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Latenzzeitmesseinrichtung für moderne elektronische Elektrizitätszähler

24.11.2015

An der PTB wurde erstmals eine zeitlich rückgeführte Messeinrichtung erstellt, die es ermöglicht die Latenzzeiten eines modernen elektronischen Elektrizitätszählers mit integriertem Kommunikationsadapter zu bestimmen. Hierbei können sowohl die Latenzzeit der digitalen Kommunikation mit einem Smart-Meter-Gateway als auch die Latenz ermittelt werden, die beim Erfassen der analogen Eingangsgrößen am Zähler zusätzlich auftritt.

 

Im Rahmen der Energiewende will die Bundesregierung bis 2050 den Anteil erneuerbarer Energie von derzeit ca. 26% auf mindestens 80% erhöhen. Die wichtigste Rolle werden hierbei Photovoltaik und Windkraft spielen, die die Energieerzeugung stark dezentralisieren werden. Da es sich um volatile Energieträger handelt, deren Energieertrag von Umweltfaktoren abhängt und schwer planbar ist, stellt dies eine große Herausforderung an die Verteilnetze dar. Ziel ist es, ein intelligentes Versorgungsnetz (Smart Grid) aufzubauen, bei dem flächendeckend die Einspeise- und Verbrauchswerte ermittelt und möglichst zeitnah ausgewertet werden. Hierdurch können drohende Überlastungen der Netze erkannt werden, um nötige Gegenmaß-nahmen wie Umleitungen oder Speicherung der Energie bis hin zum Abschalten von Verbrauchern oder Erzeugern einzuleiten.

Wichtige Lieferanten für die Energiemesswerte und Netzzustandsdaten werden hierbei die intelligenten Messsysteme (Smart-Metering-Systeme) sein. Der flächendeckende Einbau wurde über die Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) gesetzlich verankert. Ein Zeitplan wird durch das Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende konkretisiert, für das das BMWi inzwischen einen Referentenentwurf veröffentlicht hat. Die Ausrollung der neuen Technik soll 2017 in größerem Umfang beginnen.
Smart-Metering-Systeme bestehen aus zwei Teilen: Einem modernen elektronischen Zähler, der die konsumierte und/oder eingespeiste elektrische Arbeit eines Stromkunden misst, sowie einem Gateway, das die Messwerte von den Zählern abruft, mit einem Zeitstempel versieht und über eine verschlüsselte Kommunikationsinfrastruktur einen zeitnahen Zugriff darauf ermöglicht. Um hierbei Zählerstände zeitrichtig zu erfassen, muss sichergestellt werden, dass die Latenzzeit vom Anliegen der analogen physikalischen Größen am Zähler bis zur digitalen Zeitstempelung im Gateway einen ausreichend geringen Wert (maximal zwei Sekunden) aufweist.

An der PTB wurde nun erstmals eine Messeinrichtung erstellt, um die entsprechende Latenzzeit mit rückgeführter Zeitbasis bestimmen zu können:
Hierbei wird der Zählerstand des zu testenden Zählers über die gleiche digitale Verbindung, die auch ein Gateway nutzt, über 30-mal pro Sekunde abgefragt und diese Kommunikation mit einem zeitlich rückgeführtem Logikanalysator aufgezeichnet. Mit einer präzisen Leistungsquelle werden dann Prüfgrößen auf den Zähler aufgeschaltet. Der Einschaltzeitpunkt wird mit einem in gleicher Weise zeitlich rückgeführten Leistungsmessgerät detektiert und als ein Triggersignal ebenfalls an den Logikanalysator gegeben. Über den zeitlichen Versatz zwischen der digitalen Kommunikation und dem Triggersignal lässt sich die Latenzzeit ermitteln. Es werden Messunsicherheiten von 10 ns für die digitalen Kommunikationsstrecken und kleiner 50 ms für die analogen Messgrößen erreicht.

Die PTB leistet hiermit einen wichtigen Beitrag, um die gesetzlichen Anforderungen an Messgeräte für den Einsatz in Smart-Metering-Systemen nachzuweisen und so das Gelingen der Energiewende mit zu unterstützen.