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Geschwindigkeitsrekord für Magnetspeicher

05.12.2007

In der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) konnte erstmals der physikalisch schnellstmögliche Schaltprozess einer magnetischen Speicherzelle realisiert werden. Mit Hilfe dieses ballistischen Schaltprozesses könnten nichtflüchtige Magnetspeicher genauso schnell arbeiten wie die schnellsten flüchtigen Speicherbauteile. Die Ergebnisse des Experiments wurden in der Zeitschrift Physical Review Letters veröffentlicht. 
Die heute üblichen schnellen Computerspeicherchips wie DRAM und SRAM haben einen entscheidenden Nachteil: Bei Unterbrechung der Stromversorgung gehen die darauf gespeicherten Informationen unwiderruflich verloren. Abhilfe könnte das MRAM schaffen - das Magnetic Random Access Memory. In einem MRAM wird die digitale Information nicht in Form elektrischer Ladung gespeichert sondern über die Richtung der Magnetisierung in magnetischen Speicherzellen.

Abbildung: Bild einer typischen MRAM-Zelle wie sie im Experiment untersucht wurde.

Die neueste Generation der MRAM basiert auf dem sogenannten Spin-Torque-Effekt. Er erlaubt die Richtung der Magnetisierung der Speicherzelle – und damit die Information „1“ oder „0“ – durch einen positiven oder negativen Strompuls durch die Zelle einzustellen und so den Speicher zu programmieren. Da Spin-Torque-MRAM auch eine sehr hohe Speicherdichte versprechen, wird weltweit intensiv an ihrer Entwicklung gearbeitet. 
Ein Strompuls durch eine Spin-Torque-Speicherzelle bewirkt eine Kreiselbewegung der Magnetisierung, die sogenannte Präzession. Zum zuverlässigen Umschalten der Magnetisierung – und damit zum Programmieren des magnetischen Bit – mussten bislang stets mehrere dieser Präzessionsumdrehungen durchlaufen werden. Entsprechend dauert die Programmierung eines magnetischen Bits in einem heutigen MRAM-Prototyp etwa 10 ns. 
In dem PTB-Experiment konnte nun gezeigt werden, dass die Magnetisierung der Speicherzelle schon durch eine einzige Präzessionsumdrehung zuverlässig umgekehrt werden kann. Somit konnte der physikalisch schnellstmögliche Spin-Torque-Schaltvorgang realisiert werden. Im Experiment wurde dieses sogenannte ballistische Schalten der Magnetisierung durch geschickte Wahl der Parameter des Strompulses in Kombination mit einem leichten statischen Magnetfeld erreicht. 
Durch ballistisches Schalten könnten zukünftige Spin-Torque-MRAM mit Strompulsen von deutlich unter einer Nanosekunde programmiert werden. Damit hätte man einen nichtflüchtigen Speicherchip mit hoher Speicherdichte zur Verfügung, der in der Taktrate mit den schnellsten flüchtigen Speicherbauteilen, den SRAM, konkurrieren könnte.

Die Originalveröffentlichung:
Quasi-ballistic spin torque magnetization reversal 
S. Serrano-Guisan, K. Rott, G. Reiss, J. Langer, B. Ocker, and H. W. Schumacher 
Physical Review Letters, 101, 087201 (2008).