die verstärkt bei höheren Frequenzen auftreten. Zur Untersuchung dieser Effekte werden sowohl modernste Messgeräte (Wafer-Prober mit vektoriellen Netzwerkanalysatoren, s. Bild) als auch state-of-the-art-Simulationssoftware zur numerischen Feldberechnung benötigt. Ziel des europäischen Projekts mit dem Kurznamen PlanarCal ist die Entwicklung von Kalibriermitteln und -verfahren zur verlässlichen Messung planarer Streuparameter bis mindestens 325 GHz.

Das im Rahmen von EMPIR finanziell geförderte Forschungsprojekt 14IND02 „Microwave measurements for planar circuits and components“ wird vom Fachbereich 2.2 Hochfrequenz und Felder koordiniert. Beteiligt an dem aus 12 Partnern bestehenden Konsortium sind neben vier führenden europäischen Metrologieinstituten, verschiedene europäische Universitäten und Forschungsinstitute sowie Messgerätehersteller und industrielle Anwender. Das Projekt ist in mehrere Arbeitspakete (WP) unterteilt.

Inhalt des Arbeitspaketes WP1 ist die Rückführung planarer Streuparameter bis 110 GHz in ausgewählten Wellenleitersystemen sowie die Übertragung der damit erzielbaren Unsicherheiten auf industrielle Kalibrierungen.

WP2 behandelt die Modellierung von Wellenleitern bei höheren Frequenzen unter Berücksichtigung von mechanischer Oberflächenrauheit, Dispersion und Abstrahlung.

WP3 ist der Erweiterung des nutzbaren Frequenzbereichs für  planare Streuparametermessungen bis 325 GHz gewidmet. Dabei sollen Entwurfskriterien zur Vermeidung parasitärer Moden entwickelt und Algorithmen zur Korrektur des Übersprechens untersucht werden.

In WP4 werden Kalibrieralgorithmen und Methoden zur Messunsicherheitsberechnung untersucht und anschließend in Form von Softwaretools den Anwendern zur Verfügung gestellt.

WP5 ist der Erweiterung der planaren Streuparametermesstechnik zu kleineren Dimensionen gewidmet, um Charakterisierungsmöglichkeiten für Bauteile der Nanotechnologie bis in den mehrstelligen GHz-Bereich zu schaffen.

Aufgabe von WP6 ist es, die Ergebnisse in Workshops und Konferenzen vorzustellen und in Normungsgremien einzubringen.

Die Koordinierung des Projektes unter Leitung der PTB ist Gegenstand von WP7.

Das Projekt startet im Herbst 2015 und hat eine Laufzeit von drei Jahren.

 


Bild: Wafer-Prober mit vektoriellen Netzwerkanalysatoren